Mieses Karma
aufzubauen.
Aus meiner Familie.
Um nett zu Lilly zu sein, akzeptierte sie sogar den Beagle im Haus. Dabei konnte sie mich nicht ausstehen. Logisch, sorgte
ich doch dafür, dass ihr Sexualleben sich der Frustgrenze näherte: Bei jedem ihrer Stöhner jaulte ich vor der Schlafzimmertür.
So laut, dass Nina sich nicht mehr auf den Sex konzentrieren konnte.
Kein Wunder also, dass Nina mir, als keiner hinhörte, den Namen «Verhütungsmittel» verpasste.
|175| Doch dann kam der schreckliche Tag, an dem Alex und Nina das verkündeten, was ich schon vorausgeahnt hatte: «Wir heiraten!»
Und während ich noch vor Schreck meinen Hundekuchen verschluckte und röchelnd überlegte, wen ich zuerst beißen sollte – die
lächelnde Nina, den lächelnden Alex oder meine vor Rührung fast weinende Mutter –, lief Lilly aus dem Haus.
«Warte!», rief Alex ihr nach und wollte hinterher. Aber Nina hielt ihn zurück: «Lass sie. Sie braucht einen Moment, um das
zu verarbeiten.»
Alex nickte. Ich aber ließ Hundekuchen Hundekuchen sein und rannte in den Garten. Dort saß Lilly auf der Schaukel und weinte.
Ich ließ mich neben ihr nieder, wollte sie trösten und legte ihr meine Pfote sanft aufs Knie.
«Ich vermisse meine Mami», sagte sie und drückte mich fest an sich. Ich spürte ihre Tränen auf meinem Fell und winselte leise:
«Mama ist bei dir.»
Lilly blickte mir darauf in die Augen und schien zu verstehen. Jedenfalls beruhigte sie sich und kraulte mich, ohne etwas
zu sagen. Ich bellte: «Alles wird gut.»
«Aber nur, wenn wir etwas unternehmen», sagte eine Stimme von oben.
Ich blickte hoch und sah auf einem Ast über mir einen braunen Kater mit schwarzem Fleck um das rechte Auge herum sitzen. Ein
Kater, der sehr breit grinste.
Lilly ging – wieder etwas gefasster – ins Haus. Ich aber starrte aufgewühlt den Kater an.
«Casanova …?», fragte ich vorsichtig.
Der Kater erwiderte: «Madame Kim?»
Ich nickte. Er sprang vom Baum herunter. Wir beide liefen |176| rasend schnell aufeinander zu und umarmten uns innig, was ziemlich merkwürdig aussah, denn eine innige Umarmung zwischen Vierbeinern
klappt nur, wenn man am Boden liegt. Für einen Beobachter, den es dankenswerterweise gerade nicht gab, sah es also bestimmt
so aus, als ob da eine Katze und ein Beagle nicht wussten, dass sie sexuell inkompatibel waren.
Als wir damit fertig waren, glücklich über den Rasen zu rollen, plapperten wir drauflos und erzählten uns, was in den letzten
beiden Jahren so alles passiert war. Ich berichtete von meinen Leben als Kalb, Regenwurm, Käfer und Eichhörnchen. Und Casanova
teilte mir mit, dass er als Depardieu-Retter gutes Karma für den Aufstieg zum Kater gesammelt hatte und seitdem ein schönes
Leben führte: «Streunen liegt mir.»
«Und, warum haben Sie nicht weiter gutes Karma gesammelt?», wollte ich wissen.
«Ich glaube, dafür fehlt mir Ihr guter Einfluss», erwiderte er grinsend.
«Sind Sie hierhergekommen, um nach mir Ausschau zu halten?»
«Nein», antwortete Casanova, was mich etwas enttäuschte. «Ich habe mein Herz an Mademoiselle Nina verloren.»
«Au, Mann, was findet ihr nur alle an der verdammten Kuh!», platzte es aus mir heraus.
«Mademoiselle Nina ist wunderschön, liebenswert, hilfsbereit …»
«Es gibt Fragen, auf die man keine Antwort will», motzte ich.
«Dann antworte ich nicht», erwiderte Casanova nett.
«Vergessen Sie Nina. Sie haben keine Chance bei ihr», schimpfte ich weiter.
|177| «Wie kommen Sie denn auf diesen abwegigen Gedanken?»
«Nun, erstens will sie Alex. Zweitens kommen Sie aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Und drittens: Sie sind ein
VERDAMMTER KATER!!!!»
Casanova erwiderte pikiert: «Erstens, Liebe überwindet alle Schranken. Zweitens, womöglich bleibe ich nicht ewig ein Kater.
Und drittens: Mademoiselle Nina würde Monsieur Alex nicht wollen, wenn sie wüsste, dass es mich gibt.»
«Blödsinn. Nina und Alex wollen jetzt heiraten!», schleuderte ich ihm entgegen.
Diese Nachricht schockte den Signore. Sein Fell sträubte sich und er sagte tapfer: «Mademoiselle Nina denkt darüber nur nach,
weil sie meiner Existenz noch nicht gewahr ist.»
Ich jaulte höhnisch.
Der Signore setzte nach: «Und Alex würde Mademoiselle Nina nicht heiraten, wenn er wüsste, dass Sie noch leben.»
«Doch, das würde er», erwiderte ich traurig. «Er weiß nun, dass ich ihn mit einem anderen Mann betrogen habe.»
«Das ist kein Grund,
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