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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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automatisierter Betrieb war, der jeden Tag Milch in glänzenden Tankwagen aus rostfreiem Stahl transportierte. Das sollten wir erst viel später erfahren.
    Dads Stuhl schrammte über den Küchenboden. »Am besten, Sie schnappen sich mal ein Paar Gummistiefel von der Veranda«, sagte er, während er auf die Tür zusteuerte. »Diese Mokassins da sind im Stall etwa so witzlos wie Socken in der Badewanne.«
    River lächelte. »Ja, das glaube ich auch«, erwiderte er und rutschte hinter dem Tisch hervor.
    Nachdem ich mit dem Tischabdecken und dem Abspülen des Abendgeschirrs fertig war, ging ich nach oben. Mein Schlafzimmerfenster blickte über die Veranda hinaus. Manchmal, wenn ich allein war, nahm ich ein Buch, kletterte zum Fenster hinaus und setzte mich auf das schräge Dach der Veranda. Von dort aus hatte ich den ganzen Hof, die Molkerei und den Stall im Blick.
    An jenem Abend saß ich, den Rücken an den schon verblassten Anstrich gelehnt, da und sah die Straße hinunter, die diesen faszinierenden Fremden zu uns gebracht hatte. Ich horchte auf die vertrauten Geräusche des Melkens, die vom Stall heraufdrangen: das Scharren der Rinderhufe auf dem glitschigen Betonboden; das Protestgebrüll der Kühe, die in ihre Melkstände gesperrt wurden; das Gemurmel beruhigender Stimmen und das Saugen der Melkmaschinen. Bald begannen Morgan und Carl, die vollen Milchbehälter aus rostfreiem Stahl vom Stall in die Molkerei zu tragen, wo Mom und Boyer die warme Milch durch den Kühler und die Zentrifuge laufen ließen. Dann füllten sie die sterilisierten Milchflaschen, die bis zur Auslieferung am nächsten Tag im Kühlhaus aufbewahrt wurden.
    An der Art, wie Morgan und Carl sich ins Zeug legten, konnte man leicht erkennen, dass Dad und River die Milch viel schneller bereitstellten, als Dad und Jake es je geschafft hatten. Weder Morgan noch Carl hatten Zeit zu bemerken, dass ich sie beobachtete, während sie über den Hof hin und her flitzten.
    Als das Melken beendet war, kam River hinter dem Stall hervor. Sein Haar war hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und in den Kragen des grünen Overalls gesteckt, den er jetzt trug. Den Arm um die Schulter der Leitkuh gelegt, beugte er sich hinunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie folgte ihm zur Weide über die Straße, als hätte sie das jeden Tag ihres Lebens so gemacht. Er hielt das Tor auf und tätschelte jeder durchmarschierenden Kuh das Hinterteil.
    Er schloss das Tor, drehte sich um und erblickte mich auf dem Dach. Er hob den Arm und winkte. Und selbst aus dieser Entfernung glaubte ich, das Funkeln seiner aquamarinblauen Augen zu sehen.
    Am späteren Abend hörte ich durch den Gitterrost im oberen Flur Dads Stimme aus der Küche: »Tja, Nettie, mit Kühen kennt der Junge sich aus«, räumte er widerstrebend ein und fügte dann hinzu: »Aber verlass dich nicht allzu sehr auf ihn. Leute seines Schlages sind ungefähr so sesshaft wie Staub im Wind.«
    Die leise Melodie von Gitarrenmusik wehte über den Hof und schwebte zusammen mit dem Licht des Vollmonds durch das offene Fenster meines Schlafzimmers, wo ich dalag und hoffte, dass mein Vater sich irrte.

16
     
    S OLANGE ICH ZURÜCKDENKEN KANN, sind auf unserer Farm immer wieder Besucher unter den verschiedensten Vorwänden aufgekreuzt. Sie kamen, um auf den Berghängen hinter unserem Haus Heidelbeeren zu pflücken oder Pilze zu sammeln. Sie kamen, um ganze Ladungen von dem stets verfügbaren Mist abzuholen, der hinter dem Stall gelagert wurde. Sie kamen wegen Moms Hühnereiern oder ihrer Sahne, oder sie machten einfach auf ihrer sonntäglichen Spritztour bei uns Station. Und sie fanden immer eine Entschuldigung, um unsere Küche zu betreten.
    Wie Mom war auch ich stolz auf die Tatsache, dass andere uns um unser Leben zu beneiden schienen. Noch war mir das Zitat unbekannt, dem zufolge die Götter diejenigen zu vernichten trachten, die sie zuvor mit Stolz geschlagen haben.
    Nach Rivers Ankunft vergrößerte sich die Gästeschar. Während sich die Neuigkeit herumsprach, zog ein nicht abreißender Strom von Neugierigen, Jungen wie Alten, bei uns vorbei, um unseren neuen Farmarbeiter in Augenschein zu nehmen. Und ohne sich in irgendeiner Weise anzustrengen, bezauberte River sie alle mit seiner ruhigen, liebenswürdigen Art. Er schien sich seiner Wirkung auf andere nicht bewusst zu sein. Er behandelte jedermann mit einem altmodischen Respekt. Alle Männer waren »Sir« und alle Frauen »Ma’am«. Und zu meiner großen Freude

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