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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Rückenlage ohne Decke. Ich muss mich entspannen und nur an eine Sache denken! An irgendwas Schönes. Ans Meer zum Beispiel, ja das ist gut. Okay ... Frühling auf den Kanaren, rechts von mir rauscht der Atlantik und ich laufe barfuß durch den lauwarmen Sand. Ja! Das ist gut! Ich werde schon müder. Ich spüre, wie meine Füße leicht einsinken und wie der feine Sand durch meine Zehen rieselt. Aber was ist das?
    Welches dumme Arschloch hat seine Bierdose einfach so an den Strand geworfen? Wenn ich die Sau erwische, dann ...
    Halt. Stopp. So klappt das nicht. Konzentrier dich, Simon.
    04:15 Uhr. Bauchlage. Ich fliege! Fliege mit unerhörter Leichtigkeit über die sattgrüne Krombacher-Insel aus der Werbung. Ich fühl mich leicht und frei, unbeschwert und . ich lächle! Obwohl - eigentlich ist es schon traurig, dass mir beim Meditieren nur ein Wald aus der Werbung einfällt und kein echter. Was sag ich - »traurig« -, unfassbar ist das, wie man manipuliert wird heutzutage von diesen kaltblütigen Düsseldorfer Werbe-Schmocks mit ihren aus Elfenbein gefrästen Designerbrillen! Wenn ich die Schweine erwische, dann ...
    05:12 Uhr: »Verdammte Scheiße, das gibt's doch nicht!!!«
    Wütend knipse ich meine Nachttischlampe an und springe aus dem Bett. Ich stelle mich unter die Dusche und bereite mir mit einem noch jungfräulichen Senseo-Pad den ersten Kaffee des Tages zu. Dann reiße ich die Tüte mit der Buchstabensuppe auf und ordne sämtliche Pastabuchstaben alphabetisch. Kurz vor sechs habe ich das skandalöse Ergebnis: Das scharfe B fehlt und die Umlaute! Doch noch bevor ich mich aufregen kann, schlafe ich am Küchentisch ein.
    Das erste Mal werde ich um kurz vor sieben von einem riesigen Möbelpacker geweckt, der aussieht wie ein amerikanischer Truck-Fahrer. Schlaftrunken händige ich den Penthouse-Schlüs-sel aus und schleppe mich ins Schlafzimmer. Das zweite Mal weckt mich ein dürres grünes Männchen von Westmail mit einem Brief für Johanna Stähler und um drei vor acht der Tourette-Turm von Pfarrer Westhoff. Als der letzte der insgesamt 176 Dongs in den Straßen verhallt, beschließe ich andere Geschütze gegen den Lärm-Terror aufzufahren. Stromausfall? Russenmafia? Einstweilige Verfügung? Wärmegesteuerte Crui-se Missiles? Im Turm brütende seltene Vögel? Eine Demo?
    Mhhh . vielleicht ja eine Demo. Mit einem Himbeermarmelade-Toast setze ich mich ans Fenster. Der Umzug ist im vollen Gange und über mir knirscht und kracht es, dass einem schlecht werden könnte. Ein Karton nach dem anderen wandert aus einem großen LKW hinauf ins Luxus-Reich und wird direkt über meinem Kopf abgestellt. Es folgen krachteure Designermöbel: eine mindestens drei Meter große Wohnzimmerlampe im Schreibtischlampenstil, mehrere Teakholzschränke und ein stylisches Lack-Sideboard. Richtet die 'ne Designer-Messe aus oder will sie da wohnen? Was alleine das Sideboard kosten muss. Mit jedem nach oben wandernden Möbelstück fühle ich mich ein Stückchen unterschichtiger, da hilft mir auch der amüsante Gedanke nicht, dass sämtliches Mobiliar in den falschen Zimmern landet. Denn wahrscheinlich sitzt meine gestraffte Riesenblondine gerade mit irgendeinem VIP auf einer Sonnenterrasse im Schnee und giggelt sich tot über mich, den Schluff mit der dunklen Zwei-Zimmer-Wohnung. Hihihihihihi-hi! Und wo sitze ich? In einer von der Arbeitsagentur bezuschussten 2-Zimmer-Wohnung ohne Flurlicht und Balkon! Achtung Simon. Wut steigt auf. Wo er doch die Ruhe braucht. Zu spät. Mein Auge zuckt. Dessen ungeachtet wird nun ein riesiges Gemälde nach oben getragen, auf dem eine Heuschrecke mit Sonnenbrille zu sehen ist. Ist das noch Kunst oder schon Selbstkritik? Es folgen ein großer Alu-Kühlschrank mit Eiswürfelspender und ein massiver Holztisch im indischen Stil, mehrere weiße Ledersessel und eine weiße Couch. Flecken kriegt die da nie wieder raus, das ist ja wohl klar. Ich seufze und drehe mich zu meinem hölzernen Baumarkt-Buchenregal, auf dem Nutella, Tütensuppen und das Buch »Preisbewusst kochen für eine Person« steht. Als ein Spezialkran anrückt, um ein riesiges Fitnesslaufband über das Haus hinweg direkt auf die Dachterrasse zu heben, kriege ich zuviel. Ich entschuldige mich bei Shahin für die Fehlzeit und flüchte mit zuckendem Auge aus meiner eigenen Wohnung.
    Die Bahn fährt mich Richtung Neumarkt und damit mitten ins pulsierende Herz unserer liebevoll verschandelten SchunkelMetropole. Ich steige aus und bleibe keine zwei Meter

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