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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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ich und zwirbelte wieder heftiger an
     meinen Barthaaren.
    «Das ist ja wunderbar», sagte Casanova.
    Ich schaute ihn verdutzt an.
    «Dann», so jubelte er, «sammeln wir hier ja gutes Karma!»

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    28.   KAPITEL
    Casanova war extrem gutgelaunt. Kunststück, hatte er doch – im Gegensatz zu mir – nie eine Sendung über Tierversuche moderiert.
     Ich wusste, dass gegen so eine Diabetesforschung ein Aufenthalt in Guantanamo Bay ein Urlaub im Club Med war.
    So zitterte ich vor Angst, während Casanova sich ausmalte, dass er es vielleicht sogar bis ins Nirwana schaffen konnte.
    Natürlich verlockte auch mich die Aussicht, gutes Karma zu sammeln. Aber sich dafür tagelang, ja vielleicht wochenlang mit
     Insulin oder anderen Präparaten vollspritzen zu lassen? Ich würde Fieber bekommen, Herzrhythmusstörungen und schließlich ins
     Delirium fallen.
    Sicher, ich würde kranken Menschen helfen. Aber wollte ich mich wirklich zu Tode quälen lassen für irgendwelche Leute, die
     in ihrem Leben zu viele Süßigkeiten gefuttert hatten?
    Aber was war die Alternative? Fliehen? Als Meerschweinchen?
    |137| Es gibt tausend Tierarten, die eine größere Chance hätten, aus so einer Situation zu fliehen. Ich hatte es ja nicht mal aus
     diesem dusseligen Labyrinth herausgeschafft.
    Sollte ich es aber nicht wenigstens versuchen?
    Während wir auf Bodo warteten, wog ich das Für und Wider einer potenziellen Flucht, so unwahrscheinlich sie auch sein mochte,
     ab.
    Für: Ich würde nicht zu Tode gequält.
    Wider: Ich würde kein gutes Karma sammeln.
    Für: Ich würde nicht zu Tode gequält.
    Wider: Ich würde vielleicht sogar schlechtes Karma sammeln.
    Für: Ich würde nicht zu Tode gequält.
    Wider: Mit schlechtem Karma würde ich vielleicht als Ameise wiedergeboren.
    Für: Kein einziges dieser blöden Karma-Argumente konnte «Ich würde nicht zu Tode gequält» schlagen.
     
    Damit war die Sache klar: Ich würde versuchen zu fliehen. Sollten sich die Diabetiker doch selber testen lassen!
    Doch bevor ich einen Fluchtplan auch nur andenken konnte, betrat Bodo das Zimmer.
    «So, ihr Lieben, eure Versuchsreihe ist aufgebaut», sagte er freudig. Und ich dachte mir: Es ist nicht immer positiv, wenn
     Menschen ihren Beruf lieben.
    Bodo nahm ein Meerschweinchen nach dem anderen aus dem Labyrinth und steckte es in einen Käfig, den er neben sich auf den
     Boden gestellt hatte. Mich packte er als letztes mit seinen Fingern, die so nach Zigaretten stanken, dass man ihm empfehlen
     sollte, lieber in die Lungenkrebsforschung zu gehen.
    Er wollte mich nun auch in den Käfig stopfen, in dem drei |138| meiner Geschwister saßen und verunsichert dreinblickten, während Casanova voller Vorfreude lächelte. Mir war klar, dass ich
     keine Chance auf eine Flucht hatte, sobald Bodo den Riegel des Käfigs hinter mir geschlossen hätte. Und so biss ich Bodo so
     fest ich konnte in den Nikotin-Stinkefinger.
    Er schrie auf und ließ mich zu Boden fallen. Ich schlug auf den kalten Fliesen auf und flitzte trotz der unglaublichen Schmerzen
     los, so schnell mich meine kleinen Füßchen tragen konnten.
    «Madame, was machen Sie da?», rief Casanova mir nach.
    «Wir müssen hier abhauen!»
    «Aber was ist mit dem guten Karma?»
    «Scheiß auf gutes Karma!», rief ich und rannte um mein Leben.

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    29.   KAPITEL
    Bodo lutschte noch an seinem Finger, während ich auf die offene Labortür zusauste. Ich blickte mich kurz um und sah, wie meine
     Geschwister in dem Käfig überlegten, was sie tun sollten. Besonders Casanova.
    Bodo bückte sich, um den Käfig zu schließen: «Reicht schon, wenn ich einem von euch nachrennen muss.»
    Doch dann biss ihn auch Casanova in den Finger. 12
    «AHHH, was seid ihr nur für Mistbiester!», fluchte er laut los, während Casanova den Geschwistern zurief: «Los!»
    |139| Er hoppelte aus dem Käfig, und die anderen taten es ihm nach. Meerschweinchen waren halt – wie wir Menschen auch – Herdentiere.
    So flitzten fünf kleine Meerschweinchen durch die Labortür.
    Und ich hörte noch, wie Bodo rief: «Euch krieg ich!»
     
    Wir flitzten durch einen langen leeren weißen Korridor, und ich suchte wie verrückt nach einem Treppenhaus. Bodo rannte hinter
     uns her, steckte dabei seinen Schlüsselbund in die Tasche und rief: «Wenn ihr nicht stehenbleibt, mach ich die Experimente
     ohne Narkose. Mir doch egal, was in den Vorschriften steht!»
    Wir gelangten an das Ende des Korridors, wo nur eine Tür offen stand. Da

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