Millionär
schnorren.«
»Ist nicht wahr .«
»Aber woher wissen Sie das mit meinem Karnevalskostüm?«
»Ich war die Tage beim Ägypter und der hat mir Ihre Tasche mitgegeben, da war ein Klettfrosch drin, ein Feenhut und so Glitzerzeugs für die Haare.«
»DA hab ich die Sachen gelassen. Hat er mich noch gekannt?«
»Erst nicht, aber als ich das mit dem Ketchup auf den Falafeln gesagt habe, da wusste er Bescheid.«
Meine Beraterin lacht.
»Das hat er nie verstanden, stimmt. Ich packe auf alles Ketchup drauf. Na, jedenfalls danke, dass Sie gegrüßt haben. Schön, dass er mich noch kennt. So was bringt einen durch den Samstag.«
»So schlimm der Arbeitstag?«
»Ach was. Geht schon. Ist ja nicht für immer hier. Nette Kollegen habe ich auch. Geht schon, alles. Wie ist Köln so zurzeit?«
»Hässlich und verbaut wie immer. Eine Hälfte schwul, die andere bekloppt. Aber sonst ganz nett. Hat sich nix geändert.«
Ich höre ein leises Kichern.
»Das glaube ich. Wir waren oft in der Scheinbar, im DeLite und im Boogaloo. Kennste?«
»Klar. Die gibt's alle drei noch. Könnt ihr also immer noch hin.«
»Na ja . ich fahr nicht mehr nach Köln!« »Verstehe.«
»Aber du kannst ja mal ein Bier für mich trinken dort . oh . sorry. Jetzt hab ich Sie geduzt.«
»Nicht schlimm. Ich bin Simon.«
»Annabelle!«
»Na jedenfalls ... ich geh nicht mehr so oft aus.«
»Okay. Na dann ...«
Ich schiele zum Fernseher, wo ein Herr Lafer gerade ein Perlhuhn in eine Auflaufform legt.
»Ich könnte Ihnen . DIR die Karnevalssachen zuschicken!«, sage ich nach kurzer Pause. »Ich meine, ist doch nur fair, dass ICH DIR mal was schicke.«
»Also ... das ist lieb, dass du's mitgenommen hast für mich aber ... ehrlich gesagt, kannste die Sachen ruhig wegwerfen.«
»Den Frosch auch?«, frage ich.
»Den Frosch auch!«
»Warum?«
»Weil der mich an den beschissensten Abend meines Lebens erinnert!«
»Das war der Abend, an dem du die Tasche vergessen hast?«
»Genau der!«
»Und ... fährst du deswegen nicht mehr nach Köln?«
Ich schalte den Fernseher aus und wechsle vom kleinsten Pub der Welt in meine Lümmelcouch.
»Warum ich nicht mehr nach Köln fahre? Ich .«
»Ja?«
»Mein Teamleiter kommt, Herr Peters. War sehr schön, mit Ihnen zu sprechen. Hatten Sie sonst noch irgendeine Frage zu einem unserer Produkte?«
»Was? Äh ... nein. Halt, doch. Haben Sie meine Pringles schon rausgeschickt?« »Die . sind gestern raus, ja.« »Super. Ich frag nur, weil ... ich hab keine mehr.« »Einen schönen Abend noch und danke für Ihren Anruf bei Procter & Gamble.« »Ja. Danke auch. Tschüss.«
Ein wenig ratlos lege ich auf und schiele auf das gegenüberliegende Couchkissen, zu Annabelles Frosch. »Ich soll dich wegschmeißen, hat sie gesagt!« So erschrocken ist das arme Tier, dass es sich die nächste Stunde keinen Millimeter von der Stelle rührt.
lick it like beckham
Der plötzliche Abbruch meines Gesprächs mit Annabelle hat eine gewisse Schwermut auf meinen Fernsehabend geworfen. Vielleicht hätte ich ja auch nicht so direkt fragen sollen nach dieser Köln-Geschichte, immerhin kennen wir uns erst seit vier oder fünf Produkten. Ich bin schon bis zu den Knöcheln in die Wehmut gerutscht, da lassen mich Geräusche aus dem Treppenhaus aufhorchen. Ich sprinte zum Spion und sehe Johanna scherzend mit einem gut gebauten Kerl nach oben gehen. Ihr Freund? Ihr Mann? Ihr Bruder? In der Werbepause von »Die extremsten Unwetter der Welt« ahne ich dann, dass es nicht ihr Bruder ist. Ich drehe den Fernseher leiser und mein rechtes Ohr zur Decke. Mir schwant, dass diese Geräusche nur von etwas kommen können, was ich seit geraumer Zeit nur aus Erzählungen kenne: Geschlechtsverkehr!
Ich stelle den Fernseher ganz aus und springe auf. Tatsächlich! Das kann nur dieser Sex sein, von dem in letzter Zeit so viel gesprochen wird. Mit beeindruckender Geschwindigkeit poltert und rummst es über mir; nach jedem zweiten oder dritten Ba-tang scheint sich die Position der Akteure um ein paar Zentimeter zu verschieben. Gemeinsam wandern wir vom Wohnzimmer über den Flur in die Küche. Johanna stöhnt nach jedem Ba-tang. Ich mache mir ein Bier auf und widme mich mehr oder weniger pikiert meiner Wetter-Doku. Als kurz darauf über mir noch irgendetwas zu Bruch geht und diesem Geräusch ein lautes »Hihihihihi« folgt, ahne ich schon: Gegen das, was sich da über mir abspielt, ist jeder mir bekannte Fleischfilm ein verschnarch-ter Bingoabend.
Tak Tak Tak Tak
Weitere Kostenlose Bücher