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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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BIN DER PFEIF-ADAIR!«
    »UND ICH DER BESCHWER-ADAIR!!!«
    Stühle werden umgestoßen, wildfremde Menschen umarmen sich und der Sitzkauz von nebenan rennt schon das dritte Mal den Mittelgang runter vor lauter Kraft. Und dann tanzen wir zusammen mit der übermotivierten Horde. Ob es bei »Konzernrechnungslegung nach IFRS/IAS« auch gerade so abgeht?
    Mit einem breiten Lächeln kommen Shahin und ich am Abend aus dem Hotel. Wir umarmen uns nochmal und Shahin klopft mir auf die Schulter dabei. Er wirkt unfassbar zufrieden mit sich und der Welt.
    »Hey, danke, Mann! Das war echt gut. Ich weiß jetzt ganz genau was ich machen muss!«
    Irritiert löse ich mich aus der Umarmung.
    »Du weißt ganz genau was du machen musst? Was machst du denn?«
    »Ich mache einen Wasserpfeifen-Service auf. Für FirmenEvents und Gastro. Ich hab auch schon einen Namen. >Dr. Shisha!< Und du?«
    Ich stutze. Ich schlucke. Ich trete einen Schritt zurück.
    »Wie? Was ich mache?«
    »Na, wie wirst du der Dienstleistungs-Adair, mein kleiner Bichareh?«
    »Ich ... ich hab keine Ahnung!«
    platte tiere
    In grimmiger James Dean-Pose kämpfe ich mich durch die grauenhafte Innenstadt in Richtung Heimat. Ich bin enttäuscht von mir selbst, neidisch auf Shahin und sauer auf den Ron Schubert.
    Wenn du fliegen lernen willst, dann umgib dich mit Adlern.
    Wenn du tust was alle tun, dann kriegst du das was alle kriegen.
    Er ist der Red Adair der Dienstleistung!
    Was für ein dämliches Gelaber! Das muss Shahin doch auch aufgefallen sein. Pfeif-Adair! Ich lach mich tot. Wie kann er denn auf Basis derartiger Nullformeln ein Geschäft gründen?
    Eine Fußgängerampel zeigt Rot und ich bleibe stehen. Bleibe stehen, obwohl weit und breit gar kein Auto zu sehen ist. Wie arm. Das hab ich noch nie gemacht. Was, wenn ich doch nur ein Huhn bin? Ein Hartz-IV-Huhn womöglich, dem der Staat monatlich 345 jämmerliche Körner direkt unter den Adlerhorst streut, nur um das arme Tier zu demütigen. Eine jämmerliche Kreatur, die nichts anderes verdient hat als getreten zu werden von der Königin der Unterschicht?
    Die Ampel schaltet auf Grün und ich kann die Straße überqueren. Toll, was ich alles kann! Aber ist das alles? Wer bin ich? Ein Arbeitsuchender mit Burnout? Ein Huhn ohne Flügel? Ein Adler ohne Horst?
    Am WDR-Gebäude mit der riesigen Maus an der Fassade komme ich auf die Idee, ein paar erfolgreiche Freunde anzurufen und sie zu fragen, wie sie das alles so gemacht haben.
    Erfolgreiche Freunde. Hab ich die überhaupt? Mhhh . so richtig erfolgreich ist eigentlich nur Phil und der wird sich bepissen vor Lachen, wenn ich ihn nach seinem Erfolgsrezept frage. Hat er denn das zu seinem Beruf gemacht, was er sowieso machen würde? Wenn »die Klappe weit aufreißen« sein Beruf ist, dann ja. Im Grunde genommen kann er auch nix. Genauso wie ich. Also wähle ich doch seine Nummer.
    »Simon?«
    »Stör ich?«
    »Bin gerade aufner Vernissage in Sürth, is aber nich schlimm.«
    »Was denn für 'ne Vernissage?«
    »Manni Friedemeyer projiziert plattgefahrene Tiere.«
    »Was?«
    »Schwarzweiß-Aufnahmen von plattgefahrenen Tieren auf Bundesstraßen. Super-interessant. Was gibt's denn?«
    »Ja, also ... mir geht's scheiße. Ich kriege es nicht hin mit dem Haus.«
    »Warte, ich geh mal nach draußen. Du willst jetzt aber nicht wieder Geld von mir oder?«
    »Eher einen Rat. Na ja ... du kennst mich ja jetzt ziemlich gut und du bist ja auch immer ehrlich. Hast du vielleicht 'ne Idee, was ich anders mache als du?«
    »Sekunde mal. Du rufst mich an und fragst mich, was du anders machst als ich?«
    »Äh ... ja! Oder, wenn's dir leichter fällt: Was machst du richtig?«
    »Keine Ahnung. Sagen wir mal so: Ich weiß, was ich will, und treffe die passenden Leute dazu.«
    »Und ich?«
    »Du hast keine Ahnung, was du willst und triffst auch keinen.«
    »Aber . ich weiß doch jetzt, was ich will! Ich will das Haus kaufen.« »Okay, wo bist du gerade?«
    »An der Nord-Süd-Fahrt, direkt unter der Maus vom WDR!«
    »Dann wink dir ein Taxi und komm zur Vernissage. Sind ein paar coole Leute hier und Freibier gibt es auch. Dann quatschen wir. Ich zahl auch das Taxi.«
    »Echt? Ich soll kommen?«
    »Simon. Du stehst frustriert unter 'ner Plastikmaus und ich trink Champagner und ess Sashimi dazu. Geht doch irgendwie nicht oder? Also schwing deinen plattgesessenen Hartz-IV-Arsch in ein Taxi und lass dich nach Sürth fahren in die alte Gewürzfabrik, Rechnung geht auf

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