Milchfieber
Horst und hatte die Figur eines Gewichthebers. Horst befiel manchmal eine unbestimmte Angst, wenn Alex sich so selbstverständlich durch das Haus bewegte, als wäre es seines. Nur das gute Verhältnis zwischen Lissy und ihrem Cousin, die sich offensichtlich sehr vertraut waren, hielt ihn davon ab, ihn doch noch vor die Tür zu setzen.
Alex’ nackter Körper glänzte vor Schweiß und er ließ sich von seinem Gewicht nicht abhalten mit großer Heftigkeit den zierlichen Körper des Mädchens, der unter ihm praktisch verschwunden war, zu bearbeiten. Nur die Beine des Mädchens waren zu sehen, Ines hatte sie um seine Hüften geschlungen und verstärkte noch seine rhythmischen Bewegungen. Mit großer Begeisterung, wie Horst zu hören meinte. Er bewunderte den Gleichklang, mit dem die beiden versuchten sich dem Höhepunkt zu nähern. Es war ein eingespieltes Team, das sich da gemeinsam immer tiefer in das Bett arbeitete, das konnte man sehen, dachte er. Die wussten, wie man es macht. Horst überlegte, ob er und Lissy ähnlich aussahen, er hätte sich gerne einmal selbst beobachtet. Heute Abend dachte er, hat Lissy sicher genauso viel Lust wie ich.
Sie trägt die gleichen Schuhe wie Lissy, bemerkte Horst eher beiläufig, als er auf den Fußboden vor dem rhythmisch knarzenden Bett sah. Auch die Kleider ähnelten denen seiner Frau. Er hob den Kopf und als Alex sich so bewegte, dass das Gesicht des Mädchens, das eine Mischung zwischen Anstrengung und Lust zeigte, zu sehen war, erstarrte Horst.
Es war Lissy.
Ohne weiter nachzudenken, riss er die Tür auf, holte aus und ehe Alex sich erschrocken umdrehen konnte, hieb er den Spaten mit aller Kraft in den rasierten Schädel.
Alex war sofort tot.
Lissys lustvolle Schreie erstickten, als ihr Cousin mit seinem ganzen Gewicht auf sie fiel. Horst zog den Spaten aus Alex Kopf, holte ein zweites Mal aus, schlug zu, schlug ein drittes Mal, ein viertes Mal und schlug und schlug und schlug, bis der Rücken des Mannes wie von Messern zerschnitten blutete. Weinend hob er den Spaten, um auf Lissy loszugehen, aber er hatte keine Kraft mehr.
Kapitel 7
Sie kam mit dem Zug. Allmers hatte einen Anruf seiner Schwester bekommen, die ihm den Besuch seiner Nichte in den Sommerferien ankündigte. Wenn Rosemarie ihn nicht seit Jahren ungebeten mit Familienfotos versorgt hätte: Christinas erster Zahn, Christinas erste Schritte, mit Opa, mit Oma, mit Papa im Zoo, mit Oma und Opa und Mama im Zoo, die Schultüte samt Kind, das Kind samt Schultüte, alle bedeutenden und unbedeutenden Lebensabschnitte der Sprösslinge der Familie Schwemmle wurden unerbittlich dokumentiert und an die gesamte Verwandtschaft geschickt, wenn sie ihn also nicht mit Bildern überschwemmt hätte, hätte er überhaupt nicht gewusst, wie Christina aussieht.
Seit mehreren Jahren hatte er das Mädchen nicht gesehen, auf der Beerdigung seiner Mutter hatte er seine Nichten aus Stuttgart nicht richtig wahrgenommen. Sie waren einen Tag vor dem Begräbnis gekommen und schon am nächsten Tag mit ihren Eltern wieder abgefahren.
Er hatte einen der vielen Fotoalben aus der Schublade gezogen, wo sie aufbewahrt wurden. Manchmal, wenn es wieder zu viel wurde, hatte er die eine oder andere Sendung ungeöffnet in die Schublade versenkt, wenn er wusste, – seine Schwester war manchmal so freundlich, mit bester Laune ein neues Album mit Fotos der Kinder anzukündigen – dass das nächste Päckchen aus Stuttgart wieder eine Fotosammlung war, die auf seinen Kommentar wartete.
Nach einigem Suchen fand er die neueste Ausgabe der Schwemmleschen Fotos und versuchte sich das Gesicht seiner Nichte einzuprägen.
Nichtssagend, dachte er, wie Rosemarie. Seine Schwester war zwar nicht so verkniffen und prüde wie ihre Mutter, aber sie hatte im Laufe der Zeit einige ungute Eigenheiten aus der Allmerschen Familie weiter entwickelt, die nach Allmers Ansicht seiner Schwester nicht zur Ehre gereichten: Rosemarie hatte sich aus einem fröhlichen Mädchen, mit dem er als Kind sehr gut klar gekommen war, in eine frustrierte, vertrocknete Ehefrau und Lehrerin verwandelt, der man die Unzufriedenheit schon von weitem ansah.
Sie war mit einem ehemaligen Theologiestudenten verheiratet, der aus einer schwäbischen Familie stammte, deren pietistische Wurzeln in grauer Vorzeit zu verschwimmen schienen. Sie hatte ihn während seines Studiums kennen gelernt und ihn nach kurzer Abwehrschlacht davon überzeugen können, dass eine tatkräftige Frau einem
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