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Milchbart (German Edition)

Milchbart (German Edition)

Titel: Milchbart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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getan, als wäre die andere Luft für sie. Wenig später habe ich Schwester Christine zu Schwester Maria sagen hören: ›Ich bin mal gespannt, wann Rosa der Bogner den Hals umdreht‹.«
    Hornschuhs Hände verschwanden vom Tisch und versenkten sich in den Hosentaschen.
    Ballt er sie da zu Fäusten?
    Die Stimme des Professors war jedoch ruhig und freundlich, als er antwortete: »Ich bitte Sie, Herr Pauß, wer kann schon ausschließen, dass es hie und da eine Meinungsverschiedenheit gab? Aber glauben Sie mir, wirkliche Probleme existierten nicht. Davon hätte ich mit Sicherheit erfahren.« Dann lächelte er verschwörerisch. »Frauen unter sich – verzeihen Sie, Frau Rot –, da gibt es doch im Handumdrehen Streit und Gezänk, aber ebenso schnell verträgt man sich ja meist wieder. Deshalb wäre es ein großer Fehler, alles, was dabei nach außen dringt, auf die Goldwaage zu legen.«
    »Herr Professor!« Schwester Rosas vorwurfsvolle Stimme ließ Fanni zusammenzucken. »Herr Professor, Frau Becker und Frau Aicha warten schon seit zwanzig Minuten im Foyer auf Sie. Und Sie haben noch nicht einmal allen Patienten …«
    Hornschuhs Geste ließ sie verstummen. »Schwester Rosa, übernehmen Sie es doch bitte, die restlichen Patienten darüber zu informieren, dass der aktualisierte Behandlungsplan ab morgen früh aushängt.«
    Hornschuh erhob sich endgültig, schob den Stuhl an seinen Platz zurück und deutete vor Fanni eine Verbeugung an.
    »Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen, Frau Rot. Es wird sich bald alles aufklären.« Damit eilte er aus dem Speisesaal.
    Schwester Rosa griff nach den Desserttellern.
    »Darf ich dich angrapschen?«, fragte Alexander.

4
    Als Fanni vom Speisesaal ins Foyer trat, sah sie ihn neben dem Wasserspiel sitzen. Sie musste für einen Moment stehen bleiben, um die Welle abklingen zu lassen, die sie geradewegs in seine Arme spülen wollte.
    Langsam, befahl sie sich. Geduld. Sosehr du dich auch zu ihm hingezogen fühlst, er ist ein Fremder für dich. Du besitzt nicht die kleinste Erinnerung an gemeinsame Unternehmungen, gemeinsame Stunden, gemeinsame Nächte. Wenn Leni es dir nicht gesagt hätte, würdest du nicht einmal wissen, wie er heißt.
    Sprudel erhob sich aus einer Louis-Philippe-Imitation, als er sie auf sich zukommen sah. Sobald sie sich ihm direkt gegenüber befand, rollte die Welle wieder an. Diesmal konnte Fanni ihr nicht standhalten, sie legte ihre Hände in die seinen. Auf Sprudels Gesicht breitete sich ein warmes Lächeln aus.
    Ein echtes Lächeln! Nicht so ein aufgesetztes, einstudiertes wie bei Hornschuh!
    »Wie schön, dass du gekommen bist«, sagte Fanni.
    Sein Lächeln vertiefte sich, wirkte fast glücklich.
    »Magst du wieder ein Stück mit mir durch den Park laufen?«, fügte sie zaghaft hinzu.
    Anfangs hatte Fanni den Mann gesiezt, mit dem sie offenbar mehr als ein Jahr lang wie ein verheiratetes Paar zusammengelebt hatte.
    »Anfangs« hieß vor fast zwei Monaten.
    Zwei Tage nach jenem beinahe erfolgreichen Anschlag auf ihr Leben hatte Fanni ihre Tochter Leni an ihrem marokkanischen Krankenbett sitzen sehen.
    Fanni lächelte ihr zu und streckte die Hand aus. Leni rückte näher, um sie zu umarmen. Sie hielten sich eine Weile schweigend aneinander fest. Dann löste sich Leni von ihr, stand auf, trat beiseite und machte einem Mann Platz, den Fanni nie zuvor gesehen hatte. Er sah müde, krank und abgehärmt aus. Der Unbekannte beugte sich über sie, küsste sie zärtlich und legte ihr sanft eine Hand an die Wange.
    »Fanni, Liebste, endlich kommst du zu dir. Ich hatte solche Angst …«
    »Wer sind Sie?«, sagte Fanni.
    Ihre Frage schien auf ihn wie ein Boxhieb in die Magengrube zu wirken. Er wurde blass, krümmte sich wie unter Schmerzen, begann zu schwanken. Leni griff eilig nach seinem Arm und führte ihn zu einem kleinen Tisch, an dem zwei Stühle standen.
    Als er auf einem der Stühle saß – den Kopf hatte er an die Wand gelehnt –, erschien Lenis Gesicht dicht vor Fannis Augen.
    »Ich gebe ja zu«, flüsterte sie, »dass er ziemlich ramponiert ausschaut. Aber du wirst deinen Sprudel doch wohl wiedererkennen!«
    Noch während Fanni verneinte, glaubte sie, in Lenis Augen Panik aufblitzen zu sehen. Dann kam die Frage, die sie sich in ähnlicher Form bereits selbst gestellt hatte: »Weißt du, wo du bist und weshalb du hier bist?«
    Fanni wusste es nicht.
    »Ihr beide seid …«, begann Leni, unterbrach sich, dachte kurz nach und sagte dann: »Lass

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