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Milchrahmstrudel

Milchrahmstrudel

Titel: Milchrahmstrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler Jutta
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Bett an Bett geschlafen.« Sie deutete auf die Wand, die ihr Apartment vom Nachbarzimmer trennte. »Natürlich wollte ich der Nagel Adieu sagen, wollte sehen, was der Tod aus ihr gemacht hat. Man muss sich ja ab und zu vor Augen halten, was einen demnächst erwartet.« Sie wedelte Fannis Einwand mit der Hand weg. »Ein schöner Anblick war sie nicht, die Nagel. Ehrlich gesagt, ich hab gleich wieder weggeschaut. Und da ist mein Blick an dem Foto hängen geblieben.«
    Sie stellte es auf, sodass Fanni und Sprudel das Bild gut erkennen konnten. Es zeigte ein schönes Wohnhaus mit einem gepflegten Garten drum herum. »Das ist das Haus der Nagel. Sie war sehr stolz darauf und hat die Fotografie oft herumgezeigt.«
    »Und was ist damit?«, fragte Fanni, als ihr die Pause, die folgte, zu lang wurde.
    »Das Haus hat mich auf die Idee gebracht, was einige von den restlichen Kürzeln bedeuten könnten«, antwortete Luise und schien über die gespannten Mienen von Fanni und Sprudel ausnehmend befriedigt.
    »Die Nagel war gut situiert«, fuhr sie fort, »sehr gut situiert sogar. Ihr Mann soll zu Lebzeiten Bundestagsabgeordneter gewesen sein. Sie bezog eine dicke Pension von ihm – viel, viel mehr, als sie hier verbrauchen oder sonst wie ausgeben konnte. Kinder hatten die Nagels ja keine. Aber weil wohl jeder ein Steckenpferd braucht, für das er Geld verschwenden kann, hat sie eine Menge dafür vergeudet, das Haus in Schuss zu halten. Obwohl sie sich doch spätestens nach dem Oberschenkelhalsbruch denken konnte, dass sie nie mehr dorthin zurückkehren würde, und auch niemanden hatte, dem sie es vererben wollte. Na ja, man wird halt sonderlich im Alter.« Luise zog die Decke über ihren Knien zurecht und schwieg.
    »Die Kürzel, Tante Luise«, brachte sich Fanni in Erinnerung.
    »Die Kürzel, ja. Schau dir mal den Garten an. Die Rosen, die Hecken. Wen beauftragt man denn, um Rosen zu schneiden und Hecken zu stutzen?« Luise tippte auf eine bestimmte Stelle auf dem Zettel mit den Kürzeln.
    »Gä«, las Fanni. »Gärtner.«
    Luise strahlte sie an. »Das würde ich auch meinen.«
    »Ma«, las Fanni das nächste Kürzel ab.
    »Maurer«, schlug Sprudel vor.
    »Maurer?«
    »Oder Maler«, ergänzte er. »Mit der Zeit fallen sicherlich eine Menge Ausbesserungsarbeiten an.«
    »Stimmt«, lobte ihn Luise.
    »Pu«, las Fanni.
    »Wo gearbeitet wird, fällt Dreck an«, sagte Sprudel, »den eine Putzfrau oder eine Putzkolonne wegschaffen muss.«
    Luise nickte. »Selbst wenn nicht gearbeitet wird, fällt Dreck an. Spinnweben hängen von den Balken, Schimmel macht sich breit, Staub deckt die Möbel ein, tote Fliegen liegen auf Fensterbrettern und …«
    »… der Regen verschmiert den Ruß an den Scheiben«, beendete Fanni den Satz.
    Es war ein Weilchen still im Zimmer. Dann sagte Sprudel: »Gä wie Gärtner, Ma wie Maler, Pu wie Putzfrau, Pi wie Pillen. Wenn ich mich recht erinnere, finden sich nicht bei allen Namen die gleichen Kürzel.«
    »Spricht das nicht dafür, dass wir richtig liegen?«, erwiderte Fanni. »Gä habe ich bestimmt nur einmal gelesen, und es ist ja auch recht unwahrscheinlich, dass mehrere der Senioren einen Gärtner beschäftigen.« Sie dachte einen Augenblick nach. »Am häufigsten, glaube ich, waren die Kürzel Pi und Kon.«
    »Kon?«, fragte Luise. »Das hast du aber gar nicht aufgeschrieben, Fanni. Kon?«
    »Nehmen wir also mal an«, sagte Sprudel, »die Abkürzungen stehen einerseits für Dienstleistungen, die für die Senioren erbracht wurden, und andererseits für Arzneien. Beruhigungs- und Aufputschmittel womöglich, Lebenselixiere, was weiß ich.«
    »Vielleicht auch für Alkohol, Zigaretten, Kosmetika«, fügte Fanni hinzu.
    »Kos! Nein, Kon«, murmelte Tante Luise. Laut sagte sie: »Die Nagel hatte ja immer ganz edles Parfüm. Und meistens hatte sie Champagner vorrätig. Bonner liebte teure Zigarren …«
    »Konsumgüter«, rief Sprudel. »Kon.«
    »Treffer«, rief Fanni begeistert.
    Dann wurde es wieder still, bis sie sagte: »Roland hat alles, was er über diese Geschäftemacherei herausfand, heimlich aufgelistet. Vielleicht konnte er anhand seiner Buchführung irgendwie nachweisen, dass die Senioren nach Strich und Faden betrogen wurden.«
    Sprudel hob mahnend die Hand, so als wolle er Fanni stoppen, weil sie zu weit vorpreschte.
    Sie sah ihn fragend an.
    »Eigentlich«, begann er bedächtig, »geben uns die Kürzel keinen Hinweis auf einen Betrug, oder? Wir können aus ihnen nur schlussfolgern, dass

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