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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Karma gehört. Alex hatte ein Buch über Buddhismus gelesen, als er tief in seiner Biochemie-Studium-Krise
     steckte. Wenn ich hingegen mal eine Krise schob, las ich lieber Bücher mit Titeln wie «Sei lieb zu dir selbst», «Sei noch
     lieber zu dir selbst» und «Vergiss die anderen».
    «Es ist ganz simpel», sagte Casanova. «Wer Gutes tut, sammelt gutes Karma und kommt ins Nirwana-Licht. Wer Schlechtes tut,
     fristet sein Dasein wie wir.»
    «Ich hab nichts Schlechtes getan!», protestierte ich.
    «Sicher?», fragte Casanova.
    Ich nickte. Unsicher.
    |95| «Nicht mal einen Ehebruch begangen?», hakte Casanova nach.
    Ich musste an Daniel Kohn denken.
    «Oder anderen für einen eigenen Vorteil geschadet?»
    Ich musste an Sandra Kölling denken, deren Job ich bekommen hatte, weil ich der Programmleitung von ihrem gesteigerten Kokainkonsum
     erzählt hatte.
    «Oder haben Sie vielleicht Menschen in Ihrer Nähe vernachlässigt?»
    Ich musste an Lilly denken.
    «Oder könnte es sein, dass Untergebene unter Ihnen gelitten ha   …?»
    «Es reicht!», herrschte ich Casanova an.
    «Oder   …»
    «Was genau haben Sie an ‹es reicht› nicht verstanden? ‹Es› oder ‹reicht›?»
    «Verzeihen Sie, Madame», sagte Casanova.
    «Warum haben Sie denn nie selbst gutes Karma gesammelt?», fragte ich Casanova.
    «Nun, erstens ist das in einem Ameisenhaufen nicht einfach», erwiderte er.
    «Und zweitens?»
    «Liegt es nicht wirklich in meinem Naturell.»
    Und dabei grinste er so charmant, dass auch ich lächeln musste.
    «Aber Sie können es sicherlich schaffen», munterte er mich auf.
    Ich überlegte.
    «Ich will aber gar nicht in das Licht», erwiderte ich. «Ich will verhindern, dass Nina meine Familie übernimmt.»
    «Nun», lächelte Casanova wissend und holte etwas aus: «Als ich das vorletzte Mal starb, erschien mir Buddha   … Ich |96| gehe doch recht in der Annahme, dass Sie den Herrn bereits kennengelernt haben?»
    «Nicht gerade einer meiner Lieblinge», antwortete ich.
    «Ein Sentiment, das ich durchaus teile», sagte Casanova. «Bei dieser Begegnung seufzte die dicke Ameise jedenfalls schwer,
     ich würde immer noch nicht verstehen, worum es ginge. Und dass er es mir jetzt doch mal erklären müsste.»
    «Und dann erzählte er vom Karma?»
    «Und davon, dass man nicht sofort mit gutem Karma ins Nirwana gelangt.»
    «Nicht?» Ich wurde hellhörig.
    «Zuerst wird man als ein höheres Tier wiedergeboren.»
    «Höheres Tier?»
    «Hund, Katze, Schaf – je nach angesammeltem Karma.»
    Ich war elektrisiert.
    «Wissen Sie, was das bedeutet?», lächelte Casanova.
    «Ja, wenn ich als Hund auf die Welt komme   …»
    «…   können Sie allemal leichter auf die Welt der Menschen Einfluss nehmen denn als Ameise», vollendete Casanova.

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    22.   KAPITEL
    Ich hatte wieder einen Plan, und diesmal sollte er länger halten als dreieinhalb Minuten: Ich musste gutes Karma sammeln!
    Und ich wusste auch schon, wie.
    «Ich werde die Ameisen vor einer Überflutung warnen», sagte ich.
    In diesem Augenblick bebte der Boden unter mir. Alex hatte sich im Windfang die Schuhe angezogen und ging nun |97| energischen Schrittes in den Garten. Und auch wenn es eine Weile dauern würde, bis er in unserem chaotischen Schuppen den
     Aufsatz für den Gartenschlauch finden würde, blieb nicht mehr viel Zeit: Ich musste die Ameisen warnen. Ich ließ Casanova
     stehen und rannte los.
    «Madame!», schrie mir Casanova besorgt hinterher. «Um wiedergeboren zu werden, müssen Sie aber auch sterben.»
    Aber ich hörte gar nicht mehr hin, ich wollte gutes Karma. Sofort. Das Sterben erschien mir da zweitrangig.
    Ich flitzte vor Alex auf die Terrasse. Dabei schaute ich zurück, um zu sehen, wie weit er noch hinter mir war. Das war ein
     Fehler!
    Ich landete genau in dem Spinnennetz.
    Die einzelnen Netzfäden waren für mich wie Schiffstaue, die man in Sekundenkleber getränkt hatte. Ich hing sofort fest, und
     je heftiger ich versuchte, zu entkommen, desto fester schnürten sie mich ein. So lange, bis ich kaum noch Luft bekam.
    Ich versuchte, mich zu beruhigen. Ich atmete tief ein und wieder aus. Ich atmete noch tiefer ein und noch heftiger wieder
     aus. Ich fing an ruhiger zu werden. Ich war zwar immer noch gefangen, aber dadurch, dass ich entspannte, bekam ich mehr Luft.
     Meine Panik verflog.
    Ich überlegte, wie ich mich aus dieser misslichen Lage befreien könnte. Doch da meldete sich mein Alarmsinn: Kopfschmerz schoss
     durch meinen

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