Milchbart (German Edition)
sie, woher kommen die Einzahlungen, wer hat die Auszahlungen erhalten?
Buchhaltung, Fanni, Buchhaltung, klingelt’s da nicht?
Bei Sprudel schien es bereits geklingelt zu haben. »Ob die Datei auf dem Stick wohl aus Bertie Seibolds Buchhaltung stammt?«
Fanni entfernte den Stick aus der Anschlussbuchse und ließ ihn in ihre Hosentasche gleiten. »Gut möglich, aber warum wurde er versteckt?«
Das riecht nach betrügerischen Machenschaften!
Ja, dachte Fanni. Aber wer hat wen betrogen?
Darüber schien Sprudel bereits nachgedacht zu haben. »Für mich stellt sich die Sache so dar: Mit den Finanzen der Parkklinik liegt irgendetwas im Argen. Seibold musste, vermutlich auf Hornschuhs Geheiß hin, das Ganze mehr oder weniger schönen. Aber um sich abzusichern, hat er alles dokumentiert.«
Schau an, der Sprudel!
Fanni war beeindruckt. »Klingt logisch. Allerdings kommt es mir komisch vor, dass Seibold seinen Nachweis im Behandlungszimmer seiner Frau deponiert hat.«
»Das hat er wahrscheinlich gar nicht«, erwiderte Sprudel. »Marita Bogner muss sich eine Kopie verschafft haben.«
Fanni nickte. »Sie hat von Seibold erfahren, was lief, hat sich den Beweis besorgt und Hornschuh damit unter Druck gesetzt.«
Sprudel stand auf und griff nach der Teekanne; während er nachschenkte, sagte er zögerlich: »Das würde einiges erklären.«
»Es würde alles erklären«, erwiderte Fanni. »Den Streit, den Mord, den Anschlag auf mich.«
Hornschuh also!
»Demnach müsste der Professor Marita Bogners Mörder sein«, sagte Sprudel. »Was wir aber nicht beweisen können.«
»Wir können es nicht einmal ernsthaft behaupten«, entgegnete Fanni, »weil wir noch immer keinen Schimmer haben, wie er in Frau Bogners Zimmer hinein- und wieder hinausgelangt sein könnte.«
11
Der Vormittag mit Sprudel verging wie im Flug. Gegen halb zwölf bat Fanni ihn, sie zur Parkklinik zurückzubringen, weil beim Mittagessen nur fehlen durfte, wer sich ausdrücklich und frühzeitig abgemeldet hatte.
»Aber wenn es dir recht ist, werde ich fragen, ob kurzfristig noch ein Gast eingeplant werden kann«, sagte sie beim Aufbruch.
Unterwegs diskutierten sie über die Beweisbarkeit ihrer Theorie, der quasi das Standbein fehlte.
»Wir müssen tatsächlich versuchen, die Tatwaffe zu sichern«, sagte Sprudel. »Hornschuh hat bestimmt keine Handschuhe getragen. Fingerabdrücke würden auf einem dünnen Draht oder einer Schnur zwar sowieso nicht nachweisbar sein, aber Gewebespuren für eine DNS -Analyse könnte man womöglich finden.«
»Wir sollten es gleich nach dem Essen wagen«, stimmte ihm Fanni zu. »Die Gelegenheit ist günstig, weil das Personal, der Professor und mit etwas Glück auch Schwester Rosa im Speisesaal oder in der Küche beschäftigt sind.«
Zwanzig Minuten später saßen die beiden mit Alexander, mit Michaela Kofler und mit Irma Braun gemeinsam an einem Tisch im Speisesaal.
Fanni registrierte belustigt, dass die zwei jungen Frauen sichtlich um Alexander bemüht waren. Irma fragte ihn nach seiner Lieblingsband und wollte wissen, ob auch er ein Fan dieser Hobbit-Geschichten von Tolkien sei. Alexander ließ sich von ihr in eine Diskussion über Fantasy-Romane verwickeln, sorgte jedoch dafür, dass Michaela in das Gespräch einbezogen wurde, und hielt auffällig oft Blickkontakt mit ihr.
Zwischen Milchbart und Kleptomanski scheint sich ja richtig was angebahnt zu haben!
Umso besser, dachte Fanni, dass Irma und Michaela lieber mit Milchbart kokettieren und ihnen nicht daran gelegen ist, sich mit uns über den Mord an Marita Bogner zu unterhalten. Es brannte ihr jedoch auf den Nägeln, ein Gespräch mit Alexander zu führen, bei dem sie seine beiden Verehrerinnen allerdings nicht dabeihaben wollte. Sie hatte da ein paar Fragen, die er ihr beantworten sollte.
»Wollen wir nicht nach Deggendorf fahren?«, hörte Fanni die goldhaarige Irma Braun sagen. »Im Lichtspielhaus läuft um achtzehn Uhr der ›Hobbit‹, vorher könnten wir noch ein wenig bummeln oder Kaffee trinken gehen.«
Hat sich das Mädel etwa ernsthaft in den Milchbart verschaut?, ging es Fanni durch den Kopf. Versucht sie, ihn Michaela auszuspannen?
Warum denn nicht? Alexander sieht gut aus, nicht alle Frauen stehen auf Dreitagebart! Außerdem scheint er sein Trauma mittlerweile überwunden zu haben!
Stimmt, dachte Fanni. Er hat heute gar nicht gefragt, ob er mich angrapschen darf.
»Wir könnten den Ausflug als Test benutzen«, sagte Irma gerade, »um zu sehen,
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