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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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mich warten, bis ich erwachsen
     war, und mich wieder heiraten. Dann wäre er circa fünfzig Jahre alt und ich achtzehn   …
    Hoppla, ich machte mir Gedanken darüber, Alex nochmal zu heiraten. Hatte ich etwa doch noch Gefühle für ihn?
     
    Aber diese ganze Phantasie hatte eh einen Haken: Wenn sich die Menschen an ihre Wiedergeburt erinnern könnten, so wie ich
     es als Ameise und Meerschweinchen konnte, müssten dann auf dieser Welt nicht wahnsinnig viele Leute rumlaufen, die sich an
     frühere Leben erinnern? Menschen, die sagen: «Hey, ich war Humphrey Bogart und freue mich, dass ich nun viel größer bin.»
     Oder: «Ich war mal Tänzerin im Moulin Rouge, aber all meine Can-Can-Kenntnisse nützen mir als Mercedes-Vorstand nicht allzu
     viel.» Oder: «Ich war John Lennon, warum komme ich jetzt bei ‹Popstars› nicht in die nächste Runde?»
    So aber waren die einzigen Menschen, die sich an frühere Leben erinnerten, entweder Shirley MacLaine oder verrückt – oder
     beides zusammen.
     
    Doch egal, ob ich nun als Hund oder Mensch wiedergeboren würde, sicher wäre beides besser als ein Leben als mümmelndes |117| Meerschweinchen. Ich musste also schnell weiter gutes Karma sammeln!
     
    «Darf ich eins der Meerschweinchenkinder in die Arme nehmen?», fragte Lilly. Ich war wieder im Käfig. Die Sonnenstrahlen wärmten
     mich nicht mehr, der Himmel hatte sich wohl bewölkt. Ich fror.
    Die Mama schleckte nun meine verklebten Augen frei. Das Erste, was ich als Meerschweinchen in dieser Welt sah, war also eine
     rosa Tierzunge. Aber das Zweite war schon Lilly! Sie sah so aus, als hätte sie für einen Augenblick ihre Trauer völlig vergessen.
     Die Anwesenheit von uns fünf Meerschweinchenbabys erfreute ihr Herz.
    «Bitte, bitte, gib mir das Kleine in der Ecke da!», sagte sie und deutete auf mich. «Das schaut mich so dolle an.»
    Mein Puls schlug wie wild. Ich wollte von Lilly in den Arm genommen und geknuddelt werden.
    Alex öffnete die Käfigtür. Meine Geschwister schrien panisch durcheinander: «Fiiiiiip   …»
    «Alles gut, meine Kleinen», säuselte die Meerschweinchenmama, «die Wallalalala essen keine Meerschweinchen.» (Offensichtlich
     war Mama Meerschweinchen noch nie in Chile gewesen.)
    Meine Geschwister fiepten trotz der besänftigenden Worte weiter, während ich ganz ruhig blieb.
    «Das in der Ecke ist das Einzige, das keine Angst mehr hat», stellte Lilly fest.
    «Dann nehme ich das», sagte Alex.
    Mein Puls schlug nun noch viel wilder, gleich würde er mich herausnehmen und in die Arme der Kleinen legen. Ich könnte mit
     ihr kuscheln, ihre Nähe spüren   …
    «Was macht ihr denn da?», hörte ich Ninas Stimme.
    |118| «Lilly möchte eins der Meerschweinchen in die Arme nehmen.»
    «Die sind doch gerade geboren worden. Das ist bestimmt nicht gut für die Kleinen», sagte Nina.
    «Nicht gut?», rief ich. «Du hast doch keine Ahnung, wie sich so ein Meerschweinchen fühlt. Du bist doch nie ein Meerschweinchen
     gewesen. Höchstens ein Skihaserl.»
    Natürlich hörte Nina nur ein lautes «Fiiiiiiiiiiiip!». Aber durch mein Fiepen fiepten die anderen Meerschweinchen noch mehr.
    «Seht ihr, die quieken ja ganz ängstlich», sagte Nina. Ich hielt sofort mein kleines Meerschweinchenmaul. Aber das half auch
     nichts mehr.
    «Du hast recht», sagte Alex und wandte sich Lilly zu: «Wir warten, bis sie etwas größer sind.»
    Er schloss den Käfig.
    Und Lilly war wieder weit weg für mich.
     
    10
    Aus Casanovas Erinnerungen: Ich wandelte als Säugetier auf Erden, und mein Herz quoll über vor Glück, denn mein erotisches
     Liebesleben würde fortan sicherlich einen gehörigen Aufschwung nehmen.

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    25.   KAPITEL
    Die nächsten Tage wurden wir von unserer Mama aufgepäppelt. Und ich muss sagen: Sie war eine verdammt gute Päpplerin. Sie
     verwöhnte uns fiepende Wesen rund um die Uhr, redete uns gut zu und schleckte uns mit ihrer Zunge sauber. Und so merkwürdig
     das klingen mag: Es fing mir an zu gefallen. Nach all den aufregenden Tagen als Ameise war das hier fast schon ein Urlaub.
     Gut, mir wäre eine Wellnesswoche auf Sylt mit muskulösen Masseuren lieber gewesen (von denen abgeschleckt zu werden hätte
     sicherlich auch mehr Freude bereitet).
    Eine ganze Weile fragte ich mich, warum es mir so gefiel. |119| Anfangs schob ich es darauf, dass ich als Meerschweinchen einen eingebauten «Mama soll mich lieb haben»-Instinkt hatte. Doch
     dann dämmerte es mir: Auch als Menschenkind

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