Mika, Bascha
ich.
Ich
versuche also mitzudenken. Das klingt lächerlich klein und sollte von Anfang an
normal sein. Aber ich musste das erst lernen. Und es klappt längst noch nicht
immer. Es ist sehr leicht, in die alten Muster zurückzufallen.
Und immer wieder
bedarf es noch eines Hinweises meiner Frau, meine Pflichten nicht wieder zu
vernachlässigen. Immerhin habe ich aufgehört, mich in solchen Situationen zu
verteidigen. Ich mache dann einfach, weil ich weiß: Sie hat Recht.
Und in
letzter Zeit spüre ich sogar so etwas wie Befriedigung bei all diesen
Tätigkeiten, für die ich den Großteil meines Lebens nur Verachtung übrig
hatte. Es ist schön, wenn das Wohnzimmer durch meine Hände aufgeräumt ist und
das Schlafzimmer auch. Es gefällt mir, wenn mir mein Sohn auf dem Spielplatz
eine ekelhafte Brühe aus Wasser, Sand und Nacktschnecken zum Probieren anbietet.
Und wunderbar ist es, wenn ich etwas Leckeres gekocht habe und ich in den
zufriedenen Gesichtern meiner Familie sehen kann: Es schmeckt ihnen. Ich musste
es erst lernen, was es bedeutet, die alltäglichen Arbeiten ohne Diskussion und
klaglos zu verrichten. Was es bedeutet, das alles zu tun: Ich liebe meine Frau.
Und ich liebe unseren Sohn.
Das Hormonkomplott
Sie heißt
Christa. Christa lebt im Saarland, hat Volks- und Betriebswirtschaft studiert
und sich als versierte Ökonomin bundesweit einen Namen gemacht. Sie arbeitete
für die SPD und heiratete einen wichtigen Politiker, der sich in Wirtschaftsfragen
eine Menge von ihr abschneiden konnte. Wohl jeder hätte sie früher als das
bezeichnet, was sie auch war — eine Karrierefrau. Und wahrscheinlich wäre es
bei ihr damals als Kompliment angekommen.
Bis sie
mit Anfang vierzig ein Kind bekam. Seitdem rümpft sie die Nase, wenn sie
Karriere nur hört, und ist Mutter - Mutter mit Haut und Haar. Mutter zu Haus
und in der Öffentlichkeit eine Expertin für Mutterfragen, wenn ihr die
Betreuung des Sohnes mal Zeit für politische Arbeit lässt. Sie konzentriert
sich auf ihr häusliches Leben und versucht, auch andere Frauen von diesem
Heilsweg zu überzeugen. Dein Kind will
dich!, heißt das Buch, das sie deshalb schrieb. Nicht umsonst
klingt der Titel fast wie eine Drohung.
»Als unser
Sohn da war, da hat sich alles verschoben«, erklärt Christa. Deshalb hat sie
auch einen lukrativen Job ausgeschlagen, denn sonst hätte sie ihr Kind ja
tagsüber anderen Menschen anvertrauen müssen. »Es gibt nichts, wofür ich mich
von meinem Sohn trenne, es gibt keine höhere Motivation als die Liebe.« 1
Liebe und
Kita — das geht nicht zusammen, findet Christa. Für sie sind Krippen die Pest,
und am liebsten möchte sie ein politisches Programm durchsetzen, das Mütter gut
dafür bezahlt, über viele Jahre bei den Kiddis zu Hause zu bleiben. Damit die
nicht aggressiv und gewalttätig werden wie etwa die armen kitabetreuten Kinder
in Schweden.
Inzwischen
ist Christa vierundfünfzig Jahre alt, längst nicht mehr in der SPD, und ihre
neue Partei, die Linke, steht ihren politischen Plänen sehr skeptisch
gegenüber. Aber davon lässt Christa sich nicht beirren, sie hat ihre
Lebensaufgabe gefunden. Denn sie hält es für »dummes Zeug«, dass Frauen
vielleicht noch etwas anderes anstreben als die Mutterrolle. »Die große
Mehrheit der Frauen«, verkündet sie, »will sich doch neben einer
Teilzeitarbeit oder sogar vollständig der Familie widmen.« 2
Die Missionare
Ich bin
Mutter, also bin ich. Diese Wahrheit hat Christa offenbar für sich entdeckt.
Selbst wenn sie früher mal anders gelebt und gedacht hat, will sie jetzt
unbedingt alle von dieser Botschaft überzeugen. Haben sich nicht schon immer
die Bekehrten in die eifrigsten Missionare verwandelt? Da passt es doch, dass
Christa ihr Buch im katholisch-konservativen Sankt Ulrich Verlag Augsburg
veröffentlicht hat.
Die
Gefahr, dass sich Christa mit ihren Plänen politisch durchsetzt, ist äußerst
gering. Also soll sie doch reden. Trotzdem schleicht sich ein ungutes Gefühl
ein. Kann es sein, dass Christa richtig liegt mit ihrer Behauptung, alles
Weibliche träume uneingeschränkt von Mutterschaft? Unterwerfen sich Frauen auch
heute noch freiwillig einem Mütterlichkeitsideal, mit dem sie ungebremst in die
alte Rolle rasen? Werden sie angezogen und verführt von diesem traditionellen
Muster, selbst wenn die meisten es öffentlich ablehnen?
Das Versprechen
Mama,
Matinka, Matka, Maman, Mom, Madre - gibt es irgendeinen anderen Begriff, der
so überfrachtet
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