Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Kontakt mehr gab?«, fragte der Kommissar nach.
»Mein Vater hatte danach von einem Kollegen erfahren, dass Lutzenberg eine ganz kleine Käserei im Westallgäu übernommen hatte, die zwar wohl recht gut war, aber wirtschaftlich eher schwach auf der Brust. Er war da einfach Käser. Und das, obwohl auch er diplomierter Lebensmittelchemiker war.«
Kluftinger wurde neugierig.
»Wissen Sie denn, wo Lutzenbergs jetzt wohnen?«
»Tut mir leid, wie gesagt, mein Vater hatte es nur über Dritte erfahren. Wenn Ihnen das etwas hilft: Ich weiß, wo seine Käserei ist. Der Name war so seltsam, dass ich ihn mir gemerkt habe. Sie ist in Bösescheidegg oder so, das ist wohl irgendwo bei Lindenberg.«
Kluftinger war hellwach. Vielleicht könnte dieser Lutzenberg ihnen wichtige weitere Informationen geben.
Er bedankte sich bei Julia Wagner, begleitete sie mit der Bitte zur Tür, sich weiter zur Verfügung zu halten und wandte sich Strobl zu, der während des Gesprächs stumm, aber aufmerksam in einem Sessel gesessen hatte.
»Was meinst du?«, fragte Kluftinger seinen Kollegen.
»Keine Ahnung, aber immerhin können wir den Lutzenberg ja mal befragen. Ich kenne übrigens diese Käserei, der Ort heißt Böserscheidegg, oberhalb von Scheidegg ist das, meine Frau hat da mal eingekauft, als sie aus der Schweiz zurückgefahren ist. Die machen sogar eigenen Parmesan«, antwortete Strobl. Bei dem Wort »Parmesan« verdrehte Kluftinger die Augen.
»Na gut, da fahren wir morgen gleich mal hin. Besser als auf ein Fahndungsergebnis zu warten.«
Kluftinger schickte seinen Mitarbeiter nach Hause, schloss die Fenster seines Büros und machte sich nun eilfertig auf den Weg zum Auto. Schließlich wartete seine Frau zu Hause und das wahrscheinlich nicht gerade in bester Laune. Er dagegen fühlte sich dank des Gesprächs regelrecht beschwingt und vergaß sogar, den Dieselmotor seines alten Kombis vorzuglühen, was dieser mit einigem Orgeln und einer schwarzen Rauchwolke und der Kommissar seinerseits mit einem Lächeln über sein Missgeschick quittierte.
***
Als er vom Parkplatz des Polizeipräsidiums wieder auf die Straße einbog, hatte er eine zündende Idee, wie er die bevorstehende Rückkehr zu seiner Ehefrau harmonischer gestalten könnte. Um diese Idee in die Tat umzusetzen, machte er einen kleinen Umweg zu einem dieser riesigen Tankstellenkomplexe, die sich in den letzten Jahren am Stadtrand angesiedelt hatten.
Er suchte sich eine Rose mit etwas Grünzeug aus, die in Folie verpackt war. Er wunderte sich über den Preis von vier Euro fünfzig, war aber in diesem Notfall bereit, etwas Geld zu investieren. An der Kasse zahlte vor ihm ein junger Mann in einem Ballonseide-Trainingsanzug einen CD-Player und zwei Schachteln Marlboro-Zigaretten. Der Kommissar hätte gern die Hintergründe dieses Kaufs gewusst. Wollte der Mann nur eben Zigaretten holen und hatte sich dann spontan in der Tankstelle zum Kauf des Elektronikgerätes entschlossen? »Irr«, sagte Kluftinger leise und war froh, als er im Auto saß und Richtung Altusried fuhr.
Er freute sich diebisch über seine Idee mit den Rosen, vor allem, da er dachte, seine Frau würde ihn für seine Leistung bewundern, am Sonntag frische rote Rosen aufzutreiben. Er lächelte und jegliche Befürchtung, seine Frau könnte ihm nach Übergabe der Blume noch böse sein, war wie weggeblasen. Er bog in Altusried in die verkehrsberuhigte Straße ein, in der sie wohnten und stellte mit zuversichtlich-stolzem Gesichtsausdruck seinen Wagen ab.
»Bin wieder da-ha«, rief Kluftinger aufgekratzt, als er die Wohnung betrat. Keine Antwort. »Huhu! Ich bin’s …« Nichts Plötzlich ging die Schlafzimmertür auf und seine Frau kam heraus. Sie ging an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen, verschwand im Wohnzimmer, kam mit einem großen Koffer wieder zurück, ging damit ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich.
Kluftinger zog die Augenbrauen hoch. Der Streit vom Vormittag war also noch nicht vergessen. Mit einem Seufzen hängte er sein Sakko an die Garderobe und folgte seiner Frau. Die hatte einen Koffer und eine Tasche auf dem Bett stehen. Zahllose Kleidungsstücke lagen in mehreren Abteilungen, deren Systematik Kluftinger auf den ersten Blick jedoch nicht durchschaute, daneben.
»Ach, du packst schon?«, fragte er, obwohl es offensichtlich war, nur um irgendetwas zu sagen.
»Nein, ich übe nur für die Rückreise«, gab seine Frau schnippisch zurück.
Kluftinger ließ sich auf kein Wortgefecht
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