Miles Flint 03 - Die Tödlichen
schickte sie einen Notruf über ihre Links und informierte die Behörden, dass dieser Mann – und viele andere – sterben könnte. Mit dem Notruf schickte sie ein Bild, das die zuständigen Leute darüber informieren würde, wie schlimm der Mann verletzt war und wie dringend er Hilfe brauchte.
Mehr Nachrichten schickte sie nicht. Stattdessen wandte sie sich der Menge zu – der Menge, die kämpfte, um Armstrong und die Allianz zu retten, der Menge, die für ihr neues Zuhause kämpfte.
Nitara konnte nicht mehr ins Kulturzentrum zurückkehren. Man würde sie nicht einlassen. Sie musste sogar warten, bis die Konferenz vorbei war, um ihre Küchenausrüstung abzuholen.
Und Döbryn war davongekommen. Nun konnte sie diesen Deppen, die beschlossen hatten, sich ihr Anliegen anzuhören, doch noch ihre Argumente vortragen.
Der Aufruhr mochte reichen, um die Öffentlichkeit aufzuhetzen, aber er würde nicht reichen, um diesen verknöcherten Botschaftern klarzumachen, dass sie die falsche Wahl für die Allianz treffen würden.
Aber Nitara hatte noch andere Fähigkeiten, welche ihr von nervösen Verwandten vermittelt worden waren, die befürchtet hatten, sie würde eines Tages nach Etae zurückkehren müssen. Andere Fähigkeiten, die ihr jetzt helfen konnten, sollte sie die passende Entscheidung treffen.
Falls sie denn imstande war, eine Entscheidung zu treffen, die sie einiges kosten würde. Ihre Freiheit, ihren guten Ruf. Vielleicht sogar ihr Leben.
Nitara strich dem Mann übers Haar, ehe sie die Hand hob. Ihre Finger waren blutverschmiert. Den Erinnerungen an Rituale folgend, die sie als Kind gelernt hatte, bemalte sie langsam und sorgfältig mit dem Blut ihr Gesicht.
36
T rotz des Aufruhrs erreichte Flint den Haien ohne Probleme. Er kannte sämtliche Nebeneingänge des Hafens – ein Vorzug, den er seiner Zeit als Raumpolizist verdankte –, und er kannte jeden einzelnen Angestellten. Ein alter Freund ließ ihn hinein.
Und die Tatsache, dass er ein Schiff in Terminal 25 unterhielt, trug ihm besondere Privilegien ein. Das war eines der vielen Dinge, die ihn dazu veranlasst hatten, die exorbitante Liegegebühr zu entrichten.
Während er zu seinem Schiff hastete, wurde ihm klar, dass er keine Schwierigkeiten haben würde, den Mond zu verlassen. Zwar waren die Straßen zum Hafen gesperrt worden, doch der Raumverkehr vom und in den Orbit verlief vollkommen normal.
Die Emmeline lag zusammen mit all den anderen Jachten reicher Leute in Terminal 25. Flint fiel es schwer, sich selbst als reich zu betrachten. Es fiel ihm sogar schon schwer, sich selbst als die Art Mann zu betrachten, die eine eigene Raumjacht besaß.
Aber die Emmeline war seine einzige Schwäche – und für sie scheute er keine Kosten. Er hatte sie nach seiner Tochter benannt, und irgendwie kreuzte sich die Zuneigung zu beiden in seinem Geist.
Terminal 25 war eines der größten Terminals, weil die dort liegenden Schiffe zu den größten Schiffen in Privatbesitz, zählten, die eine Zulassung zum Hafen von Armstrong erhalten konnten. Die Emmeline hatte ihren festen Liegeplatz, einige Docks weiter unten. Sie war hochmodern und mit etlichen Nachrüstungen ausgestattet, von denen manche dem üblichen Standard entsprachen, andere wiederum nicht.
Aufgrund der Erfahrungen, die Flint während eines Falles im vergangenen Jahr hatte machen müssen, hatte er der Emmeline eine Sonderausstattung verpasst, die jedes nur denkbare Waffensystem umfasste. Außerdem hatte er ihre Schutzvorrichtungen so erweitert, dass sie nun besser waren als alles, was die Raumpolizei des Mondes ihr Eigen nannte. Und jedes Mal, wenn ein neues System auf den Markt gekommen war, hatte er es in die Emmeline integriert.
Aber die Emmeline wies noch andere Besonderheiten auf: Sie war der einzige Ort, an dem Flint sich in der Lage sah, seinen Reichtum einzusetzen. Das Quartier des Captains war derart luxuriös ausgestattet, dass er, als er zum ersten Mal mit ihr geflogen war, zunächst in einer Fluggastkabine geschlafen hatte, ehe er sich zu den höheren Ebenen der Behaglichkeit hochgearbeitet hatte. Die Jacht verfügte über eine voll ausgestattete Kombüse, mehrere Dienstroboter und noch mehr Reinigungsbots.
Außerdem gab es auf dem Schiff spezielle Arrestkabinen (etwas, das er auf den Traffic-Schiffen immer vermisst hatte) und kleine Haken an den Sitzplätzen, die es ermöglichten, Gefangene sicher mit Handschellen an ihren Stuhl zu fesseln. Und das Schiff hatte gleich mehrere
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