Miles Flint 05 - Paloma
ihm auf die Nerven ging.
»Spielen wir die Dinger ab«, sagte sie, »und sehen, was wir da haben.«
Er war nicht überzeugt, ob »die Dinger«, in denen er nur ein einziges Ding sah – den Handheld –, überhaupt irgendwelche Videokomponenten enthielten. Er rechnete eher damit, nach etwas zu suchen, das tief in Dateien über Dateien über Dateien vergraben war.
»Ich brauche ein geeignetes System«, sagte er. »Ist in Ihrem Büro alles vernetzt?«
»Wäre ich eine gute Anwältin, wenn ich alles vernetzen würde?«, konterte sie. Dann drückte sie auf ein Bedienungsfeld an der Wand, woraufhin vier Schreibtische aus dem Boden ausgefahren wurden, alle ausgestattet mit Oberflächenschirmen. »Suchen Sie sich einen aus.«
Er ging zu jedem Schirm, berührte ihn und führte eine eigene Diagnose durch. Zwei der Schirme waren in der Vergangenheit von zu vielen Personen benutzt worden. Ein anderer enthielt noch immer Dateien aus einem Fall, den van Alen bearbeitet hatte, was er ihr allerdings nicht verriet. Der vierte – der, der der Wand am nächsten war, was zur Folge hatte, dass sich die Arbeit an diesem Schirm weniger bequem gestaltete als an den anderen –, wies keine jüngeren Einloggvorgänge anderer Anwender auf, und er enthielt keine Daten aus anderen Fällen. Tatsächlich sah er recht vernachlässigt aus.
Flint stand vor dem Schirm und drang tiefer in das System ein, suchte nach verborgenen Tracern, Kleinigkeiten, die ein skrupelloser Anwalt oder ein anderer Klient in das System implantiert haben mochte.
»Das System wird regelmäßig auf Fehler überprüft«, sagte sie. »Es ist sicher.«
Sie stand hinter ihm. Ihr Parfüm war kaum wahrnehmbar, der Duft aber kraftvoll, und er schien ebenso ein Teil von ihr zu sein wie ihre Modifikationen und ihre extravagante Kleidung. Ihm gefiel nicht, dass sie ihm so nahe war.
»Trotzdem«, sagte er, »muss ich ein paar Dinge überprüfen.«
»Wie Sie wollen.« Sie ging zu dem gepolsterten Sofa auf der anderen Seite des Raums und ließ sich hineinplumpsen. Dann zog sie ihre Stiefel aus und rieb sich die Füße. »Noch so einen Tag wie diesen möchte ich nicht erleben.«
Er auch nicht, doch er ließ seinen Gefühlen keinen freien Lauf. Stattdessen wühlte er sich tiefer in die Datenspeicher des Computers hinein, suchte nach Geisterdateien und Spuren heimlicher Nutzer.
Er fand keine.
»Sie sind scheußlich vorsichtig«, verkündete sie.
»Wir kennen uns erst seit kurzer Zeit.« Er deaktivierte sämtliche Netzwerksysteme des Computers und blockierte jegliche Möglichkeit, eine Verbindung mit jemand anderem herzustellen, abgesehen von Nutzern, denen er selbst den Zugriff gestattete. Dann fügte er sechs verschiedene Passworte hinzu, alle zu lang, um auf die Schnelle geknackt zu werden.
»Ja, aber Sie haben mich wegen meiner Fähigkeiten und der darauf basierenden Vertrauenswürdigkeit engagiert.«
»Habe ich das?«, sagte Flint, wohl wissend, dass das keine Antwort war. Dann zog er den Handheld aus der Plastikfolie. Das Gerät fühlte sich schmierig an, beinahe, als wäre es von einer schleimigen Masse überzogen.
»Sind Sie sicher, dass das ungefährlich ist?«, fragte sie.
»Es wurde dekontaminiert, bevor es uns ausgehändigt wurde.« Zumindest hoffte er, dass das die Ursache für die schmierige Oberfläche war. Eigentlich hatte er schlicht keine Zeit, sich zu vergewissern.
Er verband den Handheld direkt mit dem Computer; das war die einzige Möglichkeit, zu verhindern, dass die Informationen von anderen Systemen im Raum abgefangen wurden. Und selbst jetzt wusste er nicht recht, wie vertraulich all diese Daten behandelt werden würden.
»Denken Sie, das hat zu ihrem Tod geführt?« Van Alen hatte sich auf das Sofa gelegt, aber ihre Haltung war in keiner Weise provozierend. Die Ereignisse im Hafen hatten sie sichtlich ermüdet.
»Im Augenblick«, sagte er, »muss ich davon ausgehen, dass alles, was sie berührt hat, in Verbindung mit ihrem Tod stehen könnte.«
»Aber Sie werden Genaueres wissen, wenn Sie sich die Daten angesehen haben?«, hakte van Alen nach.
Sie hatte seine größte Furcht in dieser Sache aufgegriffen. »Vermutlich nicht«, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf und seufzte. »Irgendwie habe ich das Gefühl, ich sollte etwas tun.«
»Vielleicht besorgen Sie uns etwas zu essen«, schlug er vor. »Das hier wird eine Weile dauern.«
Er wollte ihr nicht direkt sagen, dass sie, soweit es ihn betraf, gern gehen konnte. Immerhin war das ihr Büro.
Weitere Kostenlose Bücher