Miles Flint 03 - Die Tödlichen
verheißungsvoll.
Nitara griff nach der Flamme, als die Bombe, in die sie ihre Küche verwandelt hatte, endgültig in die Luft flog.
46
D as ganze Gebäude bebte.
DeRicci schwankte und fiel auf die Knie. Der Kaffee schwappte über den Tassenrand und ergoss sich auf ihre Hüften. Wenigstens war er nicht mehr heiß. Nur lauwarm und zähflüssig, unangenehm – eine fürchterlicher Sauerei. Der Krapfen, den sie in der Hand gehalten hatte, entglitt ihren Fingern und rollte über den Boden.
Das Gebäude bebte noch immer, und sie hörte etwas – eine Erschütterung? Etwas Lautes – und dann ging das Licht aus.
Mit der nunmehr freien Krapfenhand griff DeRicci nach der Schreibtischkante, zog sich hoch und wischte die Nässe von ihren Beinen.
Ein Donnern ertönte, so laut, dass das Gebäude ein drittes Mal erzitterte. Und dann ein viertes Mal und ein fünftes und ein sechstes.
Irgendwo auf dem Korridor schrie jemand und löste eine ganze Kakophonie weiterer Schreie aus. DeRicci hätte am liebsten gebrüllt, sie sollten die Klappe halten, aber sie tat es nicht.
Stattdessen schickte sie einen Notruf über ihre Links, nur um festzustellen, dass die seltsame Klarheit, die sie empfand, darauf beruhte, dass die Links außer Funktion waren. Die Stille, die sie hörte, war genau das, was sie in den letzten paar Monaten vermisst hatte, nachdem Gumiela darauf bestanden hatte, dass sie ihre Notfalllinks ständig aktiviert ließ.
DeRicci versuchte, die Links wieder zu aktivieren, aber nichts funktionierte. Sie waren außer Funktion, und es lag nicht einmal an ihr.
Sie glaubte, weitere Donnerschläge zu hören, aber die brachten das Gebäude nicht mehr zum Beben. Es war so dunkel, dass sie nicht einmal mehr ihre eigene Hand sehen konnte. Sie konnte keine Umrisse erkennen. Sie hatte geglaubt, vor dem Fenster zu stehen. Dann runzelte sie die Stirn.
Es war nicht wichtig, ob sie vor dem Fenster stand oder nicht. Käme Eicht durch das Fenster herein, dann hätte sie es gesehen, ganz gleich, in welche Richtung sie geblickt hatte.
»Verdammter Mist«, murmelte sie.
DeRicci taumelte zum Fenster, fühlte die kühle Plastikscheibe. Es waren keine Vorhänge da; kein Sichtschutz war automatisch aktiviert worden und hatte das falsche Glas abgedunkelt.
Die Kuppel selbst war dunkel geworden – an einem Kuppeltag.
DeRicci lief ein Schauder über den Rücken. Irgendetwas war mächtig schiefgegangen.
DeRicci wischte sich die Hände an den Seiten ihrer Hose ab, ehe sie die Arme nach vorn ausstreckte und sich wie eine Blinde durch ihr Büro tastete.
Ihre linke Hüfte prallte gegen den Schreibtisch, und sie fluchte, als der Schmerz durch ihre Muskeln raste. Dann trat sie auf etwas Weiches und zuckte unwillkürlich zurück, erfüllt von der Angst, das weiche Ding könnte einen Schmerzensschrei von sich geben.
Das tat es aber nicht. Das konnte es nicht. Logischerweise. Sie war auf ihren Krapfen getreten.
Das wiederum entlockte ihr ein Lächeln. Absurd. DeRicci hatte immer geglaubt, die Leute würden in einer Notsituation zu absurdem Verhalten neigen, und nun verhielt sie sich absurd.
Sie setzte ihren Weg durch das Zimmer fort, erreichte die Tür und zog sie auf.
Das Schreien hatte aufgehört, zumindest größtenteils; nur einen Korridor entfernt erklang hysterisches Gebrüll. Was DeRicci aber mehr Sorgen bereitete, war das Stöhnen, das von der Mitte des Großraumbüros zu ihr drang.
»Alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich komme.«
Und sie ging auf das Durcheinander aus Schreibtischen zu, an denen die Jungermittler arbeiteten, und hoffte, dass sie auf niemanden treten würde, hoffte, dass alles wieder in Ordnung käme.
Der Boden war mit allerlei Unrat übersät, Dinge, die von den Tischen gefallen waren, vielleicht auch Teile der Deckenverkleidung – DeRicci konnte es in der Dunkelheit nicht erkennen.
Dann, als hätten die Götter im Himmel ihren Gedanken erhört, gingen die Lichter wieder an. Nicht alle und nicht so, wie es sein sollte. Sie leuchteten in einem schaurigen Grau, in dem das ganze Büro aussah wie ein Bild aus einem miserabel aufgenommenen Sicherheitsvideo.
Die Vorstellung machte DeRicci noch nervöser, und sie setzte ihren Weg in Richtung des Wimmerns fort.
»Alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich bin schon da.«
Da erwies sich als zwei Schreibtische weiter. Ein Aktenschrank war auf ein Paar Beine gefallen. DeRicci war überzeugt, dass die Beine mit einem Körper verbunden waren, aber sie wusste nicht, mit
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