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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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ablösen«, sagte Kluftinger und Sandy konnte nur bei einer Anspielung sicher sagen, dass sie sie nicht ins Protokoll nehmen musste: Die Innendienstkollegen, allesamt Spezialisten auf ihren einzelnen Gebieten, wurden von den »richtigen« Ermittlern scherzhaft immer wieder mit solchen Spottnamen – in ihrer Schärfe von »Stubenhocker« bis »Sesselfurzer« ansteigend – belegt. Die Kollegen wussten aber, dass dies nicht etwa abwertend gemeint war, immer wieder verliehen die Polizisten im Außendienst ihrer Hochachtung über deren Fieselarbeit Ausdruck und alle wussten, dass eine Ermittlungsarbeit ohne die Detailrecherche im Hintergrund überhaupt nicht möglich wäre. Daher ließen die Innendienstler den Spott geduldig über sich ergehen.
    Sandy hatte aber ein Problem mit der zweiten Anspielung, mit dem Nebel, sie hatte bereits »Nebel« getippt, aber nun kam ihr das doch komisch vor. Es war nicht ihre Art, mit Anliegen lange hinter dem Berg zu halten, daher wartete sie eine Gesprächspause ab und warf ein: »Moment, Herr Kluftinger, aber ich – und vielleicht die anderen auch – verstehen das mit dem Nebel nicht. Es ist heiß draußen, es scheint die Sonne, warum sollte denn hier irgendwo Nebel sein? Was soll ich denn nu ins Protokoll schreiben?«
    Die Kollegen lachten und Kluftinger versuchte, die Situation möglichst schnell aus der Welt zu schaffen und Sandy so weitere Peinlichkeiten zu ersparen. Dass alle anderen den Spaß verstanden hatten, lag nicht etwa an der mangelnden Auffassungsgabe der ostdeutschen Mitarbeiterin, sondern einzig und allein an der Tatsache, dass sie sich mit den örtlichen Gegebenheiten ihrer Wahlheimat zwar auskannte, allerdings mit ihnen noch nicht so vertraut war, dass sie Witze, die damit zu tun hatten, auf Anhieb kapierte. Was sie eben nicht wusste, war, dass zwischen Memmingen und Kempten eine so genannte Endmoräne aus der Eiszeit lag, eine Hügelkette, die vor allem im Winter oft auch Wettergrenze war: Während es im »Oberland« oft eine traumhafte winterliche Wetterlage gab, mit Sonnenschein, Schnee und Fernsicht bis zu den entferntesten Gipfeln, lag über dem »Unterland« häufig schwerer und dichter Nebel. Die Linie, die diese meteorologischen Lagen trennte, war meist das so genannte »Allgäuer Tor«, eine Stelle auf der Hügelkette, an der sich dem Reisenden zum ersten Mal das volle Panorama der Allgäuer Alpen zeigte. Die Oberländer machten sich hin und wieder über die Unterländer lustig. Was hatten sie denn im Vergleich schon: keine richtigen Berge, Skifahren war also Fehlanzeige. Dafür hatten die Oberallgäuer allerdings die vielen Touristen, die zwar das Land belebten und einen erklecklichen Teil der regionalen Wirtschaftskraft ausmachten, aber eben auch dafür sorgten, dass die schönsten Plätze in den Bergen beinahe übervölkert waren und die die Preise, gerade was die Gastronomie oder die Grundstücke und Wohnungen in den Alpentälern anging, in die Höhe trieben.
    »Nichts, nichts vom Nebel ins Protokoll bitte, Frau Henske«, sagte Kluftinger mit ernster Miene, die ihr bedeutete, dass nun nicht der richtige Zeitpunkt war, genauer nachzufragen.
    Seine engsten Mitarbeiter Maier und Strobl bat er, noch kurz zu einer internen Besprechung zu bleiben. Schließlich fragte Sandy, die durch den kleinen Zwischenfall nach ihrer Frage nicht im Geringsten entmutigt schien, wie man sich der Presse gegenüber zu verhalten habe.
    Kluftinger fand es interessant, dass gerade sie, die ja eigentlich gar nicht befugt war, über Ermittlungen nach außen Auskunft zu geben, diese Frage stellte. Es verblüffte ihn: Es war eine gute Frage und eigentlich wäre es seine Aufgabe gewesen, den Kollegen über das Vorgehen gegenüber den Medien ein paar Worte mit auf den Weg zu geben. Er hatte es in der Aufregung tatsächlich vergessen.
    »Vielen Dank, Frau Henske, das hab ich jetzt glatt vergessen«, sagte er also lächelnd und suchte Blickkontakt mit der jungen Sekretärin, die das dezente Lob sofort verstanden hatte und mit einem zufriedenen Lächeln quittierte. »Falls sich die Leute von sich aus melden, sagen wir, dass wir einen dringend Verdächtigen haben. Das wär’s dann aber auch. Weiter nichts. Das macht sie zwar noch neugieriger, aber wir dürfen jetzt nicht dadurch, dass wir voreilig handeln, alles versauen. Wir müssen jetzt in der Ruh’ bleiben, gerade nach außen«, fügte er noch hinzu und beendete mit diesen Worten die Konferenz.
    Kluftinger wies Maier und Strobl an,

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