Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler
Vom Netzwerk:
wissen wir das?«
    Fanni sagte es ihm.
    »Wie schon angenommen«, resümierte Sprudel, »wird Klein als Täter nicht herhalten. Aber weil Marco gern Nägel mit Köpfen macht, will er auch noch die Alibis von Bene und Olga überprüfen. Der alte Klein soll nämlich den Pfarrer deshalb erschlagen haben, weil es Ärger wegen der Taufe von seinem Enkel gab. Marco fragte sich, ob die Abfuhr, die der Pfarrer den Kleins in dieser Sache erteilt hat, nicht eher ein Motiv für die Eltern des Kindes gewesen wäre.«
    »Olga war mit dem Alten beim Zahnarzt, und Bene hat dem Tierarzt dabei geholfen, Resi von einem Stierkalb zu entbinden«, antwortete Fanni trocken.
    Sprudel verbeugte sich. »Meine Verehrung, Miss Marple.«
    »Marco Liebig und seine Leute werden eine Menge zu tun bekommen«, fuhr Fanni fort, »wenn sie bei jedem, der eine Auseinandersetzung mit dem Pfarrer gehabt hat, das Alibi überprüfen wollen. Da wäre noch Jonas Böckl beispielsweise. Bei ihm verhält es sich gerade umgekehrt: Pfarrer Winzig hat sich geweigert, Jonas’ Kind zur Taufe in einem anderen Sprengel freizugeben.«
    Sprudel verdrehte die Augen himmelwärts, und Fanni schmunzelte. Denkt er, was ich denke?, fragte sie sich. Herrgott, schau dir doch mal an, wie deine Angestellten schachern und agitieren?
    Sie kam nicht dazu, es herauszufinden, weil Sprudel sagte: »Marco muss nach jedem Strohhalm greifen, jede noch so winzige Spur verfolgen. Der Tatort selbst gibt gar nichts preis – keinen Schimmer vom Täter, keinen Schatten einer Tatwaffe.«
    »Rund mit einer Zacke dran«, murmelte Fanni, »ein Stein?«
    Sprudel schüttelte den Kopf. »In der Wunde fanden sich keine Rückstände. Die Tatwaffe muss sehr glatt gewesen sein – glatt und von der Zacke abgesehen gerundet wie ein Ei aus Stahl.«
    »Ein Stahlei«, wiederholte Fanni, »mit einer Zacke dran.« Sie rieb sich mit beiden Handflächen übers Gesicht. »Was soll das für ein Gegenstand sein?«
    »Das fragt sich Marco auch«, antwortete Sprudel. »Er hat ein ganzes Blatt voller Skizzen gemalt – allesamt abstrakte Skulpturen.«
    »Skulpturen«, wiederholte Fanni. Sie blickte aus dem Fenster den Wolkengebilden nach, die der Ostwind vor sich hertrieb.
    Erst jetzt bemerkte sie, dass es in der Hütte kälter geworden war. Hatte Sprudel kein Holzscheit mehr nachgelegt? Sie sah ihn an. Er lächelte ein wenig trübselig und sagte leise: »Es ist schon spät, Fanni.«
    »Wie spät?«, fragte Fanni. Sie hatte mittags, nachdem Hans Rot in sein Büro zurückgefahren war, das Haus so überstürzt verlassen, dass ihre Armbanduhr, ihr Schal und ihr Portemonnaie liegen geblieben waren.
    »Halb fünf«, antwortete Sprudel.
    Fanni sprang auf. »Wenn ich den Hügel hinunterrenne«, sagte sie eilig, »schleunigst in den Wagen hüpfe und ein wenig schneller fahre als sonst, dann könnte ich noch vor Hans zu Hause sein.«
    Sie schlüpfte in ihre Wanderschuhe. Sprudel schnürte seine bereits zu.
    »Ich begleite dich«, bestimmte er, »und komme dann noch mal zurück, mach den Abwasch und lösch die Glut.«
    Bevor sie widersprechen konnte, schob er sie aus der Tür und schloss ab.

12
    In der Nacht von Montag auf Dienstag schlief Fanni gar nicht gut. Zuerst lag sie lange wach, und als der Schlaf endlich kam, brachte er beklemmende Illustrationen mit. Bilder von Kugeln aus Stahl – mit Stacheln gespickt wie römische Morgensterne, mit einem Kranz aus spitzen Zacken wie der Kopf der Freiheitsstatue, mit einem einzigen riesigen Zinken wie bei einem Schwertfisch.
    Gegen halb vier verschwammen die Zerrbilder und schufen Raum für einen lang gezogenen Ton. Er schmerzte in den Ohren. Davon wachte Fanni auf.
    Stille.
    Plötzlich setzte das Heulen wieder ein. Es gehörte zur Feuerwehrsirene.
    Hans Rot wälzte sich aus dem Bett und reckte den Hals aus dem Fenster.
    »Nichts zu sehen«, hörte Fanni ihn murmeln. Er schlurfte aus dem Schlafzimmer in Richtung Küche.
    Hans Rot würde nun aus sämtlichen Fenstern gaffen und alle vier Himmelsrichtungen nach einem Feuerschein absuchen.
    Voyeur.
    Dein Mann legt eben Interesse für seine Mitmenschen an den Tag! Nur eine Soziopathin kuschelt sich unters Plumeau, wenn dem Nachbarn das Dach überm Kopf wegbrennt.
    Hans kam zurück und kroch unter die Bettdecke.
    »In Erlenweiler tut sich nichts«, brummte er, »in Birkdorf und in Buchenweiler auch nicht. Das Feuer muss hinter den Hügeln ausgebrochen sein. Altfleck oder Birkenweiler, in einem von den beiden brennt es.«
    Fanni

Weitere Kostenlose Bücher