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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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ein. Das Beste war jetzt, in Büßerhaltung ihren Zorn zu ertragen, bis er verraucht war.
    »Soll ich dir helfen? Brauchst du noch was aus dem Schrank?«
    In vorauseilendem Gehorsam stellte er sich an die Schrankwand, bereit, ihre Kommandos zu empfangen.
    »Nein.«
    »Du, ich hab dir was mitgebracht …«, sagte Kluftinger, der spätestens jetzt die Zeit für seine Rose für gekommen sah. Er streckte ihr die Blume hin.
    »Du, stell sie doch in eine Vase. Vielleicht hält sie dann ja, bis ich wieder da bin«, sagte seine Frau kühl.
    Kluftinger erkannte, dass das Leben manchmal doch komplizierter war, als es auf den ersten Blick aussah. Sicher, sie hatte Recht, eigentlich hatte sie nichts von der Rose, wenn sie doch am nächsten Tag in Urlaub fuhr. Aber es sollte doch ein Symbol sein.
    Kluftinger ließ die Schultern hängen. Er setzte sich aufs Bett.
    »Nicht! Nicht da drauf setzten«, schrie Erika schrill und wie von der Tarantel gestochen fuhr ihr Mann wieder hoch. Er dachte zuerst, dass sie vielleicht irgendetwas Spitzes dort liegen hatte und ihn vor einer Verletzung bewahren wollte. Doch sie zog nur ein zusammengelegtes Nachthemd unter der Decke hervor.
    Er nahm sich einen Stuhl. »Hast du auch an die Reiseapotheke gedacht?«, fragte er. Eigentlich waren das sonst ihre Fragen, aber im Moment schienen die Rollen vertauscht zu sein.
    »Ja.«
    »Auch an die Durchfalltabletten? Das Essen da ist man halt doch nicht so gewohnt.«
    »Auch die hab ich dabei.«
    »Vielleicht solltest du auch Chlortabletten mitnehmen. Hab ich im Fernsehen gesehen, da kann man das Leitungswasser keimfrei machen.«
    »Ich fahr nach Mallorca, nicht in den Krieg.«
    »Schon, aber das Leitungswasser in diesen Ländern ist nicht so wie bei uns.«
    Sie hielt kurz inne, stemmte die Hände in die Hüften und sagte bestimmt: »Dieses Land ist Spanien, liegt mitten in Europa und ist nicht gerade für seine Epidemien bekannt.«
    Damit würde er also nicht weiterkommen. Gut, musste er eben zu härteren Mitteln greifen.
    »Ich bin ja nicht abergläubisch«, fing er an, wohl wissend, dass sie sehr wohl mit dieser Eigenschaft gesegnet war, »aber man sagt, man soll nicht im Streit auseinandergehen.«
    Die Hand, die gerade eine Bluse im rechten oberen Eck des Koffers glatt strich, stoppte mitten in der Bewegung. Natürlich wusste sie das. Und ihr Mann wusste es von ihr. Aber selbst wenn sie seinen durchsichtigen Versuch, gut Wetter zu machen, durchschaute, musste sie ihm doch Recht geben.
    Sie blickte ihn lange an und er hielt ihrem Blick stand.
    »Ich will ja nicht im Streit gehen, aber du machst es mir nicht gerade leicht.«
    Kluftinger unterdrückte ein Lächeln. Auf ihren Aberglauben war immer Verlass. Meist zu seinem Leidwesen, etwa, wenn er um Weihnachten herum plötzlich seine Socken heimlich im Waschbecken einweichen musste und hinter dem Vorhang auf die Heizung zum Trocknen legte, weil sie sich partout nicht dazu überreden ließ, über die Feiertage Wäsche aufzuhängen.
    »Dann stirbt jemand in der Familie«, behauptete sie. Rationalen Argumenten war sie in dieser Frage nicht zugänglich. Aus dem gleichen Grund erzählte er ihr auch nie, wenn er von Zähnen träumte. Weil sie sonst die gesamte Verwandtschaft anrief, um sich zu versichern, dass auch alles in Ordnung sei. Denn auch geträumte Zähne betrachtete sie als Todesboten. Nur über geträumte Zahlen freute sie sich – und tippte sie sofort bei der Abgabe des nächsten Lottoscheins.
    »Hör zu, hier läuft ein Mörder frei herum. Du willst doch auch, dass der gefasst wird, oder?« Jetzt fuhr er die ganz schweren moralischen Geschütze auf.
    »Ich … ja, natürlich will ich das. Ich meine nur, wir haben ja auch noch ein Privatleben«, druckste sie herum.
    Er hatte gewonnen. Die Oberhand in dieser Frage zurückerobert. Er war ein bisschen stolz auf sich. Psychologische Kriegführung lernte man eben am besten in der Ehe. Dass er seine Kenntnisse auch bei seinen Verhören gut gebrauchen konnte, war ein schöner Nebeneffekt.
    »Sind wir jetzt wieder gut?« fragte er schließlich, auch wenn er die Antwort schon kannte.
    Sie setzte sich auf seinen Schoß, schürzte die Lippen und sagte:
    »Natürlich. Hör mal, ich hab dir hier ein paar Zettel geschrieben. Mit wichtigen Sachen drauf.« Sie öffnete die Nachttischschublade und kramte ein Bündel Papier hervor.
    »Die klebe ich dir dann an die Türen und die Schränke, dann weißt du Bescheid.«
    »Also wirklich, ich bin doch nicht beschränkt.

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