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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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Dornensträuchern und Wurzeln fest.«
    Mom atmete tief durch. »Oje, waren das Geräusche, die ein kleiner Junge für den Rest seines Lebens mit sich herumtragen würde«, seufzte sie. Inzwischen richteten sich ihre Worte nicht mehr an uns. »Diese Geräusche, dieses Chaos, das dumpfe Aufschlagen eines Körpers auf dem unnachgiebigen Felsen, der Schrei, das Kläffen des Hundes, das Klappern der fallenden Flinte und schließlich der Schuss, der donnernde Schuss, der in der Tiefe des Lüftungsschachts einer Mine vor den Füßen eures Vaters von den Wänden abprallte und widerhallte. Die ohrenbetäubende Stille, die nur durchbrochen wurde, als der Schäferhund den Kopf hob und ein zum Himmel gerichtetes Jaulen anstimmte.«
    Sie erzählte uns, wie Dad, halb blind vor Tränen und Entsetzen, den Hang hinunterrannte, strauchelte und hinfiel. Blut- und dreckverschmiert lief er nach Hause. Taub von dem Pochen in seinen Ohren, bei jedem Atemzug nach Luft schnappend, konnte er, als er seinen Eltern die furchtbare Nachricht überbrachte, seine eigene Stimme nicht hören.
    Mom sagte, die Rettungsmannschaft, angeführt von unserem verzweifelten Vater, habe bis zum Einbruch der Nacht gebraucht, bis sie den verdrehten leblosen Körper des Bruders geborgen hatte. Mein Großvater seilte sich in den Schacht ab, um seinen Sohn nach oben zu tragen.
    Manny Ward stand in der Lichtung und widersetzte sich allen Tröstungsversuchen. Sie ballte die Fäuste in ihren Schürzentaschen; ihr schmaler Mund bildete eine ausdruckslose Linie auf ihrem tränenlosen Gesicht. Die sich bewegenden Schatten waren, während sie auf den Leichnam ihres Sohnes wartete, der einzige Beweis dafür, dass die Zeit verging.
    »Euer Vater stand unter Schock und beobachtete das alles, als wäre er unter Wasser«, sagte Mom, »wie aus einer anderen Welt, einer Welt der Stille. Er erinnert sich noch, dass er sah, wie sich Münder öffneten und schlossen, dass er aber keine Worte hörte.«
    »Er brauchte Jahre, um wieder an die Oberfläche zu gelangen«, fügte sie hinzu. »Dad hat es allein geschafft. Seine Eltern boten ihm keinen Rettungsanker, so tief waren sie in ihrem eigenen Schmerz versunken. Monatelang verbrachte euer Großvater jede freie Minute damit, Felsbrocken und gefällte Bäume dorthin zu karren und in diesen Schacht zu werfen. Als er aufgefüllt war, gab er noch keine Ruhe. Er schichtete immer mehr auf und schuf dieses Denkmal aus Stein und Holz für seinen erstgeborenen Sohn.« Meine Mutter dachte nach und ergänzte: »Ein Denkmal, das aussieht wie ein Scheiterhaufen, der auf ein Zündholz wartet.«
    Mein Großvater suchte weiter nach jedem Grubenschacht, den er auf seinem Land finden konnte, und füllte ihn auf oder nagelte ihn zu. Als er mit seinen hundertsechzig Hektar fertig war, fing er auf dem Land der Nachbarn damit an. Weder mein Großvater noch mein Vater rührten jemals wieder eine Schrotflinte an.
    Ich hatte meinen Vater noch nie über seinen Bruder reden oder etwas von Grubenschächten erzählen hören. Vielleicht hatte er das Gefühl, dass sein Vater sich genug darum gekümmert hatte und keine Gefahr mehr bestand. Dennoch warnte uns unsere Mutter an jenem Tag: »Nicht einmal euer Großvater konnte sicher sein, ob er alle gefunden hatte.«
    Es lässt sich nicht mehr feststellen, wie viel von der Geschichte tatsächlich von meiner Mutter erzählt wurde und wie viel meine Phantasie hinzugefügt hat. Ich weiß nur, dass ihre Worte ein Bild malten, das so klar war, als würde ich zusehen, wie sich alles vor mir abspielte. Aber ich war damals noch ein Kind, und Kummer und Leid gebrochener Herzen waren nur Begriffe aus den Märchen. Sie gehörten nicht zu unserer heilen Familie.

11
     
    A N EINEM N ACHMITTAG im September – ich war gerade acht geworden – kam ich mit frisch ausgegrabenen Kartoffeln in die Küche und fand Mutter und Vater mit einem jungen Mann am Tisch sitzen, den ich noch nie zuvor gesehen hatte.
    Ich stellte die Schüssel mit den erdverkrusteten Kartoffeln ins Spülbecken, wusch mir die Hände und ging zu meiner Mutter, um ihr über die Schulter zu gucken. Eine ganze Reihe Schwarz-Weiß-Fotos, alle etwa in der Größe meiner Schreibhefte, lagen vor ihr auf dem Tisch. Es handelte sich um Luftaufnahmen von unserer Farm, und eine zeigte die ganze Stadt Atwood – alle waren von einem Flugzeug aus aufgenommen.
    Als ich die Bilder näher betrachtete, packte mich ein Schwindelgefühl. Ich setzte mich neben Mom und studierte

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