Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Vielleicht hat die jede große Stadt, aber das ist eben meine.
„Da bist du ja“, sagt Daniel von hinten, er hat ein Glas Bier in der Hand. Es scheint mir nicht zu ihm zu passen, aber das liegt wohl daran, dass ich kein Bier mag. Die meisten Köche mögen Bier.
Ich reiße mich los.
„Ich glaube, dass Lena Sanders nicht kochen kann“, sage ich.
„Sie kann singen“, antwortet Daniel.
„Sie tut so, als sei sie eine begeisterte Hobbyköchin.“
„Und ich soll dir jetzt bestätigen, dass nicht alles stimmt, was über Medien verbreitet wird? Sie wird das Image als Moderatorin dieser Kochshow eben brauchen.“
„Das regt dich nicht auf?“
„Warum? Kochen ist momentan in, es tut ja niemandem weh, wenn sie so tut, als könnte sie kochen.“
„Käme es raus, wäre es schlecht für ihre Glaubwürdigkeit.“
„Da hast du schon recht. Fans verzeihen so etwas nicht gerne.“
„Deswegen war sie so aufgebracht, als ich in die Küche gekommen bin.“
„War sie? Übrigens: Ich hab wegen Anna-Maria Bischof kurz mit Billy telefoniert. Sie lässt dich schön grüßen und ich soll dir sagen, dass ihr endlich wieder einmal zu uns essen kommen sollt. Jedenfalls: Die haben das ‚Margarita‘ ganz groß umgebaut, Luxuszimmer der 5-Sterne-plus-Kategorie, mit Whirlpool in jedem Zimmer, einem aufwändigen Wellnessbereich, jeder Menge Personal. Wahrscheinlich war da ihr Mann dahinter. Sie ist eine harte Arbeiterin, er soll mehr so ein Grüßaugust ohne eigentliche Funktion sein. Er will endlich wichtig sein. Sagt Billy zumindest. Auch die Küche ist umgebaut worden. Du weißt ja, wie schwierig es ist, einen Platz in der ersten Reihe zu halten. Drei Hauben, zwei Sterne, das kostet.“
Ich nicke, ich habe längst gelernt, dass mit der Spitzengastronomie selten viel zu verdienen ist. Im Gegenteil: Gewonnen hat man schon, wenn man darauf achtet, dass einen die Kosten nicht in den Konkurs treiben. Ich kenne einige Topköche, die nur mehr für ihre Bank arbeiten. „Wahrscheinlich macht sie deswegen bei MillionenKochen mit“, sage ich.
„Dafür gibt es keinen Cent“, erwidert Daniel.
„Hat man dich auch gefragt?“
„Ist schon eine Zeit lang her. Aber ohne Billy und mich funktioniert unser Lokal nicht, das ist ein ganz anderes Konzept. Und: Eigentlich kannst du als Profi bei MillionenKochen nur verlieren. Gewinnt der Amateur, heißt es sofort, weit her kann es mit der Küche bei dem angeblichen Superkoch nicht sein, wenn er sogar von einem Hobbykoch geschlagen wird. Bist du aber um so viel besser, dass du tatsächlich gewinnst, dann ist das Publikum sauer, weil du ihren Lieblingskandidaten ausgebremst hat.“
„Und die Werbung?“, werfe ich ein.
Daniel seufzt. „Das ist das Einzige, was zählt. Jeder von uns muss schauen, im Gespräch zu bleiben. Deswegen macht es die Bischof wohl auch.“
Ich nicke. „Auch Stars müssen für 15 Minuten ins Fernsehen, wenn sie Stars bleiben wollen.“
„In Abwandlung von Andy Warhol“, lacht Daniel, „da ist eine ganze Menge dran.“
[ 6. ]
Super Reportage“, sagt Frank, als ich mit ihm im Aufzug zu meinem Büro fahre.
Das hört man gerne, ich lächle und danke unserem Chef vom Dienst.
„Ein Glück, dass plötzlich so viel Platz frei war“, fährt er fort.
„Warum plötzlich?“
„Der Chefredakteur hat sich Platz reservieren lassen. Sogar mit der Option, auf die Titelseite zu gehen. Es ist erst sehr kurzfristig entschieden worden, dass wir mit den ‚Süchten der Österreicher‘ aufmachen. Ich frage mich …“
„Was wollte er mit dem Platz?“, will ich wissen.
„Keine Ahnung, er hat recht geheimnisvoll getan, so als ob er auf eine ganz besondere Story warten würde. Ob das mit seinem Abgang zu tun hat? Vielleicht wollte er etwas schreiben und hat es sich dann doch anders überlegt.“
„Und was? Eine Abrechnung?“
Frank zuckt mit den Schultern. „Wie man hört, hat er in den letzten Monaten sehr gute Kontakte zum Bildungsministerium geknüpft. Und es war von einem neuen Medienstaatssekretariat die Rede.“
„Unser Chefredakteur als Staatssekretär? Kann ich mir nicht vorstellen.“
„Weil du von der Regierung so viel oder so wenig hältst?“, grinst Frank.
„Hast ja recht, er würde schon passen. Ich kenne die Pressesprecherin des Bildungsministers, ich könnte ja einmal nachfragen …“
Frank hat sein Büro einen Stock unter meinem. „Lass mich wissen, was du rausgekriegt hast“, sagt er und steigt aus.
Wir sehen uns früher
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