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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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zweite Tasse vielleicht nicht so lecker, aber man spart bares Geld und darf wenigstens ein bisschen am Siebträger-Zeitgeist teilhaben.
    Auf dem Weg zur Bahn treffe ich auf meinen kölschen Vermieter, Herrn Wellberg, den wegen seines mehrfach gewundenen Bartes aber alle Zwirbeljupp nennen. Eigentlich wäre Wellberg ein ganz netter älterer Herr. Wäre, wenn er wenigstens mal einen einzigen hochdeutschen Satz rauskriegen würde. Ich laufe fast in ihn hinein, als er gerade mit einem kölschen Phrasen-Tsunami einen hilflosen Handwerker aus dem Haus spült. Mein kleiner Plan, mich mit einem verhuschten »Hallo« an den beiden vorbei zur Bahnhaltestelle zu schleichen, scheitert schon nach jämmerlichen drei Treppenstufen.
    »Herr Peters, dot doch ens ene Augenbleck waade!«
    Hä? Irgendwas mit Augenblick und warten. Warten? Einen Scheiß werde ich.
    »Ich bin leider was knapp dran für die Bahn.«
    »Es nor ganz koot, Herr Peters. Ich han nämlich god Nachrichte för Üch.«
    Es hilft alles nichts. Ich bleibe stehen.
    »Was für Nachrichten denn?«
    »Die Wonnung üvver Üch es fäädig .«
    »Tut mir leid Herr Wellberg, aber ich verstehe kein Wort! Nochmal auf Deutsch?«
    »Also jut. Et wird jetz widder leiser für Sie! Dat war ja auch keine Zustand, ich hab et ja mitjekricht, dat Jehämmer un Jedöns, aber wat will ich machen, de Heinzelmänncher bauen mir dat nit .«
    Ich steige eine Stufe nach unten. Das sind nicht nur jute, das sind sensationell jute Nachrichten! Jeder Mann, der schon mal um kurz nach sieben Uhr von einer quietschenden Steinsäge aus einem feuchten Traum geholt wurde, wird wissen, wie ich fühle. Im Halbschlaf denkt man sich da noch, was quietscht die Angelina Jolie denn jetzt so beim Blasen und keine 15 Sekunden später schreit man mit einer Morgenlatte einen rumänischen Handwerker an.
    Fast väterlich legt Zwirbeljupp seine Hand auf meine Schulter. »Wollen Se die neu Wohnung emal sehen, Herr Peters?«
    »Wie gesagt«, versuche ich noch die Besichtigung abzuwenden, »die Bahn ... Ich nehm' ja immer die um 8 Uhr 46, damit ich um kurz vor neun im Büro bin!« Aber dann interessiert mich irgendwie doch, wie's so direkt über mir aussieht, und ich steige mit dem immer noch sehr kölsch quasselnden Wellberg nach oben.
    »Sollt ja eijentlich schon vor drei Wochen fertich werden, aber Se wissen ja, wie dat is mit de Handwerker, da weiß der eine nit, wat der andere macht.«
    Wir passieren meine Wohnung und treten schließlich 16 Stufen darüber auf das nagelneue Parkett eines Penthouses, wie ich es dort niemals erwartet hätte.
    »Leck mich am Arsch, ist das der Hammer!«, entfährt es mir und mein Vermieter schmunzelt stolz. Direkt vor mir geben vier edle bodentiefe Holzfenster den Blick auf eine riesige Dachterrasse und das gesamte Viertel frei. Selbst an diesem trüben Herbstmorgen ist es glockenhell im Wohnzimmer. Stolz führt mich Herr Wellberg herum. »Hier hätte mer et Wohnzimmer mit versiegeltem Eicheparkett, Fußbodenheizung, is klar . offene Küche un direkte Zujang nach der Süd-Wess-Dachterrasse, wat meinen Se, wie jroß die is?«
    »So zwanzig Quadratmeter?«
    »Vierundreißich!«
    Na vielen Dank auch. Da kann mein Fensterbrett mit dem vertrockneten Basilikum nicht gegen anstinken. Ich trete auf das frisch verlegte Bangkiraiholz und lasse meinen Blick über das Viertel schweifen.
    »Da vorne ist ja ein Park!«, staune ich.
    Wellberg schaut mich verwundert an.
    »Ehr sid jeck! Seht Ehr dä nit vun unge?«
    »WAS?«
    »Sehen Se dä Park nit von unten?«
    Ich schüttle mit dem Kopf.
    »Tja, manchmal sin e paar Meter wichtich. Kommen Se, dat Schlafzimmer müssen Se ers emal sehen.«
    Ich weiß nicht, ob ich das Schlafzimmer erst »emal« sehen muss. Weil ich nämlich wirklich ungern zu spät zur Arbeit komme. Eine Viertelstunde, die am Anfang fehlt, schleppt man den ganzen Tag mit. Wenn ich nur daran denke, was es bis zwölf alles zu tun gibt. Ich folge Herrn Wellberg ins Schlafzimmer und schaue keine fünf Schritte weiter durch zwei große Dachfenster direkt in den Himmel.
    »Vom Bettchen aus de Sterncher gucken, dat is doch wat, ne, Herr Peters?«
    »Ich weiß nicht«, wende ich ein, »was ist, wenn einem ein Habicht ins Auge kackt?«
    »Dann machen Se et Fenster zu! Kommen Se, ich zeich Ihnen de Bäder.«
    Hat er Bäder gesagt? Plural? Er hat. Ich besichtige die beiden hochwertig ausgestatteten Tageslichtbäder, eines davon mit Eckbadewanne, das Gäste- und das Arbeitszimmer sowie den

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