Milner Donna
Nachmittagssonne auf eine Lichtung kamen. Grashüpfer sprangen aus dem verdorrten Hochlandgras, während wir hindurchwateten. Dampfwölkchen stiegen wie Rauch aus feuchten schwarzen Baumstümpfen auf, die über den Hang verstreut aufragten.
Wieder im kühlen Schatten auf der anderen Seite, erfüllte der modrige Geruch trockener Flechten und Tannennadeln die Waldluft. Wir gelangten zu einer dichten Gruppe von Büschen, deren Zweige sich unter den blauvioletten Heidelbeeren nur so bogen.
»Jetzt seht zu, dass ihr eure Eimer füllt«, sagte Mom.
Wir vier bahnten uns den Weg durch das Gestrüpp. Selbst mir gelang es, den Boden meines Kübelchens zu bedecken.
Plötzlich fingen Morgan und Carl an, wie wild durch die Gegend zu brüllen. Ich blickte auf und sah, wie sie auf einen Hügel kletterten, einen riesigen Wust von verwitterten Baumstümpfen und Felsbrocken, der von Unkraut und Rankengewächsen überwuchert war.
Meine Mutter hörte zu pflücken auf und rief: »Kommt da sofort herunter!« Sie gab mir ein Zeichen, ihr bis zum Fuß des Haufens zu folgen.
Meine Brüder stöhnten und traten dann widerwillig den Rückzug an. Als sie unten waren, machte Morgan einen Schritt zurück und blickte auf die Masse verwitterter Trümmer.
»Was ist das, Mom?«, fragte er.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte sie, während sie uns wegführte.
Wir waren ein kurzes Stück gegangen, als Mom innehielt und ihren Eimer auf den Boden stellte. Sie setzte sich auf einen moosüberwachsenen Baumstumpf und blickte unverwandt auf den Trümmerberg, als könnte sie etwas sehen, was uns verborgen war. »Eigentlich ist es die Geschichte eures Vaters«, sagte sie und begann in nüchternem Tonfall zu erzählen. Ich erinnere mich noch genau an ihre Worte.
»Es ist im Herbst des Jahres 1927 passiert. Nach dem Morgenmelken gingen euer Vater und sein älterer Bruder, Emile, mit ihrem Hund hinaus, um Moorhühner zu jagen. Euer Dad war zwölf, Emile fünfzehn. Es war nichts Ungewöhnliches, dass die Jungs allein auf die Jagd gingen. Euer Großvater, Angus Ward, hatte ihnen früh gezeigt, wie man mit Gewehren umgeht. Ebenso hatte er ihnen beigebracht, wie man den Truck lenkt.«
Das Summen der Insekten begleitete die Stimme meiner Mutter.
»Die Moorhuhnjagd war halb Sport und halb Ernst. Gewöhnlich kamen die Jungs mit einer Menge Vögel nach Hause, die mit schlaff herabhängenden Flügelchen an ihren Gürteln baumelten. Ihre Mutter, eure Großmutter Manny, freute sich immer, die Beute in Empfang zu nehmen. Genüsslich rupfte sie die kleinen dickbrüstigen Vögel und nahm sie aus, denn sie war froh über eine Abwechslung nach all dem Hühner- oder Rindfleisch, das jeden Abend die Teller füllte.
Doch als die Sonne sich an jenem Tag über die Baumwipfel erhob, hatte ihr Hund, ein Australischer Schäferhund, wenig Erfolg beim Aufstöbern ihrer Beute. Er lief im Zickzack durch das Unterholz, blieb stehen, schnüffelte und winselte. Die Brüder folgten ihm die Hänge hinauf.
Als die Jungs zu einer Lichtung kamen – genau der, die wir gerade durchquert haben –, lief der Hund vorneweg. Euer Vater drehte sich nur einen Augenblick um und warf einen Blick hinunter auf die Farm.
Hinter ihnen kündete der Hund bellend einen Fund an und schoss über die Lichtung. Euer Vater fuhr herum und blickte in die erschrockenen Augen einer jungen Hirschkuh. Sie stand regungslos vor dem Hintergrund der Baumstämme und Zweige. Dann sprang sie mit weiß aufblitzendem Spiegel in das Unterholz und stöberte bei ihrer Flucht einen kleinen Schwarm Moorhühner auf. Die Vögel flogen in einem Gewirr flatternder Flügel auf. Emile hob sein Gewehr und feuerte ab. Ein verwundeter Vogel blieb in den Zweigen hängen und wehrte sich gegen das Abgleiten ins Dickicht. Der Schäferhund sprang ins Gestrüpp, Emile blieb ihm dicht auf den Fersen. Euer Dad nahm die Verfolgungsjagd auf. Er wusste, dass sein Bruder, der sehr gut mit der Schrotflinte umgehen konnte, beim zweiten Schuss sein Ziel nicht verfehlen würde. Im Schatten der Bäume sah er, wie ihr Hund über einem pilzbewachsenen Stumpf durch die Luft flog. Emile rannte etwa drei Meter hinter ihm her und tauschte im Laufen die Patronen aus. Im nächsten Augenblick war Emile verschwunden. Gus glaubte, das flimmernde Licht würde seinen Augen einen Streich spielen. Er rannte auf den Baumstumpf zu. Gerade noch rechtzeitig sah er das klaffende Loch vor seinen Füßen. Er warf sich zu Boden und klammerte sich an
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