Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
da passiert etwas, das nicht in Ordnung ist, das für sie gefährlich werden könnte, bitte ruf mich an!“
Jana nickt. „Mach ich. Aber ich spioniere sie nicht aus.“
„Natürlich nicht.“
Meine Freundin Vesna, die gestresste Unternehmerin. Irgendetwas passt da trotzdem nicht.
Heute übernachte ich wieder bei Oskar, Gismo habe ich gleich dort gelassen. Ist sie die Vorhut? Ich habe in den letzten Wochen nur zwei Nächte nicht bei ihm geschlafen. Ist ja auch absurd, das Getue. Wir sind verheiratet. Und ich gebe zu: Ich will herausfinden, ob wir tagtäglich miteinander leben wollen. Oskar sagt nichts, nach meinem letzten Versuch traue ich mich aber auch keine grundsätzlichen Fragen mehr zu stellen. Hin und wieder beobachte ich ihn mit etwas Misstrauen: Gefällt es ihm überhaupt, wenn ich immer da bin?
Ich schwöre, es ist nicht, um mich einzuschmeicheln, ich koche gerne, und so koche ich auch heute wieder. Jeden Tag geht sich das ohnehin nicht aus. Außerdem wird heute die 4. Runde mit Klaus Liebig ausgestrahlt. Er hat auch die 2. und 3. souverän gewonnen, und vorgestern, nachdem die 4. gedreht worden ist, hat er mich angerufen und gemeint, alles laufe großartig. Morgen bin ich in der Villa seiner Eltern zum Essen eingeladen. Ich habe keine besondere Lust darauf, aber ich habe auch keine Ausrede gefunden, um absagen zu können. Oskar wird mich nicht begleiten, er hat gemeint, er verlange auch nicht von mir, bei geschäftlichen Terminen die Ehefrau zu spielen, auch wenn das ab und zu gut ankommen würde. – Hat er mich jemals gefragt?
Vielleicht bedeuten diese leisen Zweifel und Verstimmungen hie und da nur, dass uns schön langsam der Alltag in die Krallen bekommt. Wir werden ihn einfach austricksen. Zum Beispiel durch ein gutes Essen. Er hat versprochen, ausnahmsweise schon gegen 19 Uhr da zu sein.
Ich wachse über mich selbst hinaus, und Backmuffel Mira bäckt eine Schokotorte, so eine, wie Oskar sie liebt, eine, die ganz saftig und dicht bleibt durch die viele Schokolade. Außerdem geht sie schnell. Nur bis ich Oskars Küchenwaage finde, dauert es, üblicherweise mache ich alles nach Gefühl, bloß beim Backen geht das nicht. Wahrscheinlich ist das meiste auch deshalb nie etwas geworden. Ich denke an Vanillekipferl, die auf dem Blech einfach zerschmolzen sind, nur weil ich sie mit einer Extraportion gemahlener Walnüsse noch besser machen wollte. 20 dkg zimmerwarme Butter mit 30 dkg Staubzucker cremig rühren, zum Glück hat Oskar einen Handmixer. Dann 6 ganze Eier dazurühren. Das wäre ein einfaches Rezept für MillionenKochen – allerdings: Die Torte ist schlicht dunkelbraun, nichts Extravagantes, nichts besonders Verziertes oder Gefülltes, und man kann ja nicht sehen, wie etwas schmeckt. Vielleicht sollten sie einen Publikumspreis für das beste Rezept erfinden. Ich lasse 25 dkg 70%ige Schokolade vorsichtig schmelzen, bei Billy habe ich gelernt, dass das am einfachsten mit einem Schuss Rum in der Mikrowelle bei 300 Watt geht. Maximal 2 Minuten und fertig. 10 dkg Mehl dazu, ein Packerl Bourbon-Vanillezucker, eine Prise Salz, dann die Schokolade. Ich ertappe mich dabei, wie ich im Geist den Fernsehzuschauern den Ablauf erkläre. Ob ich so etwas könnte? Warum nicht? Form befetten und bemehlen, Masse einfüllen und ab ins Rohr bei 180 Grad. Der erste Schritt zu einem schönen Abend ist gesetzt.
Wer wohl heute nach der angeblichen Live-Show im MillionenKochen-Studio ist? Die beiden Kandidaten müssen jedenfalls dort sein, schon wegen eventueller Reporter und Fans. Lena Sanders hat hin und wieder Anwesenheitsdienst. Klaus Liebig hat gemeint, er müsse so schnell wie möglich heim, er wolle für unser morgiges Abendessen vorbereiten. Bei ihm scheint sich momentan die ganze Welt um Kochen und Essen zu drehen. Ich meine, mir ist das ja auch wichtig, aber so absolut … Irgendwie ist das nicht ganz normal. Er hat sich hineingesteigert. Schon wieder. Auch wenn er es nicht zugibt. Ich habe im „Magazin“ nur noch kurz über seine weiteren Rundensiege berichtet, er wollte größer vorkommen, hat mir eine deutsche Fernsehillustrierte gezeigt, in der er „eine Seite bekommen“ hat. Der Tod von Susanne Kraus wurde in der Geschichte nicht einmal erwähnt.
The show must go on
oder so.
Als ersten Gang wird es eine DAC-Suppe geben. Die muss ich ohnehin ausprobieren. Meine Freundin Eva, die Weinbäuerin, hat mich um ein Rezept mit Grünem Veltliner gebeten. Sie braucht es für eine Werbeaussendung. Und ich
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