Milchschaum
sein.
»Ich nehm den Weg über die Klein-Wiese«, sagte Elsie. Sie bedankte sich bei Fanni für den Latte macchiato und steuerte auf den Komposthaufen zu, neben dem ein flacher Trittstein den Durchschlupf zur Klein-Wiese erleichterte.
Frau Praml sah ihr nach. »Das hat sie einfach mal gebraucht, die Elsie. Sie hat sich ausweinen müssen.«
Ihr Sohn wird davon bestimmt nicht vernünftiger!
»Wissen Sie, Frau Rot«, fuhr Frau Praml fort, »ich hab mir schon Sorgen gemacht um die Elsie. Rosie sagt, seit dem Tod des Pfarrers ist sie schier nicht mehr zurechnungsfähig. Gut möglich, dass sie sich zu Sachen hinreißen lässt …«
Sagt Rosie Hübler, Lauschohr und Luchsauge!
»Ich hab das zuerst nicht so ernst genommen«, sprach Frau Praml weiter, »aber neulich hab ich Elsie zu Hause abgeholt – wissen Sie, Frau Rot, wir hatten Rosenkranzandacht in der Buchenweiler Kapelle –, und da hab ich in ihrem Vorhaus einen Kerzenständer gesehen, einen mit einer schwarzen Kerze darin. Das hat mir keine Ruhe mehr gelassen. Andererseits kann ich mir einfach nicht vorstellen …«
Natürlich nicht. Wer ist schon so blöd, das Corpus Delicti im eigenen Vorhaus auszustellen!
»Ich glaube, Sie müssen sich nicht aufregen, Frau Praml«, sagte Fanni. »Elsie kann die Brä… kann den Brand beim Saller-Anwesen gar nicht gelegt haben, dazu ist sie viel zu ängstlich.«
Frau Praml nickte, während sie sich zum Gehen wandte. »Ja, Elsie hätte jemanden dazu gebraucht, jemanden mit Rückgrat.«
Als Fanni ins Haus zurückkehrte, stand Leni in der Küche und plünderte den Kühlschrank.
Fanni öffnete das Gemüsefach. »Karotten?«
»Zwei.«
Fanni legte noch eine Zitrone und drei Tomaten zu den Karotten. Auf der Anrichte befanden sich schon Käse, Quarkaufstrich, Räucherschinken und Brot. Fanni packte alles in eine Tasche aus Isoliermaterial.
Das Kühlschrankplündern war lieb gewonnene Tradition. Während der Studienzeit hatte Fanni ihre Zwillinge immer mit Lebensmitteln für eine ganze Woche versorgt, sooft sie nach Hause gekommen waren, und sie hatte damit auch noch weitergemacht, nachdem beide schon einen Doktortitel hatten.
»Höchste Zeit, loszufahren«, sagte Leni. »Morgen in aller Frühe muss ich ins Labor. Versuchsreihen nehmen es einem echt übel, wenn man sich zu wenig um sie kümmert.«
Sie nahm Fanni die Tasche ab, wandte sich in Richtung Flur und drehte sich dann wieder zu ihrer Mutter um. »Sprudel hat nicht gewagt, sich hier zu melden, weil er nicht wusste, ob Papa schon zurück ist. Er bittet dich, ihn morgen über sein Handy anzurufen. Er wird den ganzen Tag auf der Hütte sein.«
»Was …«, begann Fanni.
Lenis Antwort kam, bevor sie weiterreden konnte. »Instandsetzungsarbeiten.« Als sie Fannis argwöhnischen Blick auffing, stellte sie die Tasche zurück auf die Anrichte und legte den Arm um ihre Mutter. »Der Schaden ist nicht allzu groß«, erklärte sie. »Das Klohäuschen ist zwar komplett abgebrannt, aber die Wand, an die es angebaut war, steht solid da. Die Bohlen sind nur außen ein wenig angekohlt. Innen waren sie voll Ruß, aber den habe ich heute schon abgewaschen. Die Wand wird halten, sagen beide Männer. Zwischen den Bohlen haben sich allerdings Klüfte gebildet, sodass es durchzieht. Deshalb will Sprudel außen Styroporplatten anbringen und sie mit Holz verkleiden. Und wenn Marco mal ein paar Tage freihat, wollen die zwei zusammen ein neues Klohäuschen bauen.«
Leni kam Fannis Protest zuvor: »Das wird Spaß machen, sagt Marco.« Sie nahm die Tasche wieder auf, grinste Fanni an und kam erneut ihrer Frage zuvor: »Am Freitag stehe ich hier wieder auf der Matte. Bevor Marco zu mir nach Nürnberg kommen kann, und sei es auch bloß für ein Wochenende, müssen der Brandstifter und derjenige, der Pfarrer Winzig erschlagen hat, hinter Schloss und Riegel sitzen.«
18
Drinnen ließ sich der Hütte kaum anmerken, dass sie zwei Tage zuvor in Gefahr geraten war, abzubrennen. Leni hatte sauber gemacht und den versengten Stoff von den Borden entfernt. Außen hatte Sprudel bereits Styroporplatten befestigt, sodass der frische Wind, der schon wieder wehte, kein Schlupfloch fand.
Sprudel und Fanni saßen sich in den Sesseln gegenüber. Sprudels Armbanduhr, die er auf dem Fensterbrett abgelegt hatte, bevor er zum Brunnen gegangen war, um sich die Hände zu schrubben, zeigte Montag, den 17. März, vierzehn Uhr an.
Fanni hatte Apfelstrudel mitgebracht. Sprudel machte sich heißhungrig darüber
Weitere Kostenlose Bücher