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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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von einem Tag lösen. Der Mörder ist ein Arbeitsloser, der mit dem Opfer befreundet war und sich mit ihm eine improvisierte Baracke zwischen leeren Lagerhallen teilte. Eine banale Verzweiflungstat, die jedoch, als sie es in die Nachrichten schafft, in Verbindung zum Cattolica-Mord gebracht wird. Kurzmeldungen weisen darauf hin, dass trotz der Befragung von gut hundertfünfzig Verdächtigen einschließlich einiger Angehöriger vom Uni-Mörder bisher jede Spur fehlt.
    Und so vergisst die Presse nach dem anfänglichen Getöse auch diese Geschichte und ergeht sich lieber in den skandalösen Umständen im hochsommerlichen Mailand, wo man wegen der geschlossenen Geschäfte oft nicht einmal mehr Brot und Milch bekommt.
    Auch Santis Anrufe bei Commissario Piazza werden seltener.
    »Was ist, willst du denn gar nicht mit deiner Freundin quatschen?«
    »Heute nicht. Ich halte mich lieber an meine Frau und meine Tochter«, erwidert er mit Beatrice im Arm.
    Carla weiß, dass das nicht ganz ehrlich ist. Sie sieht, wie es in ihm arbeitet.
    »Was ist los, Antonio?«
    »Ich befürchte allmählich, dass der Mord an Sandra Fontana ungesühnt bleibt, es scheint sich um so ein perfektes Verbrechen zu handeln, das es sonst nur in Büchern gibt.«
    Sie umarmt ihn stumm.
    7
    Die Sonne geht unter, das Meer ist ruhig, und viele Sonnenschirme sind schon geschlossen; das ist die beste Zeit, um mit der Kleinen entspannt ans Meer zu gehen. Obwohl sie sich die heißesten Stunden des Tages im Hotel aufhalten, ist Antonio tiefbraun, um es mit den Worten von Vianellos Lied Abbronzatissima zu sagen, das in diesem Jahr der Sommerhit der Versilia ist.
    »So habe ich dich noch nie gesehen«, staunt Carla.
    »Das Meer, die gute Luft, mittags und abends Fisch und jede Nacht meine Frau. Wem ginge es da nicht gut?«
    Sie lächelt und freut sich, wie ausgeglichen ihr Mann ist. Fast drei Wochen hat es gedauert, doch nun scheint er Sandra vergessen zu haben. Und auch die Zeitungen wenden sich nun, wo es auf Ende August zugeht, dem üblichen – was sonst – Rückreiseverkehr zu.
    Sobald sich die Fabriktore wieder öffnen, würde das Verbrechen an der Cattolica unvermeidlich weiter in Vergessenheit geraten wie alle ungelösten Fälle, wäre da nicht Commissario Piazza, der sich wohl in einem Anfall der Verzweiflung auf eine Theorie versteift, die nur ihm einleuchtet: die des Serientäters.
    Nachdem er wochenlang Akten gewälzt und nach Verbindungen zu anderen Verbrechen gesucht hat, treten einige Parallelen ans Licht, die dem Polizisten verdächtig vorkommen. Es stellt sich nämlich heraus, dass zwischen 1970 und 1971 in Mailand noch drei weitere Opfer auf dieselbe Art ermordet wurden: eine Prostituierte und zwei Frauen mit einwandfreiem Lebenswandel, Valentina Tribucchi, die als Näherin bei einem berühmten Modemacher arbeitete und mit sechzehn Messerstichen in ihrer Einzimmerwohnung am Hauptbahnhof umgebracht wurde, und die Besitzerin eines kleinen Hotels, die in derselben Gegend ebenfalls durch Messerstiche ums Leben kam, Adele Dossena, Mutter einer Schauspielerin, die in den sechziger Jahren einen gewissen Erfolg unter dem Künstlernamen Agostina Belli erzielt hatte.
    »Dieselbe Tötungsart wie bei Sandra Fontana«, schreiben die Zeitungen.
    Als Santi die Nachricht liest, schreckt er auf. Und sofort kommt alles wieder hoch, was er vergessen zu haben glaubte, vergraben in den dunkelsten Winkeln seiner Seele.
    Sandras Gesicht, das ihn ansieht. Als sie noch ein Kind war. Und während dort am Strand der Sonnenuntergang das Meer abendlich rot färbt, laufen vor dem inneren Auge des Bullen die Bilder jenes Vormittags ab: die Leiche, das Blut, die Fingerabdrücke des Mörders …
    »Sieh sie dir nur an, Antonio.«
    Santi beugt sich über den Kinderwagen, aus dem Beatrice ihm ein Händchen entgegenstreckt. Der Vater umfasst es zärtlich. Wie klein und rosa es ist.
    »So winzig im Vergleich zu deiner«, lächelt Carla. »Ist das nicht goldig?«
    Antonio ist nicht mehr bei ihnen. Er scheint zu erstarren und zieht schweigend seine Hand zurück.
    Carla wird unruhig.
    »Was ist los mit dir?«
    »Jetzt weiß ich es.«
    »Was?«
    »Wer Sandra ermordet hat.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ja, und wir hatten es die ganze Zeit direkt vor der Nase. Das ist der Punkt!«
    Sie sind wieder unter den Sonnenschirm zurückgekehrt, und er zieht sich eilig um.
    »Was machst du?«
    »Ich muss nach Mailand zurück. Piazza spielt verrückt.«
    »Läufst du zu deiner Geliebten?«
    Er

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