Miles Flint 01 - Die Verschollenen
wissen, dass wir hier sind«, sagte Dylani, während sie Ennis sanft den Rücken klopfte. Sie drehte den Kopf zu Ennis, dessen Geschrei vermutlich noch auf der Straße zu hören war.
Jamal wusste, dass sie Recht hatte. Es gab nichts, was er noch tun konnte. Irgendwie hatte er gedacht, sie würden ihm mehr Zeit lassen. Er würde imstande sein, eine Lösung zu finden und am Ende nicht mit dem Gefühl dastehen, weiter nichts geleistet zu haben als zu bitten.
Aber seine Zeit war abgelaufen.
Ennis’ Zeit war abgelaufen.
Jamal öffnete die Tür. Flint, der Detective, der sie zu Ennis gebracht hatte, stand draußen.
»Jetzt schon?«, fragte Jamal.
Flint antwortete nicht darauf. Stattdessen fragte er: »Darf ich reinkommen?«
Jamal wollte nein sagen. Er wollte die Tür schließen und sein Kind verstecken, aber er tat es nicht. Er trat zur Seite und ließ den Mann, der ihm sein Baby wegnehmen würde, ins Hotelzimmer.
»Ich muss dieses Gespräch aufzeichnen«, sagte Flint. »Sie haben hoffentlich nichts dagegen.«
Jamal zuckte mit den Schultern. Ennis weinte immer noch. Sein Jammern würde auf jeder Aufzeichnung das dominante Geräusch sein, nicht, dass das noch etwas ausgemacht hätte. Die Beamten wollten das Gespräch vermutlich nur für den Fall aufzeichnen, dass irgendetwas schief ging.
»Nur zu.« Dylani klang resigniert. Aber sie umfasste Ennis so fest, dass der Junge anfing, sich abwehrend zu krümmen.
»Ich habe ein paar Fragen bezüglich einer anderen Untersuchung, an der wir derzeit arbeiten«, sagte Flint.
Jamal schüttelte kaum merklich den Kopf. Für einen Moment war er nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. »Was?«
»Ich arbeite an einer anderen Untersuchung, die mit dieser in Zusammenhang steht, und würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
»Was ist los?«, fragte Dylani. »Wie kommt es, dass ihr Leute dauernd denkt, wir wären in Verbrechen verwickelt, mit denen wir nichts zu tun haben?«
»Mir geht es nur um Informationen, Ma’am.« Flints Stimme klang ruhig, ganz anders als die des Mannes, der sie gewarnt hatte, es könne eine dumme Idee sein, ihren Sohn noch einmal sehen zu wollen.
Jamal hatte das merkwürdige Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Langsam wich er zum Fenster zurück. Er wollte hinausblicken, um nachzusehen, ob die Wygnin dort unten waren.
»Der Fall, an dem ich arbeite«, erklärte Flint, »hat mit Disappearance Inc. zu tun. Wie es scheint, wurde das Unternehmen vor einigen Monaten verkauft, und die neuen Eigentümer haben beschlossen, die Daten der verschwundenen Klienten für einen guten Preis zu offenbaren. Wir hatten wegen dieser Sache in den letzten paar Tagen eine Menge Ärger.«
Jamal erstarrte. Also so war das passiert. Sein Blick traf Flints, und Flint wandte sich rasch ab. Tatsächlich bewegte sich Flint so, dass Dylani Jamals Gesicht nicht sehen konnte.
»Und?«, fragte Dylani, ohne irgendetwas von der Reaktion ihres Mannes wahrzunehmen.
»Da draußen gibt es einen ganzen Haufen nicht vertrauenswürdiger Firmen«, sagte Flint. »Das macht meine Arbeit leichter und schwerer zugleich. Ich befürchte, dass dergleichen wieder passieren könnte. Sie verstehen nicht, welche Probleme wir in den letzten paar Tagen durchstehen mussten, und sollte es noch einen weiteren Verschwindedienst mit mangelnder Ethik geben, na ja, dann haben wir ein langes Jahr vor uns.«
Jamal hielt die Luft an.
»Was versuchen Sie uns zu fragen?« Dylanis Stimme hatte einen Unterton, den Jamal noch nie zuvor gehört hatte. Die Härte veranlasste Ennis, mit dem Weinen aufzuhören und sie anzusehen, als hätten ihre Worte ihm gegolten.
»Haben Sie je von Data Systems gehört? Das ist auch ein Verschwindedienst und so weit ich es beurteilen kann, der einzig ethisch verlässliche Dienst, der übrig ist. Manche der anderen Dienste haben Kontakt zu Leuten gesucht, die Schwierigkeiten mit irgendwelchen Aliens hatten, aber Data Systems wartet immer darauf, dass die Leute zu ihnen kommen. Sie scheinen derzeit die Einzigen zu sein.«
Flint erzählte ihnen gerade, wo sie Hilfe finden würden. Das tat er doch, oder? Jamal war vollends durcheinander.
»Ich habe noch nie von Data Systems gehört«, sagte Dylani. »Hast du, Jamal?«
Nun endlich drehte sie sich zu ihm um, und etwas in seinem Gesicht ließ sie innehalten. Ihr Blick wanderte von ihm zu Flint und wieder zurück zu ihm.
»Was in …?«, fing sie an, aber Jamal trat zu ihr und legte ihr einen Finger auf die Lippen, was
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