Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
hinauf.“ Dann erzähle ich ihm kurz von meinem Gespräch mit dem Freund von Susanne Kraus. Ob seine Eifersucht auf den Typen mit dem dicken Auto berechtigt gewesen ist? Jetzt blickt Droch immerhin auf.
Mit Helga Schuster soll sie sich besonders gut verstanden haben. Ich möchte mit ihr wenigstens telefonieren. Aber bei MillionenKochen blitze ich ab. Telefonnummern von Kandidaten werden grundsätzlich nicht weitergegeben. Und E-Mail-Adressen? Auch nicht.
Ich könnte sie über die Humboldt-Universität Berlin suchen.
Vesna ruft an.
„Wo bist du die ganze Zeit?“, frage ich. „Seit gestern versuche ich dich zu erreichen.“
„Habe ich sehr viel zu tun, Mira Valensky, Geschäft wird immer besser, aber auch anstrengend.“
Es klingt mir etwas nach Ausflucht, Ausrede.
„Du schickst keine Schläger oder so?“, frage ich misstrauisch.
„Nein, ich schlage nicht einmal selbst. Und ich mache keine gefährlichen Sachen ohne dich.“
Ich will mit ihr über das reden, was mir Günter Donner erzählt hat. Gemeinsam ist es einfacher, Ordnung in solche Aussagen zu bringen. Und vielleicht ist ihr System mit den verschiedenfarbigen Kärtchen doch gar nicht so übel. Immer wieder neue Muster, bis eines passt.
Morgen am frühen Nachmittag könnte es sich ausgehen, meint Vesna. Ich schlage vor, dass sie am Abend zu mir kommt und ich etwas koche. Vielleicht habe ich dann auch schon mit Helga Schuster gesprochen, vorausgesetzt, ich bekomme ihre Nummer heraus.
„Am Abend ich habe keine Zeit. Aber wenn du suchst Nummer von Helga Schuster, da kann ich vielleicht helfen.“
„Im Internet kann ich auch suchen“, erwidere ich etwas bockig. „Ich rufe bald zurück, in Ordnung?“
Die nächste halbe Stunde quält mich unsere Buchhaltung mit einer Menge Dienstreise- und Spesenformulare. Dass es in unserer hochcomputerisierten Zeit keine einfacheren Vorlagen gibt … Außerdem will man wissen, warum ich nach Tirol gefahren bin. Die Angabe „künftige Reportage“ ist ihnen zu wenig. Ich seufze und schreibe: „MillionenKochen.“
Während eines Vortrages unserer Buchhalterin über die Wichtigkeit von exakt geführten Fahrtenbüchern ruft Vesna zurück.
„Ich habe Telefonnummer“, sagt sie. „Nur dass du siehst, ich lasse dich nicht im Stich.“
Helga Schuster geht sofort dran. „Helga Schuster, Institut für Zeitgeschichte.“
Ich habe eigentlich vorgehabt, mich als Cousine von Susanne Kraus auszugeben, überlege es mir aber spontan anders.
Wir hätten uns bereits einmal ganz kurz auf dem Sommerfest von Win-Sat gesehen, sage ich. „Ich bin Journalistin und habe vom Freund von Susanne Kraus gehört, dass Sie sich gut verstanden haben. Sie haben Susanne sogar eingeladen, Sie in Berlin zu besuchen?“
„Gut verstanden … Wir haben einander kaum gekannt. Aber ich habe sie nett gefunden. Sie war nicht so überdreht wie die anderen.“
„Haben Sie eigentlich sehr darunter gelitten, dass Sie gegen Anna-Maria Bischof verloren haben?“
„Gelitten? Ich habe immerhin 75.000 Euro gewonnen, ich hätte auch nichts gegen mehr Geld gehabt, aber gelitten … sicher nicht. Ich war ganz froh, dass der Zirkus vorbei war. Ich hatte mit dem extremen Öffentlichkeitsrummel um diese Show nicht gerechnet.“
Ich überlege kurz. Die Dozentin scheint also Medienecho nicht gerade zu suchen. „War es Ihnen nicht zuwider, dass die ersten Runden aufgezeichnet wurden, obwohl der Eindruck vermittelt wurde, alles sei live? Und dass Sie darüber schweigen mussten?“
„Zuwider? Das ist ein zu starkes Wort. Ich habe mich gewundert, aber vielleicht war auch das ein Grund, warum ich mitgemacht habe: Ich wollte sehen, wie so etwas real abläuft. Sagen wir so: Ich war nicht überrascht.“
Zu den anderen Kandidaten will sie nichts sagen, zu Lena Sanders merkt sie an: „Ich glaube, sie stand unter enormem Druck. Sie ist ein Profi und sie hat eine Menge Disziplin gelernt als Sängerin. Aber es hat sie beinahe zerrissen. Immer locker zu wirken und immer locker zu sein sind zweierlei. Auch wenn MillionenKochen eine Menge mit einer mittelguten Oper gemeinsam hat – das ist nicht ihre Welt.“
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Die Story über MillionenKochen und den Mord an Susanne Kraus schrumpft in den nächsten Heften auf je eine halbe Seite. Der Chronikchef hat nicht einmal mehr versucht, das Thema für seine Redaktion zu beanspruchen. Es war ein Medienmord oder es könnte einer gewesen sein, aber auch der ist Wochen später ohne neue Ergebnisse Schnee
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