Miles Flint 04 - Das Marsgrab
(oder eine ganze Gruppe von irgendwelchen Leuten) dazu bewegen könnte, die Kuppel zu zerstören.
»Die Vereinigten Kuppeln sind nur ein lockerer Bund«, sagte Flint. »Die Bürgermeister haben mehr Macht als die Generalgouverneurin. Ein von der Vereinigung eingerichteter Posten kommt mir wie ein politischer Schachzug seitens des Rates vor, ein Versuch, mehr Macht zu erlangen, damit der VM-Rat eines Tages die Politik der einzelnen Kuppeln vorgeben kann.«
»Das habe ich auch gesagt.« DeRicci nippte an ihrem Wasser. Es war kalt und frisch und schmeckte besser als jedes andere Wasser, das sie bisher gekostet hatte. Sie widerstand dem Wunsch, sich die in Papierform vorliegende Speisekarte anzusehen, die geschickt als altes Buch getarnt war, um nachzulesen, woher das Wasser stammte – oder was es kostete.
»Und?«, fragte Flint.
»Sie haben es natürlich abgestritten«, erwiderte sie. »Und gleichzeitig haben sie mir genug Einfluss versprochen, um sicherzustellen, dass die Kuppeln meinen Empfehlungen in Hinblick auf Sicherheitsmaßnahmen Folge leisten würden. Mein Kopf tut schon weh von all dem doppelzüngigen Gequatsche.«
»Kommt es dir nicht komisch vor, dass die so etwas ausgerechnet während einer Pressekonferenz besprechen?«, fragte Flint.
DeRicci schüttelte den Kopf. »Sie wollten, dass es durchsickert. Die Leute haben zurzeit Angst. Sie wollen, dass irgendjemand etwas tut, um sie zu schützen. Im Stadtrat von Armstrong wurde schon darüber gesprochen, Außerirdische auf bestimmte Stadtteile zu beschränken …«
»Aber es gibt keinen Beweis dafür, dass Außerirdische für den Anschlag auf die Kuppel verantwortlich sind«, wandte Flint ein. »Und das Attentat auf den Mondmarathon hat ein Mensch inszeniert.«
»Auch das habe ich ihnen gesagt.« DeRicci rieb ihre Finger an dem kalten Wasserglas. »Weißt du, früher hätte man mich wegen dieser Offenheit niedergebrüllt. Jetzt hört mir jeder zu, als wäre das, was ich zu sagen habe, wichtig, aber sie finden dann doch immer eine Möglichkeit, mir zu widersprechen. Ich glaube, das Brüllen war mir lieber.«
Das politische Parkett war ein vollkommen neues Terrain für sie, und sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, benutzt zu werden.
»Ich verstehe nicht, warum sich die Leute sicherer fühlen sollten, wenn diese Neuigkeit an die Presse durchsickert«, meinte Flint.
»Das ist ein psychologischer Trick«, erklärte DeRicci ihm und ärgerte sich darüber, diesen Teil des Spiels durchaus verstanden zu haben. »Die Leute misstrauen offiziellen Bekanntgaben. Aber sie glauben das, was irgendwie durchgesickert ist. Sie bilden sich ein, Informationen, die von irgendjemandem irgendwie ausgegraben wurden, wären der Wahrheit näher.«
»Aber eine übergreifende Sicherheitsbehörde«, beharrte Flint, »das wäre wie eine VM-Polizei! Das haben wir vermieden, seit mit der Kolonisierung des Mondes begonnen wurde.«
Die Doppeltür in der vertäfelten Wand wurde weit geöffnet und gab den Blick auf die stählernen Wände innerhalb der Küche frei. Der Kellner trat in das Separee und balancierte das Tablett auf einer Hand, als wäre er eine Art Unterhaltungskünstler.
DeRicci seufzte. Vielleicht hatte Flint doch Recht, was die Abschottung betraf. Jedes Mal, wenn ihr Gespräch richtig in Gang kam, schien es, als müsse der Kellner unbedingt unterbrechen.
Er verbeugte sich vor ihnen, als er eine große Schüssel vom Tablett nahm und in die Mitte des Tisches stellte. Dann griff er nach zwei Tellern und platzierte sie vor Flint und DeRicci. Die Schüssel war mit jeder Menge Blattgemüse und anderem kunterbunt gemischten Gemüsestücken gefüllt, alles so fein geschnitten, dass es nicht mehr recht wiederzuerkennen war. Von einem nahen Tisch nahm der Kellner nun einige Flaschen mit diversen Ölen. Aus jeder Flasche schüttete er Öl auf das Gemüse, ehe er alles mit zwei großen Holzlöffeln vermengte.
Der Geruch von Olivenöl und Basilikum, akzentuiert von einem Hauch Essigaroma, erfüllte die Luft. DeRiccis Magen knurrte wieder.
Der Kellner verließ das Separee. Als sich die Doppeltür hinter ihm geschlossen hatte, fragte Flint: »Wirst du den Job annehmen?«
»Was weiß ich denn schon über Kuppelsicherheit?«
»Mir scheint, dein Gesicht jedenfalls kennen die Leute, wenn’s um eben genau dieses Thema geht.«
Sie bedachte ihn mit einem schiefen Blick. Er hatte zu den beiden Löffeln gegriffen und mühte sich, etwas vom Inhalt der Schüssel auf seinen Teller
Weitere Kostenlose Bücher