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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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zufrieden.
    »Ich weiß, was du denkst. Mach dir keine Sorgen, ich regele das schon für dich.«
    Vandellis Wahl erweist sich als richtig: Unter den schützenden Fittichen vom Molosser lernt er eine Menge. Zwischen langen Debatten, Musterbestrafungen derjenigen, die ihre Pflichten vernachlässigen, und kleineren Geschäften vergehen zehn Monate. Am Ende läuft es genau so, wie seine alten Freunde aus Lambrate es ihm wochenlang prophezeit haben. Er hätte mit einigen Monaten für Diebstahl davonkommen können, doch weil er mit Knarre geschnappt wurde, wird aus der Sache ein bewaffneter Raubüberfall. Zehn Jahre Haft standen ihm bevor, die er ohne mit der Wimper zu zucken absitzen würde. Doch dann gerät er an einen Richter von der Sorte, die überzeugt sind, dass ein knapp zwanzigjähriger Grünschnabel noch sein ganzes Leben vor sich hat und eine zweite Chance verdient. Er selbst steuert eine zerknirschte Miene dazu bei. Er spielt die Rolle des Ganoven, der weiß, dass er falsch gehandelt hat, und das ganze Trara.
    Die zweite Strafkammer des Strafgerichts verurteilt ihn zu einem Jahr und zehn Monaten Haft. In das Urteil spielt auch hinein, dass er im Oktober 1970 nach Avellino zum Militär müsste, wo sie ihm, so die Hoffnung, den Kopf zurechtrücken. Roberto findet, dass er am Ende dann doch Glück hatte, nicht nur wegen der milden Strafe, sondern auch weil sie ihm den Tresorraum-Bankraub in Como nicht zuschreiben können, für den die Madama eine andere Bande verantwortlich macht. So muss er nur für den Überfall auf den Geldboten büßen und hat die halbe Strafe bereits abgesessen.
    4
    Nach dem rechtskräftigen Urteil wird der Junge vom Giambellino verlegt; in einen neuen Flügel, eine neue Zelle mit einem neuen Zellengenossen. Es ist ein Neapolitaner, Großmaul und Camorra-Mitglied. Einer, bei dem man sich besser bedeckt hält, wenn man nicht mit aufgeschlitztem Bauch enden möchte. Sympathisch und authentisch wie alle Neapolitaner, aber nur, wenn man ihn reden lässt und sich jeden Anflug von Ironie oder Mitleid verkneift.
    Das Gute daran ist für Roberto, dass er nun in der V ist: Der Molosser hat seinen Einfluss geltend gemacht.
    Nach den ersten Tagen des gegenseitigen Beschnüffelns und Beobachtens beschließt der Neapolitaner, ihm zu trauen, und öffnet die Schleusen. Das ist seine Natur, und außerdem, sollte es dem Bürschchen an Respekt mangeln, weiß er, was zu tun ist. Bei seinem Strafregister macht ein Mord mehr oder weniger auch nichts mehr aus.
    »Geschossen hab ich schon früh zum ersten Mal«, erzählt er. »Er war nicht tot, dazu war die Pistole zu klein, eine 7,65. Ich habe ihn nur verletzt. Er war groß, schon fünfzehn, und machte für mich als guappo Handtaschendiebstähle. Er wollte die cagnotta behalten, die Knete, aber so hatten wir nicht gewettet, ich also ein Mofa geknackt und vor seinem Haus auf ihn geschossen. Als er aus dem Krankenhaus kam, war ich in seiner Gang. Wo ich herkomme, erkennt man schnell, wer Eier in der Hose hat!«
    Er macht eine selbstzufriedene Pause, dann fährt er fort.
    »Er kam aus Forcella und hatte schon eine Gang, die sich Respekt verschaffte. Wir hatten nicht immer ein bestimmtes Ziel. Wir haben einfach Läden ausgeraubt, weil es Spaß machte. Einfach so. Wir standen in der Bar rum, nichts zu tun. Dann hat vielleicht einer gesagt: Los, lass mal ein Auto knacken. Wir also eine coole Karre besorgt und bisschen rumgefahren. Und wo wir schon unterwegs waren, fiel uns vielleicht ein, einen Überfall zu machen. Wir nahmen den erstbesten Laden auf der Strecke: ein Restaurant oder einen Tabakladen oder ein Geschäft. Knarre gezogen und rein. Wenn der Typ sich wehrt, abknallen.«
    »Einfach so?«
    »Klar, guagliò . Was ist so komisch daran? Schießen war etwas, das du schnell lernen musstest. Die anderen taten es, also tatest du es auch. Wenn du nicht als Erster geschossen hast, konnte es sein, dass du tot warst. Viele meiner Freunde sind gestorben, alle ermordet. Du hattest keine Wahl. Stell dir vor, du bist irgendwo und dann kommt jemand, der will beweisen, dass er mehr ist als du. Er kommt einfach so in dein Revier, fängt an rumzukommandieren. Was sollst du da tun? Entweder du schickst ihn weg, oder alle denken, du hast Angst. Also gab es Krieg, damals. Du kamst hin, stiegst aus dem Auto und hast geschossen, auf ihn und alle, die dabei waren. Auf diese Art haben wir einmal sechs auf einen Schlag kaltgemacht. Zwei Abende zuvor, in einer Bar, hatten sie zwei von uns

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