Miles Flint 04 - Das Marsgrab
hatte eine athletische Figur, die eindeutig auf Krafttraining beruhte, nicht auf Schlankheitsmodifikationen. Ihr schwarzes Haar war kurz geschnitten, lockte sich am Hinterkopf. Sie trug eine weite Bluse, die zu zerknittert aussah, um auf dem Mond gefertigt worden zu sein, und eine enge Hose, die unterstrich, wie muskulös ihre Beine waren.
Flint kannte die Frau nicht. Er transferierte auch ihr Bild in sein Privatsystem und glich es mit den verfügbaren Erddaten ab. Sollte er dort keinen Treffer landen, würde er sich die Monddatenbanken ansehen und vielleicht noch einige andere.
Die Frau sah sich um, als fürchte sie, jeden Moment überfallen zu werden. Dann blickte sie auf, ein sicheres Anzeichen für eine Person, die von einer nicht überkuppelten Welt stammte. Die Kuppel war im Tagbetrieb. Heller Sonnenschein strahlte aus ihr heraus auf die Stadt herab, aber der Sonnenschein war künstlich. Diese Seite des Mondes lag schon seit zwei Tagen in tiefer Finsternis, und so würde es noch weitere zehn Tage bleiben.
Die Frau beugte sich vor und zog eine Tasche aus dem Wagen, die sie sich über die Schulter warf. Die Tasche war zu groß für eine kostenlose Dreingabe, wie sie in Passagiershuttles an Touristen ausgegeben wurde, die zu viel persönliche Habe mitführten. Die Tasche sah eher aus wie eine Art Handkoffer.
Wie es schien, hatte jemand die Frau vor dieser Gegend gewarnt. Aber Flint war nicht davon überzeugt, dass es von Vorteil war, die Tasche mit herumzuschleppen, statt sie im Wagen zu lassen.
Ihre Schultern hoben und senkten sich, typisch für einen tiefen Seufzer, ehe sie den Parkplatz verließ, den Bürgersteig überquerte und die Straße betrat, nicht ohne sich dabei immer wieder umzusehen. So ein naives Ding! Er fragte sich, wie sie es allein bis hierher geschafft hatte. Jeder Beobachter hätte auf Anhieb erkannt, dass sie neu in Armstrong war und vermutlich ihren ganzen Besitz mit sich führte.
Ein dankbares Opfer, reif, gepflückt zu werden.
Er vergrößerte das Bild noch weiter, um ihr Gesicht besser erkennen zu können. Sie berührte einen ihrer Augenwinkel und blinzelte, was ihm verriet, dass sie einer eingeblendeten Karte folgte, die sie über ihre Links heruntergeladen haben musste.
Sie hatte ein Ziel.
Sein privater Schirm wurde voll ausgefahren. Er war durchsichtig, sodass er im Hintergrund sein Büro sehen konnte. Der Monitor zeigte immer noch das Gesicht der Frau und daneben einen langen Text in kleiner Schrift.
Offensichtlich hatte das System sie aufgespürt.
Er betrachtete die Informationen, entfernte das Foto und brachte den Text in eine lesbare Form.
Aisha Costard
Forensische Anthropologin
Heimatadresse: Madison, Wisconsin, Old USA, Erde
Letzte Visa-Anforderung [Alter der Information: zwei Tage; System wurde nicht aktualisiert]: Saharakuppel, Mars
Visa bestätigt durch Human Police Department, Saharakuppel. Grund der Ausstellung: forensische Unterstützung bei der Untersuchung einer nicht identifizierten Leiche …
Flint hörte auf zu lesen und legte die Stirn in Falten. Eine forensische Anthropologin. Die Berufsbezeichnung war ihm aus seiner Zeit an der Polizeischule geläufig, aber er hatte nie einen Grund gehabt, einen forensischen Anthropologen zu einem seiner Fälle hinzuzuziehen. Offensichtlich war sie in ihrem Job gut genug, um auf den Mars gerufen zu werden.
Was allerdings keineswegs erklärte, warum sie nach Armstrong gekommen war.
Er ging die Informationen weiter durch, überflog den Text, bis er las:
Erteilte Auflage: genannte Person ist verpflichtet, dem Disty Police Department der Saharakuppel täglich Meldung zu machen. Zuwiderhandlung wird drastische Sanktionen zur Folge haben.
Das überraschte Flint. Seit er bei der Raumpatrouille gewesen war, wusste er aus eigener Erfahrung nur zu genau, was die angekündigten drastischen Sanktionen bedeuteten. Die einzige Möglichkeit, in die Mühlen der Disty-Justiz zu geraten, ohne sich auf Disty-Territorium zu befinden, lag darin, ein Verbrechen zu begehen, das die Disty als besonders abscheulich betrachteten.
Ein weiterer Schirm wurde ausgefahren, und ein stiller Alarm vibrierte an seiner Hüfte. Sie hatte sich dem Gebäude genähert. Nun beobachtete Flint auf zwei Monitoren, wie sie allmählich seiner Schwelle immer näher kam.
Als sie die Tür erreicht hatte, blieb sie einen Moment lang stehen, blinzelte und rieb sich ein Auge. Vermutlich hatte sie die eingeblendete Karte deaktiviert.
Flint hatte
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