Miles Flint 04 - Das Marsgrab
Jeder Lokalisierungsspezialist, der auf Geld angewiesen ist, ist eher ein Kopfgeldjäger und schert sich vermutlich wenig darum, wenn er einen Verschwundenen versehentlich auffliegen lässt.«
»Ich dachte immer, Kopfgeldjäger und Lokalisierungsspezialisten seien das Gleiche«, sagte sie.
Er fühlte ein Aufflackern von Zorn. Er konnte diesen Vergleich nicht ausstehen. »Wenn Sie das glauben, warum suchen Sie dann Lokalisierungsspezialisten auf? Wir sind erheblich kostspieliger.«
»Ich dachte, naja, Sie wissen schon, Kopfgeldjäger arbeiten im öffentlichen Bereich und Lokalisierungsspezialisten im privaten.«
»Da haben Sie falsch gedacht!« Er betätigte eine Taste der Tastatur unter seinem Schreibtisch. Die Tür schwang auf. »Danke für diese kleine erhellende Konversation! Ihre Ignoranz war der Höhepunkt meines Tages. Ich hoffe, ich sehe Sie nicht noch einmal in meinem Büro.«
»Sie werfen mich raus?«, fragte sie. »Sie haben sich ja nicht einmal angehört, warum ich Ihre Dienste brauche.«
»Vermutlich brauchen Sie einen Kopfgeldjäger.« Er erhob sich und unterstrich seine Worte mit einer Demonstration seiner Körpergröße. »Ich werde Sie hinauswerfen, sollten Sie nicht gehen.«
Sie sah panisch aus, beinahe, als hätte er sie bereits angefasst und ein paar blaue Flecken hinterlassen. Dann flüchtete sie zur Tür hinaus. Die Tür schloss sich hinter ihr.
Flint setzte sich wieder und seufzte. Der Fall, wie immer er aussehen mochte, hätte interessant werden können, aber er konnte niemandem trauen, der den Unterschied zwischen Kopfgeldjägern und Lokalisierungsspezialisten nicht kannte.
Er hatte nicht gelogen, als er gesagt hatte, dass schon ihre bloße Unwissenheit reiche, um jemanden ernsthaft in Gefahr zu bringen.
Er zog seine Tastatur hervor und versuchte, Aisha Costard aus seinen Gedanken zu verbannen.
8
D er Kerl hatte sie rausgeschmissen! Dieser arrogante Mensch hatte sie einfach hinaus auf die staubige Straße gejagt, als wäre sie ein lästiges Blag!
Aisha Costard bleib auf dem seitlich abfallenden Bürgersteig vor dem Büro des Lokalisierungsspezialisten stehen und hustete in den Nebel aus Mondstaub, der sie hier ständig umgab. Nirgendwo in der Saharakuppel hatte sie so viel Staub gesehen, nicht einmal an der offenen Baugrube. Hier schien es, als dringe der Staub von außen ein, als wäre die Kuppel nicht ordentlich versiegelt.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als die Furcht, die sie zu bezwingen suchte, erneut in ihr aufwallte.
Sie hatte eine Liste mit zwei Dutzend Lokalisierungsspezialisten. Die acht, die auf dem Mars tätig waren und als »vertrauenswürdig« galten, hatte sie bereits aufgesucht. Dieser Miles Flint war der Einzige auf dem Mond ansässige, der vom HPD der Saharakuppel als erwähnenswert eingestuft worden war.
Wenn sie jemanden anderen anheuern wollte, würde sie zur Erde zurückkehren müssen, und um das zu tun, brauchte sie eine besondere Genehmigung seitens der Disty.
Zwei weitere Aufenthalte beim Zoll, zwei weitere Sicherheitsüberprüfungen. Zwei weitere Reisen, die noch schlimmer als die werden würden, die sie gerade erduldet hatte. Die Sicherheitsmaßnahmen der Erde waren die strengsten im ganzen Solarsystem. Fremde, die Grund hatten, auf der Hut zu sein, zogen stets den Mond vor, statt sich auf die Erde und mitten hinein ins Zentrum der Allianz zu begeben.
Vermutlich würde sie dort Wochen anstelle von Tagen in Gewahrsam bleiben müssen.
Das konnte sie nicht durchhalten!
Dieser arrogante Kerl würde ihr einfach zuhören müssen, koste es, was es wolle!
Sie machte kehrt, ging zurück zu der schmutzigen Plastiknische, die ihm als Türschwelle für sein heruntergekommenes Haus diente, und klopfte wieder an die Tür. Und wartete.
Keine Antwort.
Sie klopfte noch einmal.
Vermutlich besaß er eine Art Überwachungsanlage. Er wusste, dass sie vor der Tür stand, und er würde sie nicht hereinlassen.
»Sie sollten den Leuten wirklich erst zuhören, ehe sie ein Urteil fällen!«, rief sie, so laut sie konnte. »Ich gehöre nicht zu Ihren üblichen Klienten!«
Ihre Worte prallten gegen den Kunststoff. Sie hatte keine Ahnung, ob Flint ihr zuhörte, aber sie hatte das Gefühl, jeder andere in der Straße konnte sie hören.
»Ich bin in einer offiziellen Angelegenheit hier«, sagte sie. »Es ist wirklich wichtig!«
Stille.
In all den Jahren, in denen sie die verschiedensten Orte auf der Erde bereist hatte, war ihr nie jemand begegnet, der so
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