Mieses Karma
Daniel vielleicht nicht so gut riechen konnte, aber dann wusste ich, dass ich
mir etwas vormachte: Alex hatte einfach einen sinnlicheren Geruch als Daniel.
Als Daniel und ich in einer Verschnaufpause Champagner tranken – diesmal einen jüngeren Jahrgang –, blickte er mich an und sagte: «Es war wunderschön.»
«Ja …», erwiderte ich.
«So wie du es sagst, klingt es nach einem Aber.»
Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte ihm nichts von Alex sagen.
«Ich mag keine Aber», sagte Daniel, der spürte, dass etwas nicht stimmte.
Wir schwiegen eine Weile.
«Schade, ich habe gedacht, aus uns könnte etwas werden», unterbrach Daniel die Stille.
«Wann hast du das gedacht?», fragte ich neugierig. Dass er so etwas von mir dachte … unbegreiflich. So unbegreiflich wie die Tatsache, dass wir eben Sex miteinander hatten.
|227| «Nun, irgendwann zwischen dem Kuss und deinem dritten Orgasmus», erwiderte er charmant.
«Du willst wirklich mit einer Putzfrau zusammen sein?»
«Du wärst ja jetzt meine Assistentin.»
Daniel meinte es wirklich ernst.
Das verunsicherte mich schwer.
Aber warum sollte ich es eigentlich nicht mit Daniel versuchen? Es war besser, als alleine zu sein, und er hatte Gefühle für
mich – so irre das auch klang.
Ich war ziemlich durcheinander.
Daniel küsste mich erneut. Und nochmal. Und nochmal. Er benetzte meinen Hals mit Küssen. Und wir schliefen wieder miteinander.
Und ich dachte dabei etwas weniger an den Geruch von Alex.
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50. KAPITEL
Privatdetektiv Thomas Magnum würde in so einem Moment sagen: «Ich weiß, was Sie jetzt denken …» Klar, wollte ich meine Familie wiederhaben. Doch wie realistisch war das? Ich schaffte es ja nicht mal, auf sie zuzugehen.
Es war einfach viel bequemer, bei Daniel zu bleiben. Und nach dem Trubel der letzten beiden Jahre hatte ich doch ein bisschen
Bequemlichkeit verdient, oder? Ach, Quatsch, ich hatte eine Überdosis Bequemlichkeit verdient! Ein ganzes Leben lang!
Ich ließ mich von Daniel verwöhnen, hatte jeden Abend Sex mit ihm und buchte von meinem Assistentinnengehalt eine Wellnessmassage
in «Ricos Excellence Spa».
Rico stand am marmornen Empfangstresen und schaute mich erstaunt an, Leute mit meinem Körperumfang kamen sonst nie in seinen
Luxustempel.
|228| «Daniel Kohn hat einen Termin für mich vereinbart», sagte ich, nicht ohne Stolz, denn – hey, einer der heißesten Männer der
Republik war mein Freund!
«Sind Sie seine … ältere Schwester?», fragte Rico irritiert.
Ich war geschockt und sauer. Ohne nachzudenken, antwortete ich:
«Ich geb Ihnen gleich ‹ältere Schwester›!»
«Offensichtlich sind Sie es nicht.»
«Wenn Sie es genau wissen wollen, ich bin seine Freundin!», sagte ich stinkig.
Rico drehte sich hastig um.
Ich sah von hinten, wie er sich die Faust in sein strahlend weißes Gebiss stopfte, und hörte ein leises Prusten. Er kämpfte
mit einem Lachanfall.
Und ich kämpfte mit dem Wunsch, ihm in den durchtrainierten Hintern zu treten.
Als Rico sich beruhigt hatte, drehte er sich um, schaute mich an, sagte: «Sorry», drehte sich erneut um und prustete laut:
«Freundin …»
Jetzt trat ich ihm in den durchtrainierten Hintern.
Soviel zur Wellnessmassage.
Wütend fuhr ich mit der Straßenbahn zu Daniel. Ich war tierisch sauer darauf, dass Typen wie Rico mir beziehungsweise Maria
das Leben vermiesten. Am liebsten hätte ich Rico das Herz rausgerissen, es in kleine Einzelteile zerhäckselt, anschließend
in einen Mörser getan, es dort zu Brei zerstampft, den Brei dann an einen Hund verfüttert, den ich anschließend mit einer
Dampfwalze überfahren hätte.
Im Schlafzimmer erzählte ich Daniel die ganze Geschichte. Und ich hoffte, dass er sich ähnlich empören würde wie |229| ich und sich mit mir zusammen weitere Foltermethoden für Rico ausdenkt. Aber statt irgendwelche sinnvollen Vorschläge zu den
Themen «Vierteilen», «Kreuzigung», «Rädern» und «Kombination der Vorhergenannten» zu machen, fragte er nur:
«Er hat wirklich darüber gelacht, dass du meine Freundin bist?»
«Ja!»
«Hmmm», sagte Daniel.
Hmmm war nicht gerade die Unterstützung, die ich mir gewünscht hatte.
«Findest du das etwa nicht unmöglich von ihm?», fragte ich.
«Natürlich, aber …»
«Aber?», ich konnte es nicht fassen. In einer Antwort auf diese Frage hatte ein Aber nichts zu suchen!
«Es ist nur so: Ich hatte bisher wirklich andere
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