Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
Vom Netzwerk:
führte Kluftinger zur Tür, beauftragte seine Sekretärin damit, Robert Bartsch wegen einer persönlichen Führung für den Kommissar herzubestellen und verabschiedete sich schnell.
    Kluftinger vertrieb sich die Zeit des Wartens damit, vom Fenster der Sekretärin den Innenhof zu inspizieren. Er sah die große Ankunftshalle, in der einige Milchwagen standen. Von der Decke hingen allerlei Schläuche und Drähte herunter. Er schüttelte den Kopf: Dass ihm nicht gleich aufgefallen war, dass es sich bei dem Tankwagen um einen Milchwagen handelte … Vielleicht lag es daran, dass der, den er heute Morgen verfolgt hatte, keine Aufschrift trug. Die anderen waren alle mit einem Schriftzug versehen, etwa »Die Milch macht’s«, oder »Schön, schöner, Schönmanger Käse«.
    »Das ist unsere Be- und Entladehalle.«
    Kluftinger erschrak etwas, als er die Stimme in seinem Rücken hörte. Er drehte sich um und blickte in das braungebrannte Gesicht von Bartsch, der ihm seine Siegelring-Hand zum Gruß entgegenstreckte.
    »Morgen«, grüße der Kommissar nur kurz.
    »Wenn Sie wollen, können wir in der Halle gleich mit der Führung beginnen«, sagte Bartsch freundlich.
    Zusammen stiegen sie die Treppe hinunter.
    »Was interessiert Sie denn besonders?«, fragte Bartsch.
    »Eigentlich alles. Wenn es geht, zeigen Sie mir doch einfach den ganzen Arbeitsablauf. Vom Anliefern der Milch bis zum fertigen Produkt.«
    Inzwischen standen sie mitten in der Halle, die von innen noch riesiger wirkte als gerade eben vom Fenster. Kluftinger sah auch das Milchauto von heute Nacht wieder. Jetzt wollte er es wissen.
    »Sie können das ja vielleicht am konkreten Beispiel demonstrieren«, sagte der Kommissar. »Was geschieht etwa mit der Milch … sagen wir, aus diesem Milchwagen?« Mit diesen Worten streckte er seine Hand aus und deutete mit dem Zeigefinger auf den einzigen Lkw ohne Aufschrift.
    Bartsch folgte der Richtung, die sein Finger wies. Kluftinger beobachtete ihn genau. »Geht in Ordnung«, war seine Antwort und der Kommissar war etwas enttäuscht, dass er überhaupt keine Regung aus dem Gesicht des Chemikers herauslesen konnte.
    »Wie Sie schon gesehen haben, wird die Milch hier angeliefert«, begann Bartsch mit seinen Erklärungen. »Etwa 200 Bauern versorgen uns täglich mit frischer Milch, was im Jahr so um die 44 Millionen Kilogramm Milch macht.« Bartsch legte eine kurze Pause ein und schob die Brust etwas vor. Es schien, als erwarte er von Kluftinger nun ein Wort der Anerkennung, ein ungläubiges »Wirklich?« oder zumindest ein staunendes »Ah«. Kluftinger jedoch blieb ihm eine Reaktion schuldig. Als er sah, dass Bartsch das kurzzeitig verunsicherte, freute er sich.
    Der Chemiker fuhr fort, vom Abpumpen der Milch, von einem Hochdruck-Pumpensystem, von »modernsten Bauelementen« zu reden und klang dabei, als hätte er diese Worte schon hunderte Male benutzt. Kluftinger hörte nur mit einem Ohr zu. Ihn interessierte viel mehr, was hier hinter den Kulissen ablief.
    »Mir ist aufgefallen, dass alle Tankwagen eine Aufschrift tragen. Bis auf den hier«, unterbrach der Kommissar die Darlegungen seines Führers.
    »Das liegt einfach daran, dass wir vor einiger Zeit einen Relaunch gestartet haben. Wir setzen jetzt ganz auf Corporate Identity, wenn sie verstehen, was ich meine.«
    Kluftinger verstand es nicht, aber erstens wollte er sich in diesem Kräftemessen keine Blöße geben und zweitens fand er diesen Business-Ton, den Bartsch anschlug, sowieso lächerlich. So zu sprechen, dass einen niemand versteht, ist keine Kunst. Intelligenz zeigt sich darin, für jedermann verständlich zu sein. Das hatte ihm sein Vater immer gesagt und er hatte völlig Recht. Ihn ärgerte vielmehr, dass Bartsch auf alles eine Antwort zu haben schien.
    »Hier sehen Sie unsere Eingangskontrolle.« Mit diesen Worten deutete Bartsch auf eine Fensterfront, die von der Ankunftshalle aus einen Blick in die Arbeitsräume gestattete. »Nur beste Qualität findet seinen Weg in Schönmanger-Produkte«, sagte Bartsch und klang dabei wie eine Fleisch gewordene Radiowerbung. »Wir sind übrigens ISO-zertifiziert«, fügte er an und nickte sich dabei selbst zu.
    Kluftinger unterbrach seine Ausführungen für ein paar Fragen nach handfesten Informationen: »Wie viele Mitarbeiter haben Sie hier denn?«
    »Ziemlich genau 80. Die erwirtschaften im Jahr einen Umsatz von knapp 35 Millionen Euro. Ganz ordentlich für eine Firma, die schon in dritter Generation Milch verarbeitet und

Weitere Kostenlose Bücher