Miles Flint 01 - Die Verschollenen
das er auf dem Sichtschirm gelassen hatte, nachdem er die Logbücher durchgesehen hatte. Es sah elegant und bedrohlich zugleich aus und kündete von nahendem Ärger.
Flint beugte sich vor und schaltete das Bild ab. Im Inneren des Cockpits summte etwas, irgendwelche Systeme, die nach wie vor aktiv waren, obwohl sie hätten abgeschaltet sein sollen – noch ein Beweis für eine laienhafte Landung. Ehe er das Schiff verließ, würde er die Systeme vom Computer überprüfen lassen und alles ausschalten, was nicht notwendig war.
Er war ein bisschen verwundert, dass HazMat das nicht bereits getan hatte, aber andererseits pflegten die so wenig anzurühren wie möglich, wenn ein Schiff in Terminal 5 landete. Sie wollten keine Beweise zerstören.
Und er auch nicht. Flint versuchte noch einmal DeRicci über ihren persönlichen Link zu kontaktieren und stellte fest, dass er immer noch blockiert war. Also meldete er sich im System des Polizeireviers an und programmierte es, eine Alarmmeldung auf DeRiccis Links zu schicken, sobald sie irgendein Regierungsgebäude betrat.
Er würde natürlich weiter versuchen, sie direkt zu kontaktieren, aber falls sie vergaß, die Sperre auszuschalten (was sie recht häufig tat), würde das Reviersystem die Blockade einfach übergehen.
Flint hoffte, das würde reichen, auch wenn er insgeheim fürchtete, dass es nicht genug war.
DeRicci hatte noch nie zuvor einen Wagen ächzen hören. Hinter ihr flammte Licht auf, und der Wachmann schrie. Sie befanden sich im dunkelsten Teil der Proscenium Arches, einem neuen Einkaufs- und Freizeitkomplex, den die Stadtregenten als unverzichtbar für das städtische Leben erachtet hatten – ein Komplex, der gegen ein halbes Dutzend Stadtverordnungen verstieß, eingeschlossen der Verordnung über eine Blockade der Kuppel. Rundherum waren keine anderen Fahrzeuge unterwegs.
Das Licht schoss auf DeRicci zu. Sie hatte ihre persönlichen Links blockiert, wie sie es immer tat, wenn sie fuhr; also konnte sie auf die Schnelle keinen Notruf abschicken. Stattdessen nutzte sie das Steuerungssystem des Wagens, um eine Botschaft an Street Traffic Control zu schicken, als das Licht zuschlug.
Energie raste durch die Systeme und verbrannte ihr die Finger. DeRicci schrie vor Schmerzen auf und riss die Hand zurück, als der Wagen ruckartig stehen blieb.
Die Fliehkraft trug sie nach vorn, presste sie in ihre Gurte. Für einen Moment fürchtete sie, die Gurte würden nicht halten; dann wurde ihr klar, dass der Wagen einen Salto machte und kopfüber in der Luft hing.
DeRicci spürte, wie sich die Gurte verdrehten, während sie noch immer nach vorn gepresst wurde; dann zwangen die Gurte sie, die Bewegung des Wagens mitzumachen, zur Seite, kopfüber und dann abwärts, bis sie mit einem lauten Donnern auf der Beifahrerseite landeten.
Wieder ächzte der Wagen, aber dieses Mal entstammte das Ächzen der synthetischen Außenhülle, die von der ungewöhnlichen Lage in Mitleidenschaft gezogen wurde. DeRicci hing nach wie vor auf dem Fahrersitz. Die Gurte hielten sie an Ort und Stelle fest.
Sie hatte noch nie zuvor einen Unfall erlebt. In die meisten Luftwagenunfälle waren Polizeifahrzeuge verwickelt, weil Polizisten normalerweise die einzigen Leute waren, die manuell steuerten; aber DeRicci war bisher lediglich viel später zu einem Unfallort gerufen worden, hatte Beweise untersucht und sich die Aufzeichnungen bei Street Traffic angesehen, um die Unfallursache und einen eventuellen Schuldigen zu ermitteln.
Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, und ihr Mund war wie ausgetrocknet. Es musste sie eine glatte Minute gekostet haben, sich zu erinnern, dass sie jemanden in ihrem Gewahrsam hatte.
Sie wollte zur Steuerung greifen, um den Wagen wieder aufzurichten, aber sie war zerstört. Unter ihr – auf der Beifahrerseite – stöhnte der Wachmann und legte eine Hand an den Kopf. Die Rückbank lag in tiefer Finsternis.
»Sind alle in Ordnung?«, fragte sie.
Niemand antwortete.
Ekaterina war in ihren Gurten gefangen. Ihre Hand, die noch immer die Laserpistole umklammerte, war hinter ihr eingeklemmt. Der Wachmann hatte ihr Hemd zerrissen und ihr die Haut am anderen Arm zerkratzt. Es schmerzte, aber zu ihrem Glück berührte er sie inzwischen nicht mehr.
Der Mann lag zusammengerollt wie ein Ball vor der Tür, bewusstlos oder tot. Er hatte seine Gurte abgenommen, als er sich auf sie gestürzt hatte – ein böser Fehler, denn genau in dem Augenblick hatte sich der Wagen auf’s
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