Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Weil sie etwas weiß? Ich habe ein Kochbuch von ihr, gute Rezepte, eine Art kulinarische Reisebeschreibung ihrer Weltkarriere, von Mailand bis Singapur. Und sehr nette Fotos. Meine Mutter hat mir das Buch zu Weihnachten geschenkt.
Charity. Es wird nicht schwer sein, herauszufinden, was das für eine Veranstaltung sein soll. Für Kleinkram wird sie nicht eingeladen.
Ich öffne Google und gebe „Lena Sanders“ und „Charity“ ein. Da. Ein Projekt für eine Gesangsakademie in Georgien. Jetzt weiß ich es wieder, sie stammt aus Georgien. Aber die Veranstaltung war letzten Monat.
Sie kehrt vier Mal in verschiedenen Linkverbindungen wieder.
Dann eine Veranstaltung, auf der sie als Gast war. Kinderkrebshilfe. Noch eine. Alzheimerbetreuung. Es ist ganz schön anstrengend, ein Star zu sein. Dass es niemandem aufgefallen ist, dass sich MillionenKochen und ihre anderen Termine kaum miteinander vereinbaren lassen? Ich sehe genauer nach. Es geht sich aus. An Sendetagen war sie auf Veranstaltungen, bei denen sie vor oder nach MillionenKochen aufgetaucht ist.
Da! Das ist heute! Charity zugunsten eines SOS-Kinderdorfes in Sri Lanka. Es geht um den Tsunami und um Hilfe für die Ärmsten der Armen. Die Veranstaltung beginnt bereits um 17 Uhr im Lokal auf dem Dach des Justizpalastes. Schicke Location, ich kenne den Betreiber flüchtig. Aber besser, ich bemühe mich ganz legal um eine Pressekarte.
Kein Problem. Zehn Minuten später habe ich die Zusage, dass eine Karte im Justizpalast am Empfang für mich bereitliegt.
Wo ist eigentlich Gismo? Daheim oder bei Oskar? Es wird vielleicht doch Zeit, dass wir unsere Beziehung auf andere Beine stellen. Ehe. Mira. Du bist verheiratet.
Gismo ist noch bei Oskar. Klar. Ich rufe ihn an und sage, dass ich später komme, mir wäre lieber, wir übernachten noch einmal in seiner Wohnung. Oder: Er behält Gismo für die Nacht und ich schlafe daheim.
„Ich freue mich, wenn du kommst“, sagt Oskar.
Ich erzähle ihm kurz, was heute schon alles passiert ist. Ich möchte mit ihm am Abend ausführlicher darüber reden, ich sehne mich nach seiner ruhigen Art, er hilft mir immer wieder, den nötigen Abstand zum Redaktionswahnsinn zu bekommen. Höre ich ihm eigentlich genug zu, wenn er über seine Fälle und die Anwaltskanzlei erzählt? Eigentlich erzählt er viel weniger als ich. Warum? Ich rufe mich zur Ordnung. Gerade hat Oskar etwas am Telefon gesagt und ich hab gar nicht richtig hingehört.
„Bert Seinitz“, wiederholt er, „da klingelt etwas bei mir, aber ich weiß nicht, was. Ich kenne seinen Namen, das hab ich mir gestern schon gedacht. Aber es hat nichts mit MillionenKochen zu tun.“
Ich werde aufgeregt. „Vielleicht im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren? Ihr habt doch einschlägige Suchmaschinen, ist er ein Straftäter? Es ist eigentlich schon Redaktionsschluss, aber ich kann noch was reinbringen.“
„Ich glaube nicht. So einfach lässt sich das außerdem auch nicht prüfen. Das dauert. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nichts mit einer Strafsache zu tun hat.“
„Wenn du in der nächsten Viertelstunde noch auf etwas kommst, bitte ruf mich an!“
„Ich hab in zehn Minuten Verhandlung.“
Ich sollte wirklich mehr auf seinen Beruf Rücksicht nehmen. „Sorry, wusste ich nicht, kümmere dich nicht drum, wir sehen uns heute Abend. Es wird nicht sehr spät.“
„Nimm dir die Zeit, die du brauchst.“
„Ich brauch dich.“
Oskar lacht glücklich „Du mich auch. – Ich dich auch. Oder so.“
So eine wohltätige Aktion über den Dächern von Wien hat schon etwas Erhebendes. Man tut Gutes, kann dabei essen und Seelenverwandte treffen – die Wiener Clique, der 500 Euro pro Eintrittskarte nicht wehtun. Abgesehen davon, dass die Hälfte der Gäste wohl über Beziehungen gratis mit dabei sein dürfte. Gratis dabei bin ich freilich auch. Ich werde einen kleinen Bericht für unsere Lifestyle-Seite abgeben, denke ich schuldbewusst und nippe an einem ganz guten chilenischen Chardonnay. Was Wein angeht, bin ich Patriotin. Aber den für das Fest hier hat ProWein gestiftet, und die haben wohl gerade etwas zu viel von diesem Chardonnay im Lager. Mir soll nichts Schlimmeres passieren.
Ich sehne mich nach bekannten Gesichtern um, entdecke einige, aber da ist niemand, mit dem ich dringend reden möchte. Eine junge Frau trägt Menükarten herum, ich nehme eine, lese und suche sofort den Weg Richtung Küche. Da kocht nicht nur Lena Sanders, sondern auch Daniel Capriati vom
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