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Miles Flint 01 - Die Verschollenen

Miles Flint 01 - Die Verschollenen

Titel: Miles Flint 01 - Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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ein paar Polizeiflugwagen in der schmalen Straße. In diesem Teil von Gagarin besaßen die Leute keine eigenen Fahrzeuge. Sie benutzten die öffentlichen Transportmittel.
    Die Wagen waren leer, die Polizisten mit der Suche beschäftigt. Sie hatten die Fahndung sofort aufgenommen, als sie angerufen worden waren. Die einzige Person im Haus musste Dylani sein. Eine Polizistin hatte angeboten, ihr Gesellschaft zu leisten, ebenso wie einige ihrer Freunde, aber Dylani hatte nichts davon hören wollen.
    Sie wollte sich dieser Sache allein stellen, ohne Anteilnahme, ohne Mitleid.
    Der einzige Grund für sie, zu Hause zu bleiben, war die winzige Chance, dass Ennis von allein zurückkommen könnte. Oder dass jemand das Haussystem anwählen könnte, statt sie oder Jamal direkt zu kontaktieren. Jamal wusste, dass sie mit einer Lösegeldforderung rechnete – nicht, dass sie dem hätten nachkommen können. Sie hatten kaum genug Geld, jede Woche Lebensmittel zu kaufen, und er hatte keine Ahnung, wie sie es hätten fertigbringen sollen, ein Lösegeld für ihren Sohn zusammenzukratzen.
    Aber die Wygnin würden so oder so niemals Lösegeld fordern. Das stand absolut außer Frage. Noch so eine Sache, die er ihr würde erklären müssen.
    Auf dem kleinen Streifen Schmutz, den sie ihren Vorgarten nannten, waren Dutzende von Fußabdrücken zu sehen. Jamal hatte dort nichts angepflanzt, nicht, weil er sich nicht zugetraut hätte, einen Wüstengarten zu pflegen – das hätte er gekonnt –, sondern weil die meisten Pflanzen in derartigen Gärten spitze Dornen hatten und für Kinder ganz und gar nicht empfehlenswert waren.
    Jamal stieg die einzelne Stufe empor und stieß die Vordertür auf. Sie war nicht verriegelt worden.
    Im Haus roch es noch immer nach rekonstituiertem Fleisch, Knoblauch und Tomatensoße. Der Tisch war noch gedeckt, doch jetzt boten die Weingläser einen traurigen Anblick, Erinnerungen an einen ruhigen Abend, der nie stattgefunden hatte, an ein normales Leben, das vielleicht nie wieder normal sein würde.
    Jamal hörte einen erstickten Laut, leise, unbestimmt. Hoffnung regte sich in ihm – Ennis? –, und dann erkannte er, dass dieser Laut erwachsen klang.
    Jamal rannte durch den Wohnbereich zu seinem Schlafzimmer. Dylani saß auf dem Bett. Sie schluchzte und versuchte, die Geräusche zu unterdrücken, indem sie den Mund geschlossen hielt und die Hände vors Gesicht geschlagen hatte.
    Jamal blieb auf der Schwelle stehen. Er fürchtete sich, auch nur einen Schritt weiterzugehen, fürchtete sich vor dem, was sie wusste oder was vielleicht ans Licht gekommen war.
    Vielleicht hatte die Polizei Ennis gefunden und Dylani wusste es und hatte alle hinausgescheucht, um allein zu sein.
    »Dylani?«, fragte er.
    Sie blickte auf, das Gesicht rot und verquollen, die Haut von Tränen nass. »Jamal.«
    Sie stand auf und wäre beinahe zusammengebrochen. Jamal ging zu ihr, fing sie auf und musste sie festhalten.
    »Sie haben ihn gefunden.«
    Sein Atem stockte. Sie hatten Ennis gefunden, und sie weinte. Es war schlimmer, als er gedacht hatte. Schlimmer als alles, was er sich hatte vorstellen können. Zumindest wäre Ennis irgendwo am Leben, hätten die Wygnin ihn geholt. Er wäre nicht mehr wirklich menschlich, aber er wäre am Leben.
    »Wo?«, fragte er und staunte, dass er das Wort über die Lippen gebracht hatte.
    »In der Armstrongkuppel«, antwortete Dylani. »Sie haben angerufen.«
    Damit hatte er nicht gerechnet. Jamal war so sehr auf das Schlimmste vorbereitet gewesen, dass es einen Moment dauerte, bis er ihre Worte verarbeitet hatte. »In der Armstrongkuppel? Wie ist er denn dahin gekommen?«
    »Die Grenzpatrouille hat ein Wygninschiff aufgehalten.« Ihre Stimme zitterte. »Was wollen die Wygnin bloß von Ennis?«
    Jamal war froh, dass er sie nicht ansehen musste, dass er sie in den Armen hielt und sie sein Gesicht nicht sehen konnte. »Sie haben Ennis den Wygnin abgenommen?«
    »Vorerst. Aber wir müssen uns beeilen. Wir müssen schnell dorthin, weil da irgendwas durcheinander gegangen ist.« Sie wich zurück und wischte sich mit der Hand übers Gesicht. »Tut mir Leid wegen der Tränen. Die Erleichterung …«
    »Was ist durcheinander gegangen?« Jamals Stimme klang schroffer denn je. Er konnte sich kaum noch beherrschen.
    Dylani wischte sich die Hand am Hosenbein ab, eine geistesabwesende Geste. Und sie musterte ihn, offensichtlich verwundert über seine Reaktion. »Ich verstehe das alles auch nicht. Sie haben mir nicht viel

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