Milchschaum
bisschen wehmütig. »Ich mag es sehr, Fanni. Und ich möchte, dass es unser geheimer Rückzugsort bleibt. Darum ziehe ich morgen früh wieder aufs Saller-Anwesen. Die Leute aus Birkenweiler würden sehr bald wissen wollen, wo ich die Abende und die Nächte verbringe. Sie müssten nicht lange suchen.«
Fanni nickte. Sprudel hatte recht. Es war klüger, keine Aufmerksamkeit auf die Hütte zu lenken.
»Tagsüber muss ich ab morgen sowieso im Anwesen verfügbar sein«, fuhr Sprudel fort. »Die Handwerker, die den ramponierten Außenputz erneuern, wollen anrücken, und den Klempner hab ich auch bestellt. Er soll sich die Rohrleitungen im ganzen Haus einmal ansehen.«
»Es wird also ernst mit dem Renovieren«, stellte Fanni fest. Dann sagte sie mahnend: »Du warst also heute Morgen auf dem Weg zum Saller-Anwesen …«
»Richtig, das war ich.« Sprudel fiel wieder ein, was er eigentlich erzählen wollte. »Als ich in Birkenweiler ankam, bin ich gleich zum Bäcker gegangen. Ich wollte …«
Er schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Ich hab sie stehen lassen. Ich hab die böhmischen Golatschen, die ich beim Bäcker für uns gekauft habe, auf dem Tisch in meinem Wintergarten stehen lassen.«
»Verspeisen wir morgen«, beschwichtigte ihn Fanni. Und dann sah sie den Zusammenhang. »Olga beliefert den Bäcker von Birkenweiler mit böhmischen Spezialitäten! Daher die Zimtnudeln gestern.«
Sprudel nickte. »Olga und Ivo haben gerade die Golatschen gebracht, als ich bei der Bäckerei ankam. Sie hat mich erkannt.«
»Woher sollte Olga dich kennen?«, fragte Fanni erstaunt.
»Sie hat sich schlapp gelacht, als ich sie das gefragt habe«, antwortete Sprudel. »›Frau Fanni und Herr Sprudel haben herausgefunden, wer die Mirza erschlagen hat‹, das bekommen Olga und Ivo vom alten Klein jeden Tag quasi als Nachtgebet vorgetragen. ›Der Bauer verehrt Frau Fanni und Herrn Sprudel wie andere Maria und Josef‹, sagt Olga, und den Herrn Sprudel habe er ihr so genau beschrieben, dass sie inzwischen jede Falte an ihm kennt.«
Fanni prustete laut.
»Olga wusste sogar, dass ich das Saller-Anwesen geerbt habe. Die Kleins haben aber mit niemandem darüber gesprochen. Das hat der Alte so angeordnet. ›Die Frau Fanni und der Herr Sprudel legen gewiss keinen Wert drauf, dass die Geschichte von damals noch mal aufgekocht wird und die Leut sich wieder das Maul über sie zerreißen. Die Birkdorfer meinen zwar, sie sind die ganz Schlauen, aber dass der Saller-Erbe Sprudel dieser Kommissar Sprudel von damals ist, darauf kommen sie nicht. Hab jedenfalls noch nichts verlauten hören. Und wir sind die Letzten, die sie drauf bringen werden‹, so hat der Bauer gesagt.«
Fanni war gerührt. Der alte Klein wollte sie beschützen. Sie musste blinzeln, als wäre ihr etwas ins Auge geraten.
»Der alte Klein überrascht mich immer wieder. Gibt sich wie ein Sklaventreiber und ist in Wirklichkeit feinfühlig wie Santa Benigna.«
»Harte Schale, weicher Kern«, meinte Sprudel.
»Borstige Schale«, berichtigte Fanni. Dann sagte sie: »Olga hat dir wohl Hilfe angetragen.«
»Sie hat mich gefragt, wie ich zurechtkomme, so ganz allein auf dem Anwesen. Da hab ich ihr halt erzählt, dass es alles Mögliche zu tun gibt, dass ich aber jetzt nach dem Brand erst einmal sauber machen müsste.« In Sprudels Gesicht zeigten sich noch Spuren vormaligen Erstaunens, während er weiterredete: »Mir hat es für eine ganze Weile die Sprache verschlagen, als Olga sagte, sie müsse zwar jetzt nach Hause zurück, aber in spätestens einer Stunde wolle sie kommen und mir beim Putzen helfen. Natürlich habe ich versucht, das Angebot höflich abzulehnen, aber sie hat mich nicht zu Wort kommen lassen. Und dann hat sie noch gesagt, ich würde ihr wirklich einen Gefallen tun, wenn ich sie ein bisschen von dem, was sie mir schuldet, abtragen ließe.«
»Zu schulden glaubt«, warf Fanni ein.
Sprudel nickte. »So habe ich das auch richtiggestellt. Bloß Olga hat es nicht gelten lassen. Und so kam es, dass wir den halben Tag gemeinsam geputzt und gefegt und aufgeräumt haben. Am Ende stand ein Riesenkarton voll mit ausrangiertem Kram im Flur.«
»Auf dem Klein-Hof hat Olga neulich die Schlafkammer vom Bauern ausgemistet«, berichtete Fanni. »Platz schaffen scheint ihr Hobby zu sein.«
»Ivo hat mir erzählt, was er und seine Mutter aus dem Schlafzimmer des Alten alles rausgeholt haben«, sagte Sprudel.
Fanni fielen die Kartons ein, die bei Kleins in der
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