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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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sage laut: »Okay!«
    Ich folge der hektisch davonstaksenden Dame im Abstand eines Kleinbusses. Wir verlassen den Wohnpark und biegen auf die Aachener Straße, eine der lärmenden Hauptverkehrsadern der rheinischen Klüngelmetropole. An der Straßenecke bemerkt mich Frau Seawood-Winter das erste Mal und fragt mit spitzer Stimme:
    »Sagen Sie mal, folgen Sie mir?«
    Let's get ready to rumble.
    »Schatz, was soll denn das?«, frage ich kopfschüttelnd und gehe einen weiteren Schritt auf sie zu.
    »Wie bitte?«
    »Schau, jetzt sei vernünftig und lass uns das zusammen durchziehen.«
    Die Bekloppte starrt mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle. Hab ich ja auch nicht. Im Gegensatz zu ihr ist das bei mir allerdings nur zeitweise und Teil eines Plans, an 5000 Euro zu kommen.
    »Spinnen Sie? Was denn durchziehen?«
    »Unseren Scheidungstermin. Ach Anni, das find ich jetzt echt nicht fair, dass du dich doof stellst.«
    Man kann förmlich sehen, wie es unter den glattgekämmten Grünteehaaren brodelt.
    »Woher kennen Sie meinen Spitznamen?«, faucht es mir entgegen.
    »Weil wir verheiratet sind! Jetzt komm schon, Schatz. Wir müssen das jetzt durchziehen.«
    Wie in einem bizarren Duell stehen wir uns gegenüber und mustern uns. Ich präsentiere die halbe Giraffe.
    »Das mit Schneuz hab ich mir auch überlegt. Wir machen einfach halbe-halbe. Schau. Ich hab alles vorbereitet!«
    »Ich kenne keinen Schneuz. Wissen Sie was? Ich glaube, Sie spinnen!«
    Kopfschüttelnd dreht sich die Bekloppte um und geht weiter. Ich folge ihr im gleichen Abstand wie eben. Wir passieren ein
    Sonnenstudio und ein Blumengeschäft, bevor sie sich plötzlich umdreht und stehen bleibt, was ich ihr natürlich sofort nachmache. Sie klingt jetzt schon einen Tick aufgeregter.
    »Sagen Sie mal, laufen Sie mir jetzt die ganze Zeit nach mit Ihrem kaputten Stofftier?«
    »Das ist kein kaputtes Stofftier. Das ist dein Teil von unserem Schneuz! Jetzt lass uns das durchziehen mit der Scheidung. Wir haben schon viel zu lange diskutiert!«
    »Was denn für 'ne Scheidung?«
    »Ach Anni. Der Termin um halb zehn.«
    »Sie gehören doch in die Klapse, gehören Sie doch!«
    »Sag so was nicht. Nicht vor Schneuz!«
    Ein weiteres Mal schweigen wir uns an und ich bemerke ein leichtes Zucken der Mundwinkel bei Annrike. Mein Auge bleibt dagegen ruhig. Wenn man das Zucken einmal gebrauchen könnte!
    »Hören Sie, ich muss zu einem privaten Termin. Und wenn Sie mir da nachlaufen mit Ihrer halben Giraffe, dann .«
    »Dann ...?«
    »Rufe ich um Hilfe!«
    Ich hebe meine Augenbrauen.
    »Ach Schatz! Für mich ist das auch nicht leicht.«
    »Sie SIND verrückt!«
    Ich gehe einen weiteren Schritt auf sie zu und deute eine Umarmung an. Erschrocken weicht sie zurück. Gott sei Dank.
    »Ich weiß, dass ich verrückt bin. Aber ich akzeptiere, dass du dich von mir trennen willst deswegen. Es ist okay, mein Schatz, völlig okay. Ich verstehe, dass du die ganzen Marotten satt hast, mein Graszimmer mit dem Karottenspender und die Schlaferei im Stehen. Es ist okay. Also lass uns die Scheidung jetzt durchziehen.«
    Pause. Blicke. Es arbeitet in ihrem Gehirn. Ich bleibe einfach stehen, lächle und biete die halbe Giraffe an. Hab ich Annrike vielleicht schon am Wickel? Noch nicht, denn statt sich auf weitere Diskussionen einzulassen, macht sie einfach kehrt, läuft verärgert an mir vorbei und geht Richtung Blumengeschäft.
    »Schatz! Wo willst du denn hin?«, rufe ich ihr hinterher und gebe mir Mühe, es möglichst verzweifelt klingen zu lassen.
    »Was abholen!«
    Bingo. Sie hat geantwortet. Zum ersten Mal!
    »Ich komme mit!«
    Die Schritte von Frau Seawood-Winter verlangsamen sich. Nach einem Augenblick des Nachdenkens dreht sie sich um und wieder stehen wir einfach so da und schweigen uns an.
    »Ich sage Ihnen jetzt mal was: Ich hab keine Angst vor Ihnen und ich werde Sie von nun an ignorieren. Ich werde nämlich heute einen Polizisten heiraten!«
    »Anni ... du kannst auch den Fiat behalten!«
    »Sagen Sie mal, schnüffeln Sie mir jetzt noch nach? Woher wissen Sie denn, dass ich einen Fiat habe?«
    Ich will gerade antworten, als die Bekloppte völlig überraschend losrennt. Ich verliere bestimmt zwanzig Meter, so verdutzt bin ich. Schneuz und ich rennen ihr hinterher, doch sie ist schneller und steigt in einen gelben Fiat Panda, bevor ich sie aufhalten kann. Panisch wähle ich Shahins Nummer. Es war abgemacht, dass er mit seinem klapprigen Passat immer in meiner Nähe bleibt.
    »Shahin,

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