Miles Flint 03 - Die Tödlichen
sich durchgehend am äußersten Bildrand auf.
DeRicci bekam eine Ahnung von Größe, von Schlankheit, sah einen dunklen Mantel und einen schwarzen Hut. Die Techniker hatten Notizen verfasst, die über die rechte Seite des Bildes liefen und verkündeten, dass sie vorhalten, die Bilder zu vergrößern, in der Hoffnung, die Erscheinung des Besuchers mit Hilfe eines Computermodells extrapolieren zu können.
DeRicci stieß einen leisen Seufzer aus. Das bedeutete, dass der Besucher an keiner Stelle wirklich gut zu sehen war, nicht aus dem Blickwinkel dieser Kamera. Sie warf einen Blick auf die Berichte, um nachzusehen, ob es auf diesem Flur noch weitere Überwachungskameras gab, fand aber keine. Dann widmete sie sich wieder der Person, die vor der Wohnungstür der Lahiris stand.
Er hatte sich vom Bildrand ins Zentrum bewegt. DeRicci fuhr die Aufnahme ein Stück weit zurück, sah zu, wie er zur Tür ging und konnte ein paar wenige Details ausmachen: eine blonde Locke, die das Licht einfing, ein Stückchen weißer Haut, lange Wimpern über blauen Augen.
Sie kannte nur einen Mann mit einer derartigen Farbkombination: Flint. Er war blond und ungewöhnlich hellhäutig. Die Menschen hatten sich über die Jahrhunderte so sehr vermischt, dass die vorherrschende Hautfarbe dunkler geworden war und hellhäutige Leute wie Flint eine Minderheit darstellten.
Nur eine Hand voll von ihnen lebte auf dem Mond.
Anderenorts gab es kleine Ansiedlungen von Hellhäutigen, und einige von ihnen hatten sich auf weit entfernte Planeten zurückgezogen, um ihr genetisches Erbe zu bewahren; aber diese Leute kehrten nur selten in den Raum zurück, den sie das Alte Universum nannten. Ihre Kultur war von der Allianz geächtet worden, und es gab nur sehr wenige von ihnen in diesem Sonnensystem. Weniger noch als Leute wie Flint.
DeRiccis Hand hatte sich zur Faust geballt und jagte stechende Schmerzen in ihren Arm, und sie musste sich zwingen, sich wieder zu entspannen.
Der Mann bewegte sich in die Bildmitte, als er der Kamera den Rücken zuwandte. DeRicci konnte Locke und Haut nicht mehr sehen. Nur breite Schultern, unter denen sich der Körper bis hin zu den dünnen Beinen verjüngte, ein Kopf, verborgen unter einem schwarzen Hut, und ein langer Mantel, der den überwiegenden Teil der übrigen Kleidung verhüllte.
Der Mann wusste offensichtlich, wo die Kamera war, und er hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um ihr aus dem Weg zu gehen. Vielleicht war das der Grund, warum die Techniker ihre Notizen angefügt hatten – sie wollten DeRicci davon überzeugen, dass sie sich bemühten, die Erscheinung des Mannes bloßzulegen, und gleichzeitig ihre Hände für den Fall eines durchaus wahrscheinlichen Misserfolgs in Unschuld waschen.
Eine Klingel ertönte von fern, und für einen Moment dachte DeRicci, es wäre wieder der Aufzug. Aber es war die Türglocke der Lahiris. Irgendwie hatte es der Mann geschafft zu klingeln, ohne seine Hand Sichtbarwerden zu lassen.
DeRicci nagte an ihrer Unterlippe und wünschte, sie könnte all das einfach verschwinden lassen, wünschte, das Leben selbst ließe sich genauso leicht zurückspulen wie diese Videoaufnahme.
Aber dem war nicht so, und so sah sie einfach nur zu, wie Dr. Lahiri die Tür öffnete. Die kantigen Züge der Ärztin machten einen munteren Eindruck.
DeRicci hasste es, die Opfer so zu sehen, wie sie zu Lebzeiten gewesen waren. Das machte sie zu Individuen und sorgte dafür, dass sie zu viel Gefühl für sie aufbrachte. Dennoch schaute sie wie gebannt zu, wie Lahiri zu sprechen anhob.
Kann ich Ihnen behilflich sein?
Was für eine seltsame Äußerung gegenüber einer Person, die an die eigene Tür gekommen war. Hätte sie ihn nicht gekannt, hätte sie wohl kaum die Tür geöffnet. Dass sie geöffnet hatte, deutete an, dass sie ihn gekannt hatte, und doch klangen ihre Worte, als würde sie mit einem Fremden sprechen.
Die Worte des Mannes wiederum klangen verzerrt – vermutlich absichtlich –, und DeRicci konnte keinen Ton verstehen. Die Worte waren durch irgendetwas verändert worden – irgendetwas an dieser Person? Oder etwas, das ganz einfach die Aufnahme in diesem Moment beeinträchtigte?
DeRicci schaute auf die durchlaufenden Kommentare der Techniker. Sie vermuteten eine Störung in der Datenübertragung. Für Mimi Lahiri hatte sich die Stimme anders angehört, wahrscheinlich sogar ganz normal. Die Verzerrung, die DeRicci hörte, war Teil der Aufnahme, hatte aber nichts damit zu tun, wie
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