Mika, Bascha
mal
ausschlafe, spielt sie schon seit halb acht Uhr morgens mit unserem Dreijährigen.
Ich könnte
jetzt die Statistik zitieren und sagen, dass ich nicht alleine bin - dass die
meisten Männer im Haushalt keinen Finger zu viel krumm machen. Oder
sozialpsychologisch argumentieren, dass ich als Sohn eines klassischen
westdeutschen Ehepaares nie vorgelebt bekommen habe, dass auch der Mann den
Staubsauger zur Hand nehmen sollte. Aber die Wahrheit ist simpel und bedarf keiner
theoretischen Untermauerung: Ich bin ein fauler Sack. Und es ist ein mühsamer
Prozess, mich zu verändern. Wir nennen diesen Prozess: Ehe.
Es hat
einige Zeit gedauert, bis ich das begriffen habe. Als wir noch kinderlos waren,
war unser Leben wesentlich entspannter. Wir sind viel ausgegangen, da löste
sich das Problem mit dem Abwasch, und als wir eine polnische Putzfrau eingestellt
hatten, dachte ich, wir müssten uns nie wieder über den Zustand unseres
Badezimmers unterhalten. Die logistische und paarpsychologische
Herausforderung, die ein gemeinsames Kind mit sich bringt, hatten wir beide
unterschätzt. Nur sind wir damit unterschiedlich umgegangen. Meine Frau hat
von den insgesamt vierzehn Monaten Elternzeit, die uns zustanden, zwölf
genommen. Ich hatte ihr zwar angeboten, die Hälfte zu übernehmen, aber sie
wollte das nicht. Zu sehr freute sie sich darauf, ihrem zuweilen frustrierenden
Berufsleben zu entkommen. Da wusste sie noch nicht, wie frustrierend es nach
einer Weile sein kann, den ganzen Tag mit einem Säugling zu verbringen, ohne
die Möglichkeit, auch nur eine Kurzmeldung in der Zeitung in Ruhe zu Ende zu
lesen.
Auch mein
Angebot war von dieser falschen Voraussetzung ausgegangen-. Ich hatte mir
vorgestellt, wie nett es doch wäre, an meinen Architekturmodellen zu basteln,
während der Sohnemann den ganzen Tag verpennt oder, spätestens drei Monate nach
der Geburt, in stiller Beschäftigung beeindruckende Bauwerke aus Legosteinen
errichtet.
Im ersten
Lebensjahr unseres Sohnes haben wir viel gestritten. Die Situation war stets
die gleiche. Nach einem langen Bürotag kam ich erschöpft nach Hause. Und da
wartete meine Frau mit ihren Vorwürfen: Warum ich meine Wäsche habe herumliegen
lassen. Warum ich nicht ein einziges Mal Bodys und Strumpfhosen für unser Kind
kaufen könne. Wie ich auf die Idee komme, morgen Abend mit alten Freunden
ausgehen zu wollen, während sie das hustende Wesen in den Schlaf wiegen sollte.
Ich habe
dann immer versucht, mich zu verteidigen: Die Wäsche wolle ich doch noch mal
anziehen (gelogen). Die Kleidergröße unseres Sohnes kenne ich nicht, so
schnell, wie die sich verändere (armselig). Und ich müsse doch auch einmal
herauskommen aus unserer Wohnung (heraus kam ich jeden Tag, wenn ich zur Arbeit
ging). So ging das, bis mich meine Frau eines Tages vor die Wahl stellte. Ich
müsse mich entscheiden: Entweder, ich würde akzeptieren, dass wir hier ein gemeinsames
Projekt mit der Bezeichnung Familie verfolgen, was bedeute, dass ich mein
Leben danach richten müsse. Oder ich könne mein Leben weiterführen wie jemand,
der zwar zufällig Frau und Kind, aber im Grunde nichts damit zu tun habe. Dann
könnten wir uns auch trennen.
Ich wollte
keine Trennung. Ich kann mir nicht vorstellen, ohne die beiden mir wichtigsten
Menschen zu leben. Also änderte ich mich, oder, wir wollen nicht übertreiben,
versuchte ich, mich zu ändern. Wenn die beiden heute außer Haus sind, betrachte
ich das nicht mehr als willkommene Gelegenheit, mich auf dem Sofa lang zu
machen oder am Computer die neuesten Neuigkeiten zu verfolgen. Ich versuche,
zu sehen, was in der Wohnung gemacht werden muss, ohne dass mich meine Frau darauf
hinweist. Das ist gar nicht so einfach für jemanden, der immer behauptet hat,
Unordnung würde ihn nicht stören und Staub würde er nicht sehen. Wenn ich
einkaufen gehe, arbeite ich nicht mehr nur die Liste ab, die mir meine Frau
vorher aufgeschrieben hat - ich versuche, mir selbst ein Bild davon zu machen,
was wir brauchen und was wir demnächst kochen könnten. Ich kümmere mich mehr um
unseren Sohn als vorher, bringe ihn morgens zur Kita, und, wenn es meine Zeit
erlaubt, hole ich ihn ab. Gehe mit ihm auf den Spielplatz, errichte einen
Bauklotzturm mit ihm oder besuche Freunde, die ebenfalls ein kleines Kind
haben. Und ich versuche ganz bewusst dafür zu sorgen, dass meine Frau etwas
mehr Zeit für sich selbst hat. Denn von alleine nimmt sie sich diese Zeit
nicht. Sie ist da anders als
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