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Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Titel: Miles Flint 02 - Die Lautlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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mit wettergegerbter Haut und kurzem, dunklem Haar. Seine Augen waren rotgerändert, seine Mundwinkel herabgezogen. Erschien keine Spur des Selbstvertrauens zu haben, das DeRicci von jemandem erwartet hätte, der ein Unternehmen namens ›Extreme Enterprises‹ führte.
    »Kommen Sie rein«, sagte sie, als wolle sie ihn zum Tee einladen.
    Coburn sah sich zu dem Uni um, der ihn hergebracht hatte, als wolle er den Mann um Erlaubnis bitten. DeRicci fühlte ein Aufflackern von Ärger – immerhin war sie hier zuständig –, doch dann wurde ihr klar, dass Coburn es vermutlich schlicht nicht besser wusste.
    Coburn tat zwei zögerliche Schritte in den Raum, und der Uni schloss die Tür hinter ihm. Coburn wirbelte um die eigene Achse, als hätte ihn das Geräusch erschreckt, und DeRicci erkannte die durchtrainierte Schönheit in dieser plötzlichen Bewegung. Er trug ein leichtes T-Shirt und eine hautenge Hose, die offensichtlich dazu entworfen war, bequem unter einen Umweltanzug zu passen. Die Kleidung war nicht einmal verschwitzt. Entweder hatte er sich während der ersten fünf Marathonmeilen nicht allzu sehr bemüht, oder er war so gut in Form, dass er bis dahin einfach noch nicht ins Schwitzen geraten war.
    Oder vielleicht war er die ersten fünf Meilen auch gar nicht gelaufen.
    »Setzen Sie sich, bitte«, forderte DeRicci ihn auf.
    Coburn wandte sich von der Tür ab. Seine Muskeln waren drahtig, anders als die massigen Muskeln, die die Männer, die in Kuppelstädten trainierten, meist anhäuften. Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln, als er zu den Stühlen ging und sich auf einen davon fallen ließ, als würden seine Beine ihn nicht länger tragen können.
    »Ich bin Detective DeRicci«, stellte sie sich vor, »und ich bin für die Ermittlungen in diesem Fall zuständig. Ihre Befragung wird aufgezeichnet werden. Sie haben zu jeder Zeit das Recht, um Rechtsbeistand zu ersuchen. Verstehen Sie, was ich Ihnen soeben gesagt habe?«
    »Wird mir irgendetwas zur Last gelegt?« Coburns Stimme war tiefer, als sie angesichts seiner schmalen Gestalt erwartet hatte.
    »Derzeit nicht«, antwortete DeRicci. »Allerdings kann sich das ändern.«
    Er musterte sie. »Sie halten Janes Tod nicht für einen Unfall.«
    »Und Sie, Mr.. Coburn?«, fragte DeRicci.
    Er schürzte die Lippen und schüttelte vage den Kopf, eine Bewegung, die fast unbewusst erschien.
    »Ich muss Sie noch einmal fragen«, sagte DeRicci, »verstehen Sie die Umstände unserer Unterhaltung, wie ich sie Ihnen dargelegt habe?«
    Er nickte.
    »Sprechen Sie bitte laut, Mr.. Coburn.«
    »Ich dachte, Sie zeichnen sowieso alles auf.« Seine Worte waren scharf, sein Ton nicht. Er wirkte seltsam geistesabwesend, so wie es Menschen im ersten Stadium der Trauer oft waren.
    Ein Umstand, den DeRicci als interessant verbuchte. »Das tun wir, aber es ist immer besser, einen visuellen und einen auditiven Bericht zu führen.«
    Coburn grunzte, verschränkte die Arme vor der Brust und sackte auf dem Stuhl zusammen.
    »Mr.. Coburn?«
    »Ja«, sagte er. »Ich verstehe, und nein, ich möchte derzeit keinen Anwalt, aber ich werde mir das Recht vorbehalten, einen anzuheuern, sollten Sie anfangen, mich zu belästigen.«
    Seine Stimmung war sprunghaft, genauso launenhaft wie die meisten Menschen es im Anfangsstadium der Trauer waren. Aber Trauer befreite ihn nicht aus der Position eines Verdächtigen am Tod von Jane Zweig. DeRicci hatte schon viele Mörder erlebt, die in tiefe Trauer verfallen waren, als ihnen die Endgültigkeit ihrer Tat bewusst geworden war.
    Sie beschloss, die Sache sanft zu handhaben, und setzte sich zu ihm an den Tisch. »Soweit ich informiert bin, haben Sie die Leiche gefunden.«
    Er nickte. Dann schien er sich wieder in den Griff zu bekommen. »Ja.«
    »Erzählen Sie mir davon.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Jane war mir voraus, aber das war keine Überraschung. Sie ist gut bei so einfachen Wettkämpfen wie einem Marathonlauf, und sie hat Ewigkeiten bei niedriger Schwerkraft trainiert; also muss sie mit dem Mondmarathon gut zurechtkommen.«
    Er hatte anscheinend gar nicht bemerkt, dass er im Präsens von der Toten gesprochen hatte, und DeRicci hatte nicht die Absicht, ihn darauf aufmerksam zu machen. Aber sie würde es im Gedächtnis behalten. Immerhin hatte er einige Zeit mit der Leiche verbracht, und doch schien Jane Zweigs Tod für ihn immer noch nicht real zu sein.
    »Ich hatte einen guten Lauf, bis ich sie gefunden habe.«

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