Miles Flint 01 - Die Verschollenen
erzählt. Wollen Sie, dass ich das überprüfe?«
Er nickte.
DeRicci berührte ihren Link und murmelte ein paar Worte hinein, während Flint seine Akten durchging.
Nur ein Verschwindedienst hatte dieses Raumjachtmodell erworben, aber dieser Dienst hatte gleich eineganze Flotte zum Discountpreis erstanden, als die Schwachstellen des Modells offensichtlich geworden waren.
Disappearance Inc. Flint starrte den Namenszug eine halbe Ewigkeit lang schweigend an. Über die Jahre hinweg hatte er immer wieder gehört, Disappearance Inc. sei ein angesehenes Unternehmen. So etwas war nicht bei allen Verschwindediensten der Fall, und diejenigen, die das nicht waren, blieben normalerweise auch nicht lange im Geschäft.
Aber Disappearance Inc. war einer der ältesten und besten Dienste, und einer der teuersten dazu. Jeder im Sonnensystem wusste das.
Flint forderte mehr Informationen über Disappearance Inc. an, die Art, die öffentlich zugänglich war. Die Geschichte des Unternehmens, die Vorgehensweise, die Art, auf die sie gesetzlichen Fallstricken aus dem Weg gingen – er überflog alles, bis er fand, wonach er suchte.
Vor sechs Monaten war Disappearance Inc. verkauft worden. Das Unternehmen hatte neue Eigentümer, die öffentlich hatten verlauten lassen, sie würden den Dienst modernisieren.
»Er sagt, sie hat einen der üblichen Dienste beauftragt«, berichtete DeRicci.
»Welchen?«, fragte Flint, obwohl er die Antwort schon kannte.
»Disappearance Inc.«
Er nickte und erzählte ihr, was er herausgefunden hatte. »Mir gefällt das nicht. Ekaterina Maakestad … Das ergibt einen Sinn. Sie ist eine neue Verschwundene, und theoretisch kann man das auch für die Opfer der Disty-Vergeltung sagen.«
»Aber Sie zerbrechen sich den Kopfüber die alten Kunden«, sagte DeRicci.
»Sie etwa nicht?«, fragte er.
DeRicci trat um den Schreibtisch herum, tippte einige weitere Schirme an und wühlte sich tiefer ins Datendickicht auf der Suche nach Informationen über Disappearance Inc. »Sehen Sie. Sie haben das Unternehmen aufgeteilt. Sie haben es auseinandergerissen und die Einzelteile verkauft.«
Flint atmete hörbar aus. »Einschließlich der Datensätze.«
»Da holen Sie Ihr Geld vermutlich am schnellsten wieder rein«, sagte sie. »Denken Sie nur, wie viel allein die Disty für Informationen über die neue Identität eines verurteilten Verbrechers zu zahlen bereit wären.«
»Ganz zu schweigen von den Rev und den Wygnin.«
»Und einem halben Dutzend anderer.« DeRicci stützte sich schwer auf den Schreibtisch.
»Sie verkaufen immer nur einen Datensatz nach dem anderen«, stellte Flint fest.
»So machen sie mehr Profit«, erklärte DeRicci. »Wenn sie zu den weniger wertvollen Fällen vorstoßen, werden sie sie alle auf einmal verkaufen.«
Flint drehte sich der Kopf. Er wusste nicht, wann er zum letzten Mal eingeatmet hatte. »Wie viele Klienten werden die wohl über die Jahre hinweg gehabt haben?«
DeRicci zuckte mit den Schultern. »Hunderte? Tausende? Sie sind schon ziemlich lange am Markt, und die meisten dieser Leute sind noch immer am Leben.«
»Leute«, wiederholte Flint. »Sind das alles Menschen?«
»Die meisten. Wir sind diejenigen, die die Verschwindedienste erfunden haben. Die anderen Kulturen mischen sich entweder gar nicht ein, oder sie haben andere Gesetze.« DeRicci starrte den Monitor an.
Flint konnte ihr Spiegelbild in der klaren Oberfläche sehen. Ihre Augen sahen gehetzt aus, verfolgt. Er fragte sich, wie er selbst aussah. Hunderte, vielleicht Tausende von Leuten.
Viele von ihnen hatten Kinder. Viele von ihnen waren den Wygnin in die Quere gekommen.
»Wissen Sie, was das bedeutet?«, fragte sie. »Wir werden im Hafen mit neuen Fällen dieser Art überschwemmt werden, noch mehr Leute wie diese armen Eltern – Jahre haben sie mit ihren Kindern verbracht, sind lest in ihrem neuen Leben verankert, und dann werden sie von den Leuten verkauft, denen sie vertraut haben.«
Aus seiner Übelkeit hatte sich ein Kloß im Bauch entwickelt. Flint war nicht überzeugt davon, dass er imstande wäre, Ennis den Wygnin zu übergeben. Umso weniger konnte er sich vorstellen, dieses Szenario wieder und wieder mit Dutzenden von anderen Kindern durchzustehen, deren Eltern sich auf dem Mond alle sicher glaubten.
Flint zwang sich zu einem tiefen Atemzug. »Es ist nicht illegal.« Aber er wünschte, das wäre es.
»Es ist brillant«, sagte DeRicci. »Grausam und brillant.«
Flint berührte den Bildschirm und
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