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Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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kostet fotogerecht.
    Zum Glück werden die Amuse-Gueule zugeliefert und gleich am Getränkepass ausgegeben, also haben wir Platz. Aber immer weniger Zeit.
    „Bleibst du noch beim Anrichten?“, fragt Daniel. Ich nicke.
    Lena Sanders wird nach draußen geholt, bald hört man lebhaften Applaus und sie singt eine populäre Arie – Verdi oder so. Daniel hat inzwischen alle Teller aus dem Kühlhaus zurückgeholt. Er zeigt mir und einer der Küchenhilfen, wie das Gericht fertiggestellt werden soll. Er hat die Marinade in eine Sprühflasche gegeben, die Küchenhilfe soll sie über jeden Teller, den sie aus dem Tellerhalter nimmt, sprühen. Ich darf eine Schnitte vom Brimsen-Buttermilch-Mousse auflegen und er wird zwei Scheiben Entenbrust anrichten. Sieht gut aus und riecht auch so. Vom Service bekommen wir das Kommando, dass es losgehen kann. Und während Lena Sanders noch etwas singt, arbeiten wir auf Hochdruck. Das Kellnergeschwader hat sich bereits versammelt, bereit, jeweils drei Teller aufzunehmen.
    Zweimal schaffe ich es nicht, das Mousse von der Palette gleiten zu lassen, es klatscht auf und versaut die ganze Komposition, Daniel schiebt die Teller kommentarlos zur Seite, und weiter geht es. Draußen Applaus, und die Kellner starten. Wir legen noch einen Zahn zu, der letzte Tellerhalter ist beinahe leer, als das Kommando kommt: „Genug! Alle haben ihr Essen!“
    „Wenn du mal den Job wechseln willst …“, sagt Daniel und lächelt: „Danke!“
    „Ist mir zu stressig, glaube ich.“
    „Das sagst ausgerechnet du? Ich halte Reportagen über ungeklärte Todesfälle für deutlich stressiger. Setzt du dich jetzt hinaus? Ich sorge dafür, dass man dir eine Vorspeise bringt.“
    „Und du?“
    „Ich muss noch zusammenräumen. Und wenn Lena Sanders Hilfe braucht …“
    „Du meinst, ihre Assistenten.“
    „Klar. Aber wir sehen uns noch, ich finde dich.“
    Ich küsse ihn auf die Wangen, er schmeckt eindeutig nach Entenbrust, sehr appetitlich. Wenn er nicht Billys Mann wäre … Ich rufe mich zur Ordnung und gehe nach draußen. Der Oberkellner sieht meinen suchenden Blick.
    „Sie sind vom ‚Magazin‘, nicht wahr?“, sagt er. „Dass Sie auch kochen können … Meine Hochachtung!“
    Er führt mich an den Medientisch, die meisten Kolleginnen kenne ich noch aus meiner Zeit in der Lifestyle-Redaktion. Die Vorspeise schmeckt großartig. Und hier muss niemand wissen, dass ich die Zucchini dafür geschnitten habe. Und dass ich glaube, dass Lena Sanders gar nicht besonders gut kochen kann.
    Nachdem die Vorspeise abserviert ist, bittet man Daniel auf die Bühne, beklatscht ihn, er sagt einige Sätze über die Wichtigkeit, den Ärmsten der Amen zu helfen. Daniel macht seine Sache gut. Ein Spitzenkoch muss viel mehr können als kochen.
    Bis zum Hauptgang ist etwas Zeit, Wein wird nachgeschenkt, jetzt kann man zwischen einem Shiraz aus Australien und einem wuchtigen Sauvignon Blanc aus dem Burgenland wählen. Ich mag die Sauvignons lieber schlank und duftig, aber ich bin ja nicht in erster Linie da, um zu essen und zu trinken. Ich stehe auf und gehe zwischen den Tischen herum, als würde ich jemanden suchen.
    Und stelle verwundert fest, dass Klaus Liebig mit seiner Mutter und wohl seinem Vater hier ist. Ich drehe mich rasch um, habe keine Lust auf ein Gespräch, aber er hat mich schon entdeckt, springt auf, schüttelt mir die Hand und fordert mich auf, an ihren Tisch zu kommen.
    Leider könne ich meine Tischgesellschaft nur kurz im Stich lassen, lüge ich feige.
    „Haben Sie schon mit dem Produzenten gesprochen?“, fragt Klaus Liebig.
    Ich nicke. „Er hat gesagt, Sie sollen vorbeikommen. Es ist noch keine Zusage“, warne ich.
    Klaus Liebig strahlt trotzdem.
    „Und Sie wollen wirklich, dass ich Ihre Geschichte erzähle?“
    Er sieht mich mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Enthusiasmus an. „Ja, natürlich. Mein Selbstmordversuch und die zweite Chance, ich muss mein Trauma überwinden.“
    Irgendetwas stimmt hier nicht. Wenn ich bloß wüsste, was.
    Nach dem Hauptgang sehe ich mich nach Daniel um. Das Dessert wird von einer berühmten Konditorei angeliefert, heftiger Verkehr in den Gängen rund um die Küche. Ich gehe auf die Terrasse, blicke über Wien, so von oben betrachtet, gibt es nichts, was mich an meiner Stadt stören würde. Auf Dauer möchte ich wohl nirgendwo sonst leben. Die Mischung aus alt und neu, aus modern und traditionell, aus leichtlebig und melancholisch, aus Gier und Großzügigkeit.

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