Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
von gestern.
In der Mordkommission hat niemand mehr den Druck der Öffentlichkeit, bis Redaktionsschluss ein Ergebnis zu liefern. Doch Zuckerbrot gibt sicher nicht auf, davon bin ich überzeugt.
Vesna hat weiter so wenig Zeit, dass ich misstrauisch bin. Ich hätte sie gerne nach Tirol zu Anna-Maria Bischof geschickt, aber sie winkt ab.
„Du kannst noch so fragen, Mira Valensky, es ist nichts dahinter. Ich habe nur sehr viel zu tun“, sagt sie, als wir uns kurz in ihrem Büro treffen. Und tatsächlich scheint sie für die fünf Mädchen der Gang ständig Arbeit zu haben. Im Gegenzug darf die Mädchenbande auf ihrem Computer Flugzettel drucken, die dann gegen Machomoslems verteilt werden. „Wir wehren uns selbst“, steht darunter.
Aber heute soll Vesna wie jeden Dienstag in meine Wohnung kommen, um zu putzen. Ich habe extra nicht bei Oskar, sondern daheim übernachtet. Ich mache uns wie immer Kaffee und warte, dass sich der Schlüssel im Schloss dreht. Stattdessen läutet es. Allerdings nicht an der Gegensprechanlage, sondern schon an der Wohnungstür. Ich schaue durch den Spion nach draußen und da steht Jana. Vielleicht habe ich Vesna irgendwie gekränkt und sie ist zu stolz oder zu stur, um es mir zu sagen. Mir fällt nicht ein, womit ich sie beleidigt haben könnte. Und üblicherweise nimmt sie so etwas auch nicht einfach stillschweigend hin. Beleidigte Leberwurst zu spielen passt nicht zu ihr.
Ich lasse Jana herein.
„Mama?“, antwortet sie auf meine Frage. „Die ist im Dauerstress. Die ist nur noch da, um uns einzuteilen, dann ist sie wieder weg. Sogar am Abend. Papa ist schon stinksauer.“
Es gibt mir einen Stich. Wahrscheinlich hat die erfolgreiche Unternehmerin Vesna Krajner einfach andere Interessen als ihre alte Freundin Mira.
„Ich soll dir sagen, sie kommt nächste Woche sicher wieder selbst, aber heute konnte sie einfach nicht.“
„Was tut sie? Macht sie irgendwelche gefährlichen Extratouren, von denen ich nichts wissen soll?“, frage ich.
Jana grinst. „Meine Mutter? Kann ich mir nicht vorstellen. Ist doch so empört, dass wir Autos besprüht haben.“
„Du arbeitest mit ihr zusammen. Ist dir nichts aufgefallen?“
Das Mädchen reibt sich die Nase. „Sie ist … irgendwie anders.“
Ich habe eine Idee: „Vielleicht hat sie … einen Freund?“
„Mama? Nie im Leben!“, lacht Jana.
„Jetzt sag aber nicht, dass sie schon zu alt dafür ist.“
„Sag ich ja nicht, aber das passt einfach nicht zu ihr. Ich glaube, sie stürzt sich einfach ins Geschäftsleben. Würde mich gar nicht wundern, wenn sie bald eine GmbH hätte und Angestellte und dann eine Aktiengesellschaft. Leute einteilen, das kann sie.“ Jana seufzt. „Ich hätte eigentlich Ferien, meine letzten Schulferien.“
„Aber sie zahlt euch etwas. Und ich kann verstehen, dass sie dich momentan lieber unter Kontrolle hat.“
„Das war doch harmlos, und ich hab gleich kapiert, dass uns der Typ auf der Polizei nichts Böses wollte, bis jetzt ist nicht einmal eine Anzeige gekommen.“
Damals war sie ganz schön kleinlaut, aber ich sage nichts. „Und was machst du im Herbst? Studieren?“
„Ja, klar“, antwortet Jana.
„Und was?“
„Soziologie und Psychologie.“
Oje. Ich kann mir vorstellen, was die praktische Vesna davon hält.
Jana hat meinen Blick gesehen. „Mama sagt, ich soll etwas mit konkreten Aussichten studieren, aber was ist wichtiger, als über die Beziehungen der Menschen zueinander etwas zu lernen? Worum geht es auf dieser Welt? Ums Zusammenleben.“
Man sollte 18-jährige Mädchen nie unterschätzen.
„Ich glaube übrigens, dass Mama das ganz gut checkt, außerdem habe ich ihr versprochen, dass ich bis auf Weiteres bei ihr arbeite – stundenweise. Sie hat uns sogar ganz legal angemeldet. Und jetzt muss ich dringend loslegen, sonst bekomme ich Ärger mit meinem Boss.“
Jana putzt erstaunlich effizient, selbst ihre Bewegungen sind ähnlich wie die von Vesna. Das Putzgen? Blödsinn, so etwas ist nicht vererbbar. Als ich die Wohnung verlasse, lege ich ihr zum üblichen Lohn noch einen Zwanziger Trinkgeld.
„Das hast du Mama aber nie gegeben, oder?“, protestiert sie. „Das muss wirklich nicht sein.“
„Erstens ist Vesna meine Freundin und zweitens bekommt der Boss nie Trinkgeld“, grinse ich.
„Danke“, sagt Jana.
Ich will die Tür schon hinter mir zumachen, da drehe ich mich noch einmal um und sage zu Jana: „Wenn dir etwas auffällt bei Vesna oder wenn du das Gefühl hast,
Weitere Kostenlose Bücher