Miles Flint 01 - Die Verschollenen
erzählt. Nicht über den Link. Wir müssen dorthin, Jamal. Sofort.«
Er nickte, immer noch mit Grauen. Es war noch nicht vorbei. Alles, was sie hatten, war ein kurzer Aufschub.
Und sogar der mochte sich noch als verkappter Fluch erweisen.
9
F lint ging auf den Korridor hinaus, um nachzusehen, wer außer ihm noch im Büro arbeitete. Normalerweise erledigten die Detectives nur einen sehr kleinen Teil ihrer Arbeit innerhalb der Unit. Sie hinterließen Memos für die Hilfskräfte, auf dass die irgendwelchen Dingen folgen sollten, um hernach die Arbeit der Assistenten als ihre eigene auszugeben.
Sechs Detectives archivierten Berichte und nutzten das System zu irgendwelchen Arbeiten. Flint nickte ihnen im Vorübergehen zu. Sechs Detectives stellten einen großen Prozentsatz der Abendschicht dar. Damit hatte er nicht gerechnet.
Andererseits arbeiteten die meisten weit genug von ihm entfernt. Sie würden nicht sehen, was er tat, und sollten sie doch etwas davon mitbekommen, würden sie sich vermutlich keine Gedanken darüber machen.
Er ging zu dem Arbeitsplatz eines Assistenten, nicht weit von seinem Büro entfernt. Als Raumpolizist hatte er gelernt, dass die beste Möglichkeit, ein System zu missbrauchen, darin bestand, es mit einem fremden Passwort am Arbeitsplatz einer dritten Person zu tun. Auf diese Weise würde, sollte jemand es für notwendig halten, die Arbeitsvorgänge zu überprüfen (was so oder so nicht allzu häufig passierte) das Passwort einer Person gefunden werden, die nicht im Hause war, eingegeben am Arbeitsplatz einer weiteren Person, die ebenfalls nicht im Hause war – zumindest gemäß den Handabdruckaufzeichnungen an der Eingangstür.
Flint würde niemanden in Schwierigkeiten bringen und gleichzeitig seinen eigenen Arsch bedeckt halten, während er sich die Informationen holte, die er für seine Ermittlungen brauchte.
Er aktivierte den Schirm und gab das Passwort einer Juniorassistentin ein, einer Frau, die dumm genug war, ihre Initialen zu benutzen – alle fünf. Ihr Passwort gefiel ihm am besten, weil er es sich so leicht merken konnte, aber die meisten Assistenten hatten einfache Passworte. Sie benutzten Geburtstage, Zweitnamen oder die Namen von Kindern. Jene Assistenten, die den Anweisungen des Departments Folge leisteten und eine zufällig generierte Nummer benutzten, versteckten diese häufig in ihrem Schreibtisch. Keine dieser Vorgehensweisen bot einen guten Schutz für die Hilfskräfte, und Flint hatte diesen Vorteil mehr als nur einmal ausgenutzt – und er hatte DeRicci nie ein Wort davon erzählt.
Er wusste, was der forensische Bericht über die drei Toten aussagte; also rief er ihn nicht noch einmal ab. Eine der vielen Sachen, die in dem Bericht als geheim eingestuft worden waren, war die DNA der Opfer.
Die Ermittlungsbehörden durften die DNA nicht für Identifikationszwecke nutzen, solange andere Möglichkeiten zur Identifikation vorhanden waren. Und selbst wenn es keine derartigen Möglichkeiten gab, waren die rechtlichen Irr- und Umwege enorm, die nötig waren, um eine DNA-Identifizierung genehmigen zu lassen. Es hätte Flint mit Sicherheit eine Woche gekostet, die Erlaubnis zu erhalten, die DNA dieser drei Opfer für die Identifizierung einzusetzen, wären die Forensiker nicht imstande gewesen, ihre Daten zu ermitteln.
Aber die Forensiker hatten die Daten ermittelt; also blieb ihm der Zugriff auf die DNA verwehrt – zumindest auf legalem Wege.
Wie dem auch sei, diese Identifizierung würde ihm vermutlich viel mehr verraten als die Identitätschips. Die Disty kannten keine derartigen Gesetze gegen die Verwendung der DNA-Identität. Vermutlich war ihnen auch niemals in den Sinn gekommen, dass es auf dem Mond derartige Regeln geben könnte.
Flint würde die Frage der Legalität für den Augenblick schlicht ignorieren.
Er öffnete die Datei mit dem HazMat-Bericht, die ebenfalls an diesem Nachmittag gespeichert worden war. HazMat war verpflichtet, alle Substanzen in dem Bericht aufzuführen, die in einer potentiell kontaminierten Umgebung gefunden wurden – DNA eingeschlossen. In diesem Fall hatten sie das Blut aller drei Opfer benutzt und auf Kontaminationen untersucht, Viren, Bakterien, Mikroorganismen und andere Dinge, die sich in Kuppelstädten wie denen auf dem Mond schnell verbreiten konnten.
Flint überging den größten Teil der Informationen über die Blutuntersuchung und suchte gleich nach der wichtigsten Information: den DNA-Identifizierungen. Er
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