Milchrahmstrudel
bekannt, dass sie enorm teuer sind?
»Haben Sie sich nicht erst letzte Woche vorgestellt?«, fragte Fanni.
»Ja«, antwortete Verena. »Am zworazwanzigsten. Am zworazwanzigsten bin i z’ Minga gwen.«
Erstaunt bemerkte Fanni, dass Tante Luise nach dem ersten Bissen ihren Löffel beiseitegelegt und sich zurückgelehnt hatte. Ein wenig irritiert davon wandte sie sich wieder Verena zu.
Sie versuchte, sich zu konzentrieren. Das Mädchen war also in München gewesen. Fanni begann zu rechnen. Genau einen Tag bevor die Karte abgestempelt worden war, die Roland angeblich an Schwester Monika geschrieben hatte, war Verena in München gewesen.
Was für ein Zufall!
Allerdings, dachte Fanni, und deshalb würde mich jetzt mal interessieren, was Verena am 22. in München alles so gemacht hat.
»Hatten Sie einen schönen Aufenthalt in der Stadt?«, klopfte sie auf den Busch.
Verena strahlte sie an. »U-Bahn bin i gfohn, glei vom Bahnhof weg – mit der U6 auf Schwabing. Der Herr Benat hot mir gsogt ghabt, wia des geht.«
Fanni lächelte sie aufmunternd an. »Und was haben Sie in Schwabing gemacht?«
Verena dachte lange nach. »Umanandergrennt, Schaufenster ogschaugt, Leit ogschaugt, Kaffee drunga und a Stickl Tortn dazu gessen.«
»Alleine?«
»Ja, wer hätt denn mit mir mitgehn soin?«, fragte Verena verdutzt.
Fanni biss die Zähne aufeinander. Das Mädchen hatte sich in Schwabing vergnügt. Gut, aber dazu war Verena ja nicht nach München gefahren.
Wenn du herausfinden willst, wie sie die gesamte Zeit in München verbracht hat, wirst du sehr geduldig vorgehen müssen – Schritt für Schritt!
Fanni unterdrückte einen Seufzer. »Und nach dem Kaffeetrinken sind Sie in das Institut gegangen?«
»Ähm, ja«, antwortete Verena. »In so an Bau hoit, mit vui Klinglknöpf an der Tür.«
»Und bei welchem Namen haben Sie geklingelt?«
»Des is auf mein Zettl gstandn, wo i leiten muass.«
Es hat keinen Sinn, dachte Fanni. Da kann ich fragen und fragen …
»Man hat Sie eingelassen«, versuchte es Sprudel, »und in ein Büro geführt.«
Verena nickte.
»Dort hat man Ihnen Fragen gestellt«, machte Sprudel weiter.
Verena nickte unbehaglich.
Sie hat sich nicht wohlgefühlt dort!
»Hast du etwa was aufsagen und was vorlesen müssen?«, erkundigte sich Tante Luise.
Verena schniefte.
Sie haben das arme Kind gepiesackt!
»Hat diese – äh – Aufnahmeprüfung lang gedauert?«, fragte Fanni.
Verena verneinte.
»Sie konnten also bald wieder gehen. Oder mussten Sie noch in anderen Büros vorsprechen?«
Wieder verneinte Verena, fügte jedoch hinzu: »Bloß no die Papiere obgem, wo in dera Mappen warn.«
»Ihre Zeugnisse wohl«, meinte Sprudel.
Verena schwieg.
Fanni wurde dieses fruchtlose Hin und Her langsam zu bunt. »Und nach dem Test sagte man Ihnen, dass man Sie schon am 1. Juli aufnehmen könne und …«
»Na, des hot mir der Herr Benat gsogt.«
»Schön«, nahm Fanni den Faden wieder auf, »darüber wurde also Herr Benat informiert. Sie jedenfalls verließen das Schulgebäude und suchten nach einem Briefkasten, an dem Sie die Post loswerden konnten, die Ihnen Herr Hanno zum Aufgeben mitgab.«
Verena starrte verdattert von einem zum andern. »Der Hanno hot o gor net gwisst …«
Sense! So leicht lässt sich der schwarze Fleck, der deine schöne Theorie verunziert, eben nicht aus der Welt schaffen!
»Was haben Sie denn noch gemacht, nachdem das Vorstellungsgespräch beendet war?«, fragte Sprudel.
Verena wickelte eine Haarsträhne, die dekorativ vor ihrem rechten Ohr hing, um den Zeigefinger. »I bin dann wieder zruck zum Bahnhof, und weil no Zeit war – der Zug is erst um fünfe ganga auf Gleis siemazwanzg –, bin i zum Karstadt eini, und do hob i mir an superkuhln Neckhoider kauft.« Sie begann wieder zu strahlen.
Verena hat in München ein cooles Neckholder-Shirt für sich erstanden! Womit das Highlight ihrer Reise in unsere Landeshauptstadt genügend beschrieben wäre!
Und wir wissen noch immer nicht, dachte Fanni, wie der Täter es bewerkstelligt hat, dass Brief und Karte zum richtigen Zeitpunkt in der Katherinenresidenz eintrafen. Nicht zu früh, solange Roland noch lebte und jemandem hätte über den Weg laufen oder die Fälschungen selbst in die Hand bekommen können, und nicht zu spät, um unerwünschten Fragen über seinen Verbleib einen Riegel vorzuschieben.
Sie schrak auf, weil Verena plötzlich ausrief: »Mei, Frau Rot, meng Sie ebba heit koan Milirahmstrudel? Und mia ham
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