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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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kostet wie anderswo. Das Zweite: dass dies allen scheißegal ist. Beispiel. Hundert Gramm Schinken: € 4,99. Eine Kiwi, Bio nach EU-Verordnung: 89 Cent. Was zum Teufel ist eigentlich Bio nach EU-Verordnung? Ich nehme mein gelbes Buch aus der Tasche und notiere: Was zum Teufel ist Bio nach EU- Verordnung?
    Neben der Käsetheke springt mir eine Pyramide aus DinkelChriststollen für € 7,99 ins Auge. Sieben Euro neunundneunzig? Für EINEN Christstollen? Das sind ja acht Flaschen Kölsch! Wie soll sich ein Selbstständiger so was leisten können?
    Mal wieder wird mir klar, wie es aussieht im schönen Deutschland: Die Oberschicht leistet sich ungespritzte Biobananen von den französischen Antillen, während arme Socken wie ich an pestizidverseuchtem Discounter-Obst verrecken. Direkt neben der Stollenpyramide entdecke ich eine Servicetafel mit Zettelchen dran. Drauf stehen Kundenfragen. Neugierig nehme ich einen Zettel ab und beginne zu lesen.
    Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn Sie Dinkel-Rübli-Häschen von Werz Naturkorn ins Sortiment nehmen würden.
    Soso. Über so was würde sich der Herr Wittig also »wahnsinnig freuen«. Ich schaue kurz, ob ein Verkäufer in der Nähe ist und schreibe im Namen von Alnatura meine Antwort mit Kugelschreiber darunter:
    Lieber Herr Wittig. Fragen Sie doch mal ein paar Leute auf der Straße, über was sie sich im Leben »wahnsinnig freuen« würden. Wenn irgendjemand »Dinkel-Rübli-Häschen von Werz Naturkorn« sagt, kriegen sie 1000 Euro in bar direkt an unserer Kasse.
    Ich lese ein paar andere Zettel und wundere mich, dass derart dämliche Fragen von der Supermarktleitung auch noch höflich und ernsthaft beantwortet werden. Gut, dass ich noch einige unbeantwortete Zettel abfangen kann:
    Warum bieten Sie nicht für sechs und mehr Flaschen Wein einen Rabatt an, so wie das Wein-Depot?
    Kein Verkäufer weit und breit. Ich schreibe:
    Danke für den Hinweis. Wir haben das Wein-Depot gebeten, diese unverschämte Form des Rabatts unverzüglich einzustellen.
    Hier! Noch eine schöne unkommentierte Anregung:
    Schade, dass Sie das Öko-Schaffell für Kinder nicht im Sortiment haben.
    Ich überlege kurz. Dann schreibe ich:
    Neue Schafe sind bereits bestellt und werden voraussichtlich morgen hingerichtet, damit Ihr verzogener Luxusbalg seine Biogase im Warmen in die Atmosphäre flatulieren kann.
    Zufrieden hefte ich den Zettel zurück an die Tafel. Direkt daneben klebt ein weiterer mit rotem Gekrakel. Allein das Schriftbild und die Zeichensetzung würden zehn Sitzungen Psychotherapie rechtfertigen.
    Bitte, Dinkelfruchtherzen wenn möglich, zartbitter ins Sortiment aufnehmen!!!
    Wird weiter geleitet. Probieren Sie doch alternativ dazu mal einen Double-Whopper Cheese mit extra Bacon bei Burger King. Ihr Alnatura- Team
    Ich schaue die ganze Tafel durch, finde aber nur noch eine einzige unbeantwortete Kundenfrage. Schade.
    An der scharfen Kante der Bäckereitheke habe ich mir das Knie sehr schmerzhaft verletzt. Der ganze Eingangsbereich ist zu eng!
    Wie dämlich kann man sein?
    Wir empfehlen die Verwendung der neu ins Sortiment aufgenommenen Dinkel-Rübli-Knieschoner, die eigens für unsere scharfe Bäckereithekenkante entwickelt wurden.
    »Was machen Sie denn da mit den Zetteln?«
    Ein dürrer, kleiner Alnatura-Verkäufer mit lichten, roten Haaren und großer Nase tippt mich an. Er deutet auf meinen Kunden-Zettel, den ich schnell in meiner Jackentasche verschwinden lasse.
    »Ich ... ich bin Kunde und wollte was fragen!«, stammle ich.
    Der Verkäufer neigt misstrauisch seinen Kopf zur Seite.
    »Fragen Sie!«
    »Nein!!!«
    »Warum nicht?«
    »Die Frage . sie ist noch unausgegoren, schlecht formuliert und . unleserlich!«
    Ich kenne den Typen von irgendwoher und plötzlich weiß ich auch von wo.
    »Sie haben mal bei Ikea gearbeitet, stimmt's?«
    Der Bio-Zwerg stutzt.
    »Ja! Und?«
    »30 C, oder?«
    »Wie bitte?«
    »Der Sessel Jennylund stand bei 30 C im Mitnahmelager!«
    »Also, das weiß ich jetzt beim besten Willen nicht mehr.«
    »Aber ich! Weil Sie mir den verkauft haben und verscheißert haben Sie mich, weil's nämlich ein Singlesessel war!«
    Die Miene des Verkäufers hellt sich auf.
    »Jetzt wo Sie's sagen ... stimmt, ich kenne Sie! Und, wie sieht's heute aus mit den Frauen? Endlich 'ne Freundin?«
    Der Typ war vor zwei Jahren schon ein Idiot. Warum sollte sich das geändert haben?
    »So. Genug gequatscht, war toll Sie wiederzusehen, aber jetzt muss ich einkaufen, ich hab schließlich

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