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Miles Flint 06 - Kallisto

Miles Flint 06 - Kallisto

Titel: Miles Flint 06 - Kallisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Massenmörderin gesehen, auch wenn die Gyonnese ihr vorwarfen, genau das zu sein.
    Als Spezialistin, die sie war, hätte sie sich selbst dann nicht so eingestuft, hätte sie diese Larven absichtlich getötet. Sie waren keine Menschen. Lebewesen, ja, aber keine Menschen.
    Und Massenmörder war ein Begriff, den Menschen für Menschen reserviert hatten, die andere Menschen umbrachten.
    Wiederholt.
    Sie schloss die Augen und schob den Mann vom Diagnosetisch. Der Tisch drückte sich so heftig in ihre Oberschenkel, dass sie wusste, sie würde blaue Flecken zurückbehalten. Dann hörte sie ein Donnern, als der Mann auf dem Boden aufschlug.
    Sie öffnete die Augen.
    Der Tisch war immer noch mit der Wand verbunden, aber das Ende schaukelte wild hin und her. Offenbar war er nicht auf derartige Belastungen ausgelegt.
    Der Mann lag neben ihm auf der Seite. Sein Hemd war hochgerutscht und offenbarte einen Abschnitt seines Körpers, der deutlich fahler war als der Rest von ihm. Zu seinem Glück war ihm nicht bewusst, dass er eineinhalb Meter tief gefallen und vermutlich mindestens so zerschlagen war wie Rhonda.
    Sollte er aufwachen.
    Was nicht passieren würde.
    Sie schnappte sich eine weitere Spritze und aktivierte das verdammte Ding. Dann drückte sie sie auf das fahle Fleisch an seinem Rücken.
    »Tut mir leid«, flüsterte sie. »Tut mir wirklich sehr leid.«
    Aber er hörte sie nicht. Lange Zeit rührte er sich nicht, und sie dachte schon, es hätte nicht funktioniert, bis sich sein Körper verkrampfte.
    Er kratzte am Boden, sein linkes Auge öffnete sich ein wenig, die Iris war nicht zu sehen. Er war nicht bei Bewusstsein.
    Schaum trat über seine Lippen, und er verkrampfte sich erneut.
    Dieses Mal warf sie die Spritze weg und schnappte sich die Laserskalpelle.
    Dann presste sie die Hand an die Tür, erschrak, als sie sich öffnete, und rannte so schnell sie konnte zur Brücke.

 
29
     
    F lint stand auf und lugte aus der Tür zu van Alens Büro hinaus. Im Wartebereich war niemand. Selbst in dem Korridor, der zu Wartebereich und Büro führte, hielt sich niemand auf.
    Dennoch rebellierte sein Magen. Er hatte das Gefühl, dass ihn jemand beobachtete, und er kam sich vor wie ein Mann am Rande des Zusammenbruchs.
    Er traute seinen eigenen Augen nicht. Er brauchte Gewissheit.
    Also ging er wieder hinein und rief die Holoschirme zu den Daten auf. Er starrte das Zugriffsprotokoll von Emmelines Dateien an. Die Buchstaben sahen aus, als hätte jemand sie um ihn herum in die Luft geschrieben.
    Es war nicht wichtig, ob jemand anders sie sah. Niemand würde wissen, was sie zu bedeuten hatten. Nicht einmal, wenn er sie laut vorlesen ließe, könnte irgend jemand etwas damit anfangen.
    Also tat er es.
    Der Computer sprach mit einer Standardstimme, ein vage androgynes digitalisiertes Etwas, das dünn und blechern klang.
    Die Anwälte des Mörders hatten mehrfach auf die Dateien zugegriffen. Was kaum verwundern konnte. Der Mörder legte schon seit Jahren eine Berufung nach der anderen ein. Genauer gesagt, seine Anwälte. Der Mörder selbst hatte dem Urteil nie widersprochen. Er hatte die Anwälte sogar gebeten, die Berufung zurückzuziehen, aber sie hatten sich geweigert.
    Die Gesetze von Armstrong ließen Wiederaufnahmeverfahren zu, falls beim ersten Prozess etwas nicht ordnungsgemäß gelaufen war. Und irgend etwas ging immer schief. Es brauchte nur wenig, ein erstes Wiederaufnahmeverfahren durchzusetzen, ein bisschen mehr, ein zweites bewilligen zu lassen und noch ein bisschen mehr für das dritte.
    Flint hatte keinem der Verfahren beigewohnt, nicht einmal dem ersten. Er wollte den Mann, der seine Tochter getötet hatte, nicht sehen – den Mann, der in einer Kindertagesstätte gearbeitet hatte, dessen Aufgabe es gewesen war, Kinder zu behüten, und der es irgendwie geschafft hatte, gleich drei von ihnen zu ermorden.
    Flint traute sich selbst nicht zu, dem Mann zu begegnen. Er war nicht sicher, ob dieser Mann das Zusammentreffen überleben würde.
    Aber dass sein Name – und die Namen seiner Anwälte – in Emmelines Akten auftauchte, war keine Überraschung. Und auch die Namen der Anklagevertreter vermochten an dieser Stelle nicht zu verwundern.
    Die Überraschungen verteilten sich über die ganze Liste. Paloma, nicht nur einmal.
    Flint hatte mit einem Eintrag gerechnet, ein Zugriff auf die Daten, um sich zu vergewissern, dass die Person, die sie aufsuchte, einen Grund dazu hatte. Aber nicht wiederholt. Nicht fünf Mal und das mit

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